deSantos
Nuevo miembro · männlich · 45- Registriert
- 1. Mai 2024
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Ich gehe gern noch einmal darauf ein, bevor ich hier tatsächlich einmal eine Pause einlege:
Ich starte mit einem, der nicht Teil dieses idealen Real Madrid ist: Florentino Perez.
Ich bin ihm dankbar dafür, dass er die Ultra Sur rausgehaut hat. Dankbar dafür, dass er aus einem hochverschuldeten Verein einen hochprofitablen gemacht hat, auch wenn man über das "Wie" streiten kann. Er hat den sogenannten modernen Fußball mitgeprägt und dafür gesorgt, dass dieser großartige Fußballclub auch im 21. Jahrhundert vorne mitspielt, während er nach wie vor seinen Mitgliedern gehört. Dafür hat er meinen Respekt und das habe ich auch immer wieder betont – denn, und auch das betone ich immer wieder ohne dass es gehört wird – es ist nicht alles schwarz und weiß!
Gleichzeitig ist sein Rücktritt in meinen Augen längst überfällig.
Denn Florentino Perez ist auch der Präsident, der hier seit bald 25 fast durchgehend im Amt ist und diesen Verein führt, als gehöre er ihm. Er hat es geschafft, sich eine Struktur zu schaffen, in der er sich de facto nur selbst feuern kann. Wir brauchen uns nichts darauf einbilden, einen Verein zu Supporten, der seinen Mitgliedern gehört, wenn er geführt wird, als gäbe es nur einen König und seine engsten Vertrauten. Das allein sollte eigentlich schon Grund genug sein, ihn vom Hof zu jagen.
Aber auch wenn man diesen Umstand beiseite lässt, schaden seine Handlungen dem Verein meiner Meinung nach mittlerweile mehr als sie ihm helfen. Die Farce um die Superleague hier … das peinliche Verhalten um die Ballon d’Or Wahl da … das Fiasko ums Stadion dort (wie arrogant kann man eigentlich sein, mit zigmillionen Mehreinnahmen zu planen, wenn man nicht mal für ausreichend Lärmschutz sorgen kann?) …
Perez’ machtgeiles, größenwahnsinniges und narzisstisches Verhalten ist in meinen Augen längst nicht mehr tragbar, schadet dem Ansehen dieses Vereins. Auch wenn mir vor einem zweiten Ramon Calderon graut, hoffe ich aus diesen Gründen, dass Florentino Perez bald seinen Hut nimmt - denn abwählen ist beinahe ein Ding der Unmöglichkeit geworden. Bei meinem idealen Real Madrid hätte er jedenfalls längst nichts mehr zu sagen.
Neben einem neuen Präsidenten (der auch wieder realistischerweise abwählbar sein sollte) hat mein ideales Real Madrid auch einen Sportdirektor, der dieses Amt auch tatsächlich ausüben darf und den Titel nicht nur auf der Visitenkarte stehen hat, so wie Valdano damals.
Mir ist völlig klar, dass man sich bis zu einem gewissen Grad verkaufen muss, um im modernen Fußball (ganz oben) mitspielen zu können. Trotzdem sollte der Club in erster Linie Sportverein sein – und erst in zweiter Linie gewinnorientiertes Unternehmen. Diese beiden Aspekte müssen nicht im Widerspruch zueinander stehen!
Real Madrid ist eine der größten Sportmarken der Welt und muss doch wohl in der Lage sein, sportlich nachhaltiger zu arbeiten. Ich habe überhaupt nichts gegen internationale Stars und Namen. Aber sie müssen ins sportliche Konzept passen. Und dafür braucht man erst einmal eins. Eines, das es erlaubt, effektiver zu scouten, die Chance eines Transferflops minimiert (gänzlich ausschließen geht nie) und es dem eigenen Nachwuchs erleichtert, in der ersten Mannschaft Fuß zu fassen.
Von mir aus kann ein Jose Angel Sanchez weiterhin fürs Marketing zuständig sein aber es braucht daneben einen sportlichen Gegenpart. Das kann auch gerne Calafat sein, nur muss man diese Position klar stärken, intern und nach außen. Diese Person muss sagen dürfen:
Sorry aber wir brauchen keinen Mbappe, er ist der falsche. Lass uns stattdessen Spieler X holen, der hilft uns nicht nur finanziell, sondern auch am Rasen.
Sorry, dieses Talent macht sicher eine große Karriere aber auf dieser Position haben wir schon genug ähnlich talentierte …
Die kurze Ära Mourinho hat gezeigt, dass es sich langfristig lohnt, jemanden einen Kader nach seinen Vorstellungen planen zu lassen, der nicht nur aus großen Namen besteht. Der Portugiese war damals de facto unser Sportdirektor und Trainer. Ich finde eine solche Personalunion nicht ideal – und auch Mou war als Typ schlichtweg untragbar – aber die Richtung hat gestimmt.
Mein ideales Real Madrid baut auch wieder mehr auf Spanier/die Cantera
Mittlerweile hat die eigene Jugend nur noch den Zweck, möglichst viel Geld in Form von Spielerverkäufen einzunehmen. Das ist ein Umstand, der mich sehr stört. Auch wenn es mir als Nicht-Spanier egal sein könnte, gehört es in meinen Augen zur Identität Real MADRIDs, Spanier und Eigenbauspieler im Kader zu haben. Sonst können wir auch nach England umziehen und uns Real London nennen, wie es in der NBA seit jeher Gang und gebe ist. Ja, jetzt bin ich polemisch aber ich begreife nicht, wie einem dieser Aspekt als Fan nicht emotional werden lassen kann.
Absolut keiner verlangt hier unrealistische Dinge, dieser weltoffene Club soll bitte auch ja kein zweites Athletic Bilbao werden, auch nicht in meiner Idealvorstellung. Nein, hier soll immer auch Platz sein für Spieler aus aller Welt. Aber die Mischung sollte mMn stimmen.
Der letzte, der es langfristig ohne Umwege aus der Jugend zum Leistungsträger geschafft hat, war Nacho. Das ist doch, liebe Freunde, ein Armutszeugnis! Selbst hochtalentierte Spieler wie Carvajal, Hakimi oder Gutierez schickt man weg, anstatt sie in Ruhe aufzubauen. Dani hat damals in 1 Jahr Leverkusen sicher nicht erst Fußballspielen gelernt. Er hat einfach nur das gezeigt, was er eh schon kennt. Hätte man ihm gleich vertraut anstatt einem Essien in Frühpension oder Altintop einzusetzen, hätte man am Ende der Mourinho-Ära ein großes Problem (nämlich jenes des fehlenden offensiven RV) weniger gehabt. Nur um ein Beispiel zu nennen.
Mittlerweile ist nicht einmal mehr der zweite Keeper Spanier, geschweige denn Canterano. Das muss sich ändern in meinen Augen. Ein Raul oder ein Casillas … solche Karrieren wären unter den gegebenen Umständen mittlerweile unmöglich, ganz unabhängig von ihrem Talent.
Jese war vor seiner Verletzung unser zweitbester Flügelstürmer aber an Bale war kein Vorbeikommen - und das lag nicht an Bales Leistungen. Ich sage nicht, dass er eine Karriere wie Raul gehabt hätte (keine Ahnung, was ohne seinen Kreuzbandriss passiert wäre) aber ihr versteht hoffentlich meinen Punkt. Der Jugend muss man wieder vertrauen! Und zwar nicht erst, wenn sich alle anderen das Kreuzband reißen. Übrigens: wenn es dem Verein ein Anliegen ist, ist es auch dem Sportdirektor und dem Trainer ein anliegen (Stichwort Ancelotti).
@MadridistaDeVerdad du fragtest mich nach dem Unterschied zwischen den internationalen Stars in den 90ern und heute. Aber das war nicht mein Punkt. Mein Punkt ist, dass es damals auch immer einen Stamm an 4-6 Spaniern in der Startelf gab, auch nach dem Bosman-Urteil.
Aktuell ist es, wenn alle fit sind, ein einziger (!). Clubs wie Inter, Barca oder Bayern zeigen, dass es auch im Jahr 2024 anders geht. Diese Forderungen sind wahrlich nichts unrealistisches.
Das "Wie" sollte wieder eine Rolle spielen.
Entgegen der landläufigen Meinung hier drin, war das Credo "Siegen um jeden Preis" nicht immer das Motto von Real Madrid. Klar, es galt, erfolgreich zu sein, das schon. Aber das "wie" spielte dabei eine Rolle.
Damit meine ich nicht nur, dass man mit Anstand verloren hat (Stichwort Ballon d’Or Wahl und das öffentliche Gejammer über Schiedsrichter), sondern auch, dass die Fans von Real Madrid einen attraktiven Spielstil sehen wollten. Auch das gehörte zur Identität. Kampf ja - aber immer mutig nach vorne, auch wenn das hieß, Gegentore zu riskieren. Real Madrid hat mal Spaß gemacht. Aber gut, was Spaß ist, ist natürlich sehr subjektiv und dieses Phänomen ist leider generell ein Produkt unserer Fußballzeit. Alles wird immer athletischer und taktischer. Da bleibt kaum noch Raum für Kreativität. Spieler wie Vini sind da die positive Ausnahme (auch wenn ich mit seinem Verhalten am Platz ein massives Problem habe … aber das ist eine andere Geschichte).
@MadridistaDeVerdad hoffe, ich konnte meine Sicht für dich klarer verdeutlichen.
Zusammenfassend: Es geht mir nicht darum, die Zeit zurück zu drehen, sondern bestimmte Werte nicht zu vergessen auf dem Weg nach vorn. Den sogenannten modernen Fußball kann man sowieso nicht mehr aufhalten, wer den nicht sehen will, darf gar nicht mehr einschalten. Aber auch in diesen Zeiten gäbe es bei diesem Verein noch Dinge zu verbessern, Dinge, die schon mal besser waren. Dinge, die Real Madrid ausgemacht haben.
Die ganze Diskussion ist eine Generationsfrage. Paar Boomer (unter anderem mir) sind Dinge wie eine Vereinsidentifikation wichtig. Dazu gehören eben auch Canteranos oder zumindest Spanier. Der InstaTikTok Generation ist hingegen völlig egal ob 8 Aquatorialguineaner oder 10 Chinesen im Realtrikot auflaufen solange die Titel stimmen.
Das andere ist die Spielweise. Real Madrid ist nicht der VfL Bochum wo man mit "Hauptsache gewonnen" zufrieden ist bzw sein sollte. Wie wir uns die letzten Jahre in der Champions League präsentiert haben war nicht Real Madrid like. Real Madrid wurde vom weissem Ballett zur Effizienz Maschine. Auch hier ist es dem Großteil egal, schließlich hat man ja den Titel geholt.
Der nächste Punkt ist die zunehmend schlechte Außenpräsentation. Das kindische "wir gehen nicht hin weil wir nicht gewinnen" beim aufgeblasenen Ballon hatte schon Hoeneßsche Züge.