Den Bellingham-Vergleich muss man rausnehmen, weil er auf der Fehlannahme von
@Benzema beruht, Bellingham hätte die letzte Saison als 9er gespielt. Bellingham war vielmehr eine Art freie 10 hinter einem verkappten Doppelsturm, weil Vini viel weiter innen gespielt hat als in der Saison davor (man sollte sich nicht davon blenden lassen, dass er gefühlt auch oft von der Auslinie kam; sein grundsätzliches Stellungsspiel war dennoch klar nach innen versetzt). Bellingham war von seiner Grundpositionierung her kein 9er (nichtmal ein falscher!), sondern der den Strafraum attackierende OM.
Danke erstmal für deine Erläuterungen. Bei 1.) und 3.) bin ich grundsätzlich dabei.
Bei 2.) frage ich mich, ob nicht eigentlich Rodrygo auf dein Anforderungsprofil passt. Ja, der linke Fuß fehlt ihm, das ist ein (das?) Problem. Alles andere (Kreativität, Defensivarbeit, Kombinationsspiel) erfüllt er zu 100%.
Güler mag zwar den feinen Linken haben, seine Defensiv- und Laufarbeit ist bis dato aber noch deutlich ausbaufähig. Eine RA-Idealfigur wie einst Di Maria haben wir nicht im Kader.
Dein Vergleich mit dem angedeuteten BBC bzw. das Problem des Kaschierens bei 2 aus 3 zeigt das tiefere Problem, das mit der individuellen Spielernatur verknüpft und nicht mit einer taktisch-formationslogischen Änderung lösbar ist. Bei BBC hatten wir 1 kreatives Element in der Zentrale, das auf beide Seiten ausgleichend und kombinatorisch einwirken konnte. Beide Außen waren in diesem System zugleich extrem torgefährlich (=hocheffizient, d.h. sie brauchten ganz wenig Torschüsse, um daraus ein Tor zu machen), am Boden wie auch in der Luft.
Die aktuelle 3er-Offensive Vini-Mbappe-Rodrygo: 2 Außen, deren Abschluss gut, aber nicht hocheffizient ist, die außerdem über kein Kopfballspiel verfügen; 1 Zentralspieler mit - normalerweise - sehr gutem Abschluss, der sich im Zentrum aber nicht wie ein Fisch im Wasser fühlt, außerdem eine klare Linkslastigkeit auch im Kombinationsspiel erzeugt.
Langer Rede, kurzer Sinn: Selbst wenn jetzt ein Özil-Passmonster hinter dieser 3er-Offensive spielt, würde ich bezweifeln, dass es in eine ähnliche Torgefährlichkeit mündet wie einst unter BBC. (Anm.: diese Özilsche Lochpass-Qualität sah ich schon öfter bei Bellingham aufblitzen) Mbappe hätte und hat schon viele Tiefenläufe angeboten (v.a. im Atalanta-Spiel, meine ich mich zu erinnern), die selten genutzt wurden. Das war immer schon eine seiner großen Konterqualitäten bei P$G und bei Frankreich. Das Problem bei uns ist, dass er jetzt zu zentral steht und diagonal vom Tor weglaufen muss, wodurch er sich selbst tendenziell von der ihm optimalen Abschlussposition entfernt.
Daher liegt es meiner Wahrnehmung nach nicht monokausal an Ancelotti oder an dessen Herangehensweise, auch nicht an der objektiv messbaren schwachen Form von Mbappe, sondern schlicht an dem fehlenden "Fitting" der individuellen Spielernaturen im Gesamtkonstrukt. "Das Ganze ist mehr als die Summe der Einzelteile", heißt es in der Philosophie. Kann gut sein, dass es mit der Zeit noch harmonischer wird, wenn die Jungs sich besser kennen und aufeinander eingestellt haben (da könnte ein Trainer mit Vorgaben gewiss viel dazu beitragen). Aber da du selbst ja schon Zweifel äußerst, dass Mbappe als 9er ideal funktionieren wird...
Letztenendes muss man - angesichts dessen, was uns auf dem Platz geboten wird - Pérez' Transferverhalten mit in die Kritik einbeziehen. Das beginnt beim Spielerein- und verkauf, bei dem Trainer in der Regel wenig mitzureden haben (erinnert sich noch wer an Zidanes offenen Brief?), und endet bei der Bestellung von eher konservativen und bescheiden-demütigen Trainern. Der Erfolg der letzten Jahre gibt Pérez natürlich in weiten Teilen Recht, das wurde hier ja auch oft festgehalten. Aber so eine Fußballmannschaft, gerade wenn der Trainer eher ein Moderator wie Ancelotti ist, ist halt ein sehr fragiles Konstrukt.
Ancelotti hat es meisterhaft verstanden, Benzema mit den im Kader bestehenden und sich entwickelnden Leuten (Vini!!) zu ersetzen. Jetzt geht es darum, einen Mbappe einzubauen. Das ist, nimmt man den Gesamtaspekt in den Blick, wohl noch schwieriger.
@Los Leones : Würde unser RA auf außen kleben, hätten wir noch ein größeres Defensiv-Balance-Problem als eh schon sichtbar war. Da unsere 7 und 9 a.) sehr wenig Defensivarbeit leisten; b.) unsere 9 (im Gegenpressing, aber auch allgemein in der Defensivbewegung) tendenziell nur den linken Halbraum abdeckt, wäre es fatal, wenn der RA nicht so einrückt, wie er es tut. Zumal Carvajal ja in der Regel extrem breit und hoch stand. Die Linkslastigkeit unserer 7 und 9 macht ein Einrücken des RA auch in der Offensivbewegung notwendig, sonst würden die (Pass-)Wege viel zu weit und schnelle Kombinationen wären unmöglich, womit in der Offensivbewegung wieder nur das 1 vs. 1 bliebe.