Du musst aber zumindest einsehen, dass wir bei einem Vergleich - Position für Position - auch jeder Position individuell besser, ich sage sogar deutlich besser, besetzt waren als der heutige Gegner, seines Zeichens Aufsteiger. Die haben jetzt auch in der Segunda Division keine Bäume ausgerissen und haben heute überdurchschnittlich gut gespielt mMn.
Dennoch: Ist es wirklich so schlimm, dass man einen Sieg fordert, egal wie lange der Trainer da ist? Ist das wirklich unmoralisch und eine Frage der Zeit? Eigentlich geht das sogar zu weit: Torchancen wären auch schon super gewesen. Spielerische Ansätze, Ideen, ein Konzept, der berüchtigte Plan B bzw. die Impulse von der Bank. Ich sah aber nur max. 4-5 brauchbare Chancen - alles Einzelaktionen. Und genau da beißt sich die Maus in den Schwanz: Meine Theorie ist, dass Benitez mit seinem Konzept, zumindest das, was bisher erkennbar ist, massiv von individueller Kasse und Einzelleistungen der Spieler abhängen wird. Und genau hierfür fehlt ihm im Mittelfeld und in der Offensive noch ein "Hochkaräter". Die Vazquez und Tscheryschew dieser Welt, so sie eingesetzt werden, werden es - so meine Befürchtung - nicht richten können, weil dies solide Kaderspieler sind. Die würden bei 15 von 20 Teams reüssieren, sofern sie in einem echten Gefüge eingebunden sind. Bei uns werden sie in der 70 oder 80 Minute hineingeworfen und sollen liefern. Ich traue ihnen das nicht zu bzw. glaube nicht, dass sie es besser machen werden als Chicharito im Vorjahr. Ich hoffe aber, dass ich falsch liege.
Ich persönlich wünsche mir seit Jahren ein Spielsystem, eine klare Spielidee. Spielerkäufe, Transferpolitik, Kaderzusammenstellung, junge span. Talente sind das eine, aber die Spielphilosophie das andere. Deswesgen wirken meine Posts häufig so negativ, weil ich einfach enttäuscht bin, wenn ich das nicht erkenne. Die Ergebnisse sind für mich eine Folge dessen. Es tut mir weh, mir ein Rayo oder Gegner wie den heutigen, wie Bilbao, wie Sevilla, wie Villarreal usw. zu sehen, deren Substituierbarkeit von Spielern zu sehen. Ich schaue weiß Gott nicht viele Spiele dieser Teams, aber wenn ich sie sehe, geht mir nach wenigen Minuten ein Licht auf und ich erkenne, was sie machen. Bei uns sehe ich eine Anhäufung von weltklasse Spielern, was in der Theorie eine unfassbare Qualität auf dem Spielfeld zu Folge haben müsste, in den letzten Jahren aber leider viel zu selten zur Geltung kam. Man spricht von individueller Qualität - ja, das ist sie. Aber sollten dann nicht gegen Teams wie das heutige Tore fallen? Sollten dann Kombinationen nicht besser möglich sein?
3 Beispiele:
1. Die Bayern kaufen Vidal und Costa. Sie trainieren wenige Male, werden hineingeworfen und liefern sofort brauchbare, konstruktive Leistungen. Bei Kovacic hingegen hatte ich heute nicht den Eindruck, dass er wusste, was er auf dem Platz für Aufgaben hatte. Verständlich und keine Kritik am Spieler. Dennoch geht man davon aus, dass ein Spieler, der nominiert und anderen Spielern wie Illarra vorgezogen wird, auch seine Aufgaben kennt. Und ganz ehrlich, wenn das nicht der Fall ist, dass ist die Nominierung noch zu früh für ihn.
2. Hypothetisches Beispiel: Wir gehen davon aus, dass wenn wir ein Team aus Navas, Carvajal, Varane, Ramos, Marcelo, Modric, Kroos, Isco, James, Kovacic, Benzema auf's Feld schicken, dass wir dann automatisch spielstark sein werden und unfassbar viel Ballbesitz haben werden. Das erwarten wir uns einfach, weil wir uns die Charakteristiken der Spieler anschauen. Aber auch das muss einstudiert werden, es muss ein passender Trainer da sein, der sich darauf einlässt und es muss ein System vorhanden sein, in dem man dann einen James auswechselt und einen Jese einwechselt, ohne dass alles zusammenbricht wie ein Kartenhaus. Unter Ancelotti war Modric ein Spieler, der "nicht ersetzbar" war. Unter Benitez kann es ein Benzema sein. Wenn man nun ein paar Vorbereitungsspiele anschaut und Sorge hat, dass das unter Benitez nicht in diese Richtung geht, ist man dann automatisch ein Schwarzmaler und Pessimist oder eher Realist, weil man auch die Historie schaut und verweist?
3. Man spricht davon, dass die fehlenden Automatismen normal seien, weil Benitez erst 8 Wochen hier sei. Nun, viel länger ist Tuchel beim BVB auch nicht am "Basteln", und das nach 7 Jahren Klopp davor. Bei uns waren es nur 2 Jahre Ancelotti. Man kann dem Trainer die Zeit geben oder auch nicht, aber wenn der Saisonstart in die Hose geht, dann wird es im Team unweigerlich rumoren und die Presse tut ihr Übriges dazu. Wer sich auf den Trainerjob bei uns einlässt, weiß dass er liefern muss, und zwar von Tag 1.