Ich tendiere auch dazu, dass es eher kein Abseits war. Zugleich würde ich mich aber so weit aus dem Fenster lehnen und sagen, dass wir den Elfmeter von gewissen Schiedsrichtern (z.B. Hernandes Hernandes) nicht zugesprochen bekommen hätten. Und genau darin sehe ich eines von vielen Problemen des VAR, wie z.B.:
1. Artgleiche Szenen werden von Schiedsrichtern völlig unterschiedlich bewertet, d.h. die Objektivierung von Entscheidungen fehlt, wenn final der gleiche Entscheidungsträger wieder entscheiden muss. Man fühlt sich wie in einer Diskussionsrunde unter Juristen nach dem Motto: "Zwei Anwälte, aber drei Meinungen." Das kann nicht die Grundidee sein, wenn man - nicht nur im Fußball - technische Hilfsmittel (Mensch-Maschine-Interfaces) einsetzt.
2. Weiterhin greift VAR zu häufig auch dann ein, wenn keine klare Fehlentscheidung vorliegt (siehe Pokalspiel Werder - Frankfurt, als nicht einmal die involvierten Spieler wussten, was zwei Minuten später geprüft wird) und die minutenlange bzw. verspätete Auswertung nimmt jegliche Emotion aus dem Spiel und trägt nicht zum Verständnis gewisser Entscheidungen bei. Das ist für mich eines der KO-Kriterien für diese Technik.
Ich hätte es begrüßt, man hätte ein ausgereifteres System auf den Markt bringen können. Beispielsweise sollte es technisch möglich sein, Tore oder Abseitsentscheidungen annähernd in Echtzeit überprüfen zu können. Fällt ein korrektes Tor, sollten Spieler, Trainer und Fans nicht erst einer langwierigen Überprüfung ausgesetzt sein.
3. Knappe Abseitsentscheidungen (z.B. gestern im Spiel Hoffenheim gegen Schalke), die bestenfalls künstliche Intelligenz in Perfektion aufzuklären vermag, führen häufig zur Aberkennung von Toren. Kann man bei 1-2 cm Abseits, auch vor dem Hintergrund der Perspektive und Linienziehung, wirklich von klaren Fehlentscheidungen sprechen oder sollte man nicht einen (statistischen) Fehlerkorridor implementieren, innerhalb dessen der Grundsatz "im Zweifel für den Angreifer gilt"? Diese kalibrierten Linien hinken in Punkto Präzision noch ein Stück weit der Hawk-Eye-Technik im Tennis hinterher.
4. VAR nimmt quasi keinen Einfluss auf die Vergabe roter und v.a. gelber Karten.