Ich finde die Aussage, dass Vini, Mbappe und Rodrygo (nur) linke Flügelspieler sind viel zu absolut. Alle drei sind absolute Ausnahmekönner und Weltklassefußballer und können - zumindest meiner Meinung nach - in der Offensive alle drei Positionen, also LA, MS und RA spielen, sofern man sie auf diesen Positionen so nutzt, dass sie ihre fußballerischen Stärken optimal einbringen können. Für mich ist daher nicht die Frage des "Ob" auf der Position entscheidend, sondern des "Wie" sie diese Positionen dann spielen müssen.
Ohne Übertreibung fällt mir jetzt auf die Schnelle auch kein RA ein, der besser als Rodrygo sein soll. Salah kann da vielleicht noch mithalten, aber ansonsten wird es auf dem Niveau schon ganz dünn. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass Mbappe bei der WM 2018 bei Frankreich auch RA gespielt hat und immerhin Weltmeister wurde.
Für mich sind alle drei erstmal mit dem rechten Fuß besser, als mit dem linken. Wenn ich sie also auf der linken Seite einsetze, würde sich anbieten, dass sie in Tornähe im Dribbling nach innen ziehen und den Torabschluss suchen. Wenn ich sie auf der rechten Seite einsetze, würde ich sie eher bis zur Grundlinie dribbeln lassen und einen Pass in den Rückraum spielen lassen. Im Ergebnis würde das dazu führen, dass sie ihre letzte Ballaktion mit dem stärkeren Fuß ausführen.
Übrigens: Das ist ja gerade das, was Vini so herausragend und unberechenbar macht. Da er sich im Torabschluss deutlich verbessert hat, ist es für seine Gegenspieler verdammt schwer zu antizipieren, was er machen wird. Während er in seiner Anfangszeit immer bis zur Grundlinie dribbelte und dann nach innen zog, hat er in den letzten Jahren auch immer mehr Zug zum Tor entwickelt, um selbst abzuschließen.
Was man insbesondere seit letzter Saison bei ihm auch häufiger sieht, ist, dass er Hereingaben mit dem rechten Außenrist spielt, was er sicherlich nur deshalb macht, weil das ansatzloser möglich ist. Den Pass mit dem linken Fuß zu spielen würde zu lange dauern, also das Überraschungsmoment nehmen und dem Gegner auch bessere Möglichkeiten bieten, die Hereingabe zu blocken. Allerdings geht das zulasten der Präzision, da er halt (noch) kein Luka Modric ist.
Vini hat das Tor von Rodrygo im Rückspiel gegen ManCity zum 1:0 übrigens über rechts vorbereitet durch eine Hereingabe mit seinem stärkeren rechten Fuß.
Ancelottis Aufgabe muss nun sein, die Stärken von Vini auf LA, die von Mbappe als MS und von Rodrygo auf RA optimal zur Geltung zu bringen. Für mich als Laien ist entscheidend, dass bereits im Mittelfeld eine Dynamik Richtung gegnerisches Tor erzeugt wird, die es ermöglicht, alle drei in der Bewegung nach vorne anzuspielen, damit diese dann richtig Fahrt aufnehmen können. Wir machen derzeit genau das Gegenteil. Oft wird unsere Offensivreihe angespielt, wenn sie (still)steht. Das macht es den Gegenspielern aber viel leichter, die drei zu verteidigen, da ein Dribbling aus dem Stand wesentlich einfacher zu verteidigen ist, als wenn sie schon in Bewegung sind. Generell spielen wir extrem viel Standfußball in der Offensive. Oftmals ist da Null Bewegung und jeder steht nur da und kuckt, was der ballführende Spieler mit dem Ball macht. Das gilt es meiner Ansicht nach zu ändern.
Für mich eignet sich Mbappe sogar extrem gut als MS, da er so verdammt antrittsstark ist und einen überragenden Abschluss hat. Der dürfte in der "Box" bei einem gut getimten flachen Zuspiel in den richtigen Raum, bei dem er sofort abschießen kann gar nicht zu verteidigen sein.
So ähnlich stelle ich mir das vom Sofa aus vor![]()
Kann deine Ausführungen zwar nachvollziehen, aber überzeugt bin ich nicht. Meine eigenen aktiven Erfahrungen sprechen dagegen (bei uns in der Jugend kam ein neuer Trainer einst auf die Idee, unseren 10er zum RV zu machen; mit keinem guten Ergebnis), ebenso meine passiven Erfahrungen als Zuschauer im internationalen Fußball (Beckham als DM usw.).
Wir haben es auf allerhöchstem Niveau in der Regel mit Spezialisten zu tun. Spieler wie Nacho, die als LV, IV und RV agieren können, sind a.) selten, b.) auf keiner Position so gut, wie die Spezialisten mit nur einer Position. "Umschulungen" sind ein anderes Thema und können sehr wohl auf höchstem Niveau gelingen, wenn Physis und Mindset/Spielanlage sich verändern (Ramos vom RV zum IV, Alaba vom LV zum IV, Higuain vom RM zum MS, Giggs vom LM zum ZM usw.). Aber solche Umschulungen sind auch eher selten. Spezialisten sind außerdem nur dann zur Bestleistung fähig, wenn - neben der persönlichen Befindlichkeit - die Rahmenbedingungen passen: Aktuell sehe ich in der Offensivreihe nichts davon gegeben. Mit einem klugen Passspieler im Mittelfeld (siehe Bellingham im Spiel gegen Atalanta) kann unsere dynamische Offensivreihe sicher besser performen, aber von einem geschmeidig-natürlichen Wohlfühlklima (etwa CR7-Benzema) sind wir (meines Erachtens) weit weit weg.
Die 9er-Rolle (als einzelner Mittelstürmer) verlangt nach einem ganz anderen Skillset wie die des Linksaußen. Natürlich kann Mbappe das spielen, so wie Modrić auch den (falschen) 9er geben kann. Bei Lukita brauchte man halt keine Lupe, um zu erkennen, dass das nichts wird.
Der von dir genannte Faktor Antritt/Geschwindigkeit (eine besondere Fähigkeit von Mbappe, wie du richtig schreibst) ist per se kein zentraler Faktor im MS. Erfolgreiche 9er waren/sind alles andere als Raketen und Dribblingmonster (Crespo, Ulf Kirsten, Giroud, Suárez, Benzema etc.pp.). Im Torabschluss ist Mbappe sehr gut, klar besser als etwa Vini, aber er ist in den letzten Jahren jetzt auch nicht durch totalen Killerinstinkt der Marke CR7 aufgefallen. Mbappe selbst behauptet ja regelmäßig, dass er nicht (so) gerne im MS spielt.
Aus genannten Gründen bin ich weiterhin sehr skeptisch und rechne eher damit, dass uns eine andere Rolle von Mbappe einen besseren Mbappe sehen lassen würde. RA oder rechter MS im Doppelsturm wäre als Trainer mein nächstes Versuchsmodell mit ihm. Aber wenn das nicht auf Ancelottis Radar erscheint oder sich Mbappe weigert, würde es mich auch nicht wundern, wenn es mittel- bis langfristig zu einem Konflikt mit Vini kommt.