Clasico mit gemischten Gefühlen. Eig wurde glaube ich alles schon gesagt, aber ich wiederhol nochmal die Stellen, die für mich der Schlüssel waren.
Wenn Madrid ihr Potenzial ausschöpft, erklimmt man Europas Spitze. Sonst erreicht niemand das Niveau. Eine Stunde lang hat man im Stadion der ewigen Rivalen dominiert. Nach einem langem Zeitraum voller Zweifel und Niederlagen, zeigten die Blancos ihre Stärken und erinnerten daran, dass alles gute in der Saison keine Lügen waren. Das müsste man sich nochmal vor Augen führen und so könnte eine Niederlage in einem schweren Stadion nicht diese Erfahrung aufheben.
Man verinnerlichte wieder seine eigene Wurzeln: eine taktische und passive Verteidigung im 4-4-2, eine reflexive auf Sicherheit bedachte Haltung mit dem Ball, und das Bilden der zwei Schranken - mit Einschränkungen. Daraus folgend wusste die Mannschaft mit der vielleicht besten Form in Europa 60 Minuten lang nicht was zu tun war. Trotzdem verlor Madrid nicht ohne Grund. Genau so sicher wie das riesige Potenzial, so auch die Feststellung, dass es sich um eine Imperfekte Mannschaft handelt.
Zuerst fiel Madrids defensive Ausrichtung auf. Isco weiter außen, Modric eingezogen, Bale tiefer, man bildete eine Einigkeit, ging fünf Schritte zurück und wartete geduldig auf Barcelona. Bei einer erstklassigen Ausführung als kollektiv, waren es drei Spieler, die über die anderen hervorstachen und einer noch über den dreien. Isco, Marcelo und Ramos gehörten zur ersten Gruppe. Die Arbeit des jungen aus Malaga über die Passwege zu Messi bremste die Geschwindigkeit des Spielaufbaus der Katalanen ab. Isco hat seine defensive Schwächen, aber in einem guten System, besonders konzentriert, kann er Messis Einfluss stark verringern. Er hat es drei Mal schon bewiesen. Vielleicht weil sie einen ähnlichen Kopf haben. Isco weiß, wo und wie und warum Messi den Ball bekommen will und antizipiert Messis kurze Laufwege(seine größte Schwäche ausnutzend, seine mangelnde Geschwindigkeit seiner Bewegungen ohne Ball). Marcelo, der sich der gegnerischen Nr 10 annäherte, ohne seinen Rücken zu vernachlässigen, ergänzte die Arbeit seines Mittelfeldkollegen. Zu Ramos komme ich gleich und der für mich beeindruckendste Verteidiger, wegen Präzision und Überraschungseffekt, war Toni Kroos. Unglaublich. Vielleicht hat es geholfen die Nummer 6 einer Mannschaft mit Schwierigkeiten für anderthalb Monate zu sein. Vielleicht hat es sein hineinwachsen in einer so komplizierten Position beschleunigt. Seine drei Hauptaufgaben hat er mit Bravur gemeistert. Gegen Messi aushelfen bei den wenigen Malen, in denen er Isco bezwingen konnte(etwas sehr schwieriges für einen 6er), Rakitics Vorstöße in den freien Raum und besonders die Entscheidungen, wann er die passive Defensive in einem Pressing mit Ballgewinn verwandeln musste. Jedes Mal, wenn ein cule den Ball mit dem Rücken zu Casillas empfing, ging Kroos rauf oder forderte zum Raufgehen auf, als wäre er Xabi Alonso. Und man gewann den Ball wieder. Hoffentlich war das ganze eine kleine Sneak Peak für die Zukunft.
Sergio Ramos ist ein Phänomen der jetzigen Zeit. Die ersten 60 Minuten waren ziemlich die seine. Er zwang seine Kollegen dazu, besser als ihr Gegner zu sein. Er ergriff alle nötigen Initiativen, um gewinnbringende kollektive Aktionen hervorzurufen und die Mitspieler mit Selbstvertrauen zu tanken. Zum Beispiel versuchte er den flachen Spielaufbau so schnell wie möglich voranzutreiben. Meistens in Reaktion auf Rakitics Position. Presste der Kroate, suchte Sergio mit einem strammen Pass entweder Isco oder Kroos, die perfekt standen und immer eine diagonale Anspielstation anboten. Wenn Ivan zurückzog, dribbelte Ramos den Ball aus der Abwehr raus. Er ließ keine Verlagerungen vermissen, noch zögerte er, sich in der Hälfte der Katalanen zu positionieren, wenn die Mannschaft den Ball dort behauptete, womit die erste Schranke wieder aktiv war, was Pepe auf der anderen Seite aber auch tat, wenn es dem System entgegen kam. Das war der erste Grund, warum Barcelona keine Gefahr über Kontern ausstrahlte, auch wenn Madrid den Ball ganz vorne bespielte. Madrids Positionierung hatte wieder Qualität.
Natürlich konnte er beim ersten Tor mehr machen. Meiner Meinung nach war Messis Flanke sehr gut und Mathieu kam wie ein Panzer, aber trotzdem hat Ramos seinen Mann verloren. Übrigens schon bitter zu sehen, wie stark Barcelona defensiv wie offensiv bei den Standards ist, während wir damit schon traditionell zu kämpfen haben.
Jedoch, er hatte geniale Momente, die sehr viel Fußball generierte, was, so wie die Mannschaft zuletzt war in Sachen Spielwitz und Selbstvertrauen, mir extrem wichtig erscheint. Hier kann jeder für sich das ganze aufwiegen.
Der andere Gigant von Ancelottis System, Luka Modric, hatte auch eine sehr einflussreiche Begegnung. Zumindest solange Benzema(was wäre das Clasico ohne einen glanzvollen Karim?) und Ronaldo ihr Stempel aufdrucken konnten. Karim und Cristiano, mit dem ersten im Zentrum und den anderen auf dem Flügel, etwas was zuletzt nicht so oft zu sehen war, aber gegen Barcelona schon immer sehr wirksam war, bekamen den Ball mit relativ viel Ruhe und interpretierten das Spiel mit sehr viel Präzision. Wenn sie zu zweit für Gefahr sorgen konnten, gingen sie los, wenn nicht, wie meistens, hielten sie den Ball und warteten darauf, dass Modric und Isco auf 8er Höhe gelangten und ließen mit Kombinationen die Zeit verstreichen, bis Kroos, Marcelo und Carvajal im Angriff mitgeschaltet sind. Wie frei Toni und Marcelo an den Ball kamen war schon beeindruckend. Doch Barcelona hielt stand. Dank Bravo, einem überragenden Piqué und der enttäuschende Beitrag von Bale. Er war nicht komplett inaktiv, weil Modric ihm das nicht erlaubte, doch bei so einer kollektiven Überlegenheit gab es keine denkwürdige Offensivaktion. Mit ein Grund, warum nicht ganz so viele Torchancen zur Stande gekommen sind.
Man könnte sagen, Barcelona hat kein gutes Spiel gemacht und das würde Madrids starke Performance wieder dämpfen. Sicherlich hatte Barcelona Probleme. Aber ich sehe sie als Team sowieso nicht so gut entwickelt. Ihr System hat nicht minder Schwächen, deswegen verstehe ich immer nicht, wenn neidisch oder eifersüchtig dorthin geblickt wird. Zumindest, wenn es um diesen Aspekt geht. Was war Barcelonas größte Waffe zuletzt? Messis Flanke/Verlagerung auf Neymar/Alba und wie oft hat man diese Aktion im Clasico gesehen? Nicht ein Mal. Ancelotti ist kein Detailfreak, aber er wird mir oft unterschätzt als Taktiker. Der Mann ist kein Nichtskönner.
Und so ging das Clasico voran, mit leichtem Deja-vu Gefühl vom Hinspiel, bis Dani Alves mit einem Pass Suarez im Rücken von Madrids Abwehr fand. Rakitics Lauf zog Ramos an, Pepe brauchte einiges um den Spielzug zu erkennen und die Mischung aus der perfekten Bewegung plus krasse Annahme ließen den Uruguayer in einer ungünstigen Abschlussposition. Es war eine starke Aktion von Barcelona, aber für mich darf so ein Tor in so einem Spiel nicht fallen. Es ist gefallen, weil der Torwart nicht in sich glaubt und sich für eine Seite entschieden hat, bevor der Schuss abgefeuert wurde. Und das Tor veränderte alles, denn es veränderte die Haltung der Mannschaft, die dominierte. Zwei Aspekte wurden anders: man fing an sofort raufzugehen in der Verteidigung und verlor die Geduld im Angriff(und damit die Zeit, um die Schranken aufzubauen). Und auf einmal ließ man Messi ins Spiel. Der Argentinier fing an den Ball zu bekommen gegen Spieler, die ungünstig ausgerichtet waren und dazu noch versuchten, ihm den Ball abzunehmen, wodurch es ihm möglich war, diese Spieler auszuspielen. Das gleiche mit Neymar auf der anderen Seite, auch wenn er weniger anrichten konnte. Das Spiel war völlig offen und chaotisch und das ist genau das, was du dir gegen Messi nicht erlauben kannst. Ähnlich wie gegen City, verhinderte nur die schlechte Ausbeute des FCB vor dem Tor schlimmeres.
El Clásico hinterlässt la Liga mit einem klaren Favoriten und einem Madrid mit sehr offener Zukunft. Ancelotti wird eine Niederlage in einem positiven Wendepunkt verwandeln müssen. In Hinsicht auf mögliche weitere(n) Clasicos, war das Spiel für die Blancos beruhigender, gefühlt sind wir die Mannschaft, der es zu schlagen gilt, auch wenn der Argentinische Floh immer was ausstrahlt.
Die Mannschaft muss auf jeden Fall mehr Vertrauen in die eigene Idee wieder finden, um nicht mehr so leicht sich davon zu verabschieden. Das ist mein größter Wunsch für diese Saison.