Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll und auch gar nicht was ich alles ansprechen möchte, so vieles fällt mir ein zu diesem Spiel.
Als aller erstes, bei aller Kritik, Kompliment an den Bayern. Was sie in den ersten 18 Minuten für ein Fußball gespielt haben, hat mich sichtlich erstaunt und ich dachte ich sei auf alles gefasst. So wie sie aufgetreten sind und den Ball haben laufen lassen und uns im Bernaubeu (Achtung, jetzt kommt das böse Wort

) dominiert haben, verlangt viel Arbeit, Qualität und vor allem Selbstvertrauen.
Es ist wie Ancelotti vor dem Spiel gesagt hat(und hier muss man nicht seiner Meinung sein, sicherlich hat er es radikaler formuliert, als er selbst daran glaubt, aber das Spiel hat sehr für seine These gesprochen): An solchen Abenden geht es nicht um die Taktik, sondern ums Charakter.
Der Italiener hat bestimmt seinem Team die Unterschiede zwischen den Bayern und den Katalanen gründlich erklärt, aber nachdem man Xavi, Iniesta, Messi, Neymar und Co am Zaun halten konnte und eine Woche danach wieder gleich formiert war, war es nur menschlich, dass man das Spiel auch genau so angehen würde. Die engen Außenspieler haben gegen Barcelona noch Sinn gemacht, aber Bayern, die das Pokalfinale auch kannten, haben gleich gesagt: nein, wir wollen gar nicht über die Mitte angreifen, wir suchen die Außen, denn dort sind unsere Stars genannt "Robbery". Und so verlagerten sie das Spiel und unsere Außen waren viel zu weit von den ihren(meistens Isco vs Robben nach Kroos Verlagerung) und die ZM sowieso. Und so entstanden zig pre-Tor Szenen, unsere IV waren zu weit zurückgedrängt, die Bayern fanden immer die extra Anspielstation und konnten sich mit ihren Pässen immer noch einen Vorteil erarbeiten. Ehrlich gesagt habe ich in der CL selten gesehen, wie eine Mannschaft in einem so kurzem Zeitraum sich so oft einen Raumgewinn gegen eine abwartende Abwehr erspielte.
Aber Madrid hielt dagegen an. Bayern erspielte sich irgendwie trotzdem keine Chancen und bei Madrid musste man eher darüber besorgt sein, dass man den Ball nicht vernünftig rausspielen konnte, als das man zu viel zugelassen hatte. Ein Tor von Madrid schien eine Frage von viel Phantasie und ein Tor von Bayern eine Frage der Zeit - aber nicht von gerade wenig Zeit. Ich weiß noch nicht genau, inwieweit ich auf die Leistung einzelner Spieler eingehen werde, aber um diese hier kann man nicht drum herum kommen: Der Mann des Spiels in diesem Zeitraum war Alonso, der es geschafft hat mit seiner Spielintelligenz sich praktisch zu verdoppeln. Das war endlich ein Spiel würdig seiner Leistungen in den letzten 4 Jahren, etwas worauf ich gewartet und gehofft hatte und das mir Freude macht, es endlich zu sehen. Ich habe gelesen, wie einer sagte es sind 16 Jahre zwischen Redondo '98(vs Dortmund, falls es einigen nicht klar ist) und Alonso '14 gewesen und diesen Satz kann ich absolut nachvollziehen. Dass das Spiel praktisch mit dieser Szene im Strafraum vs Müller zuende geht, war für mich nur gerecht und ein kleines Geschenk der Fußballgöter.
Bayerns Stärke bestand daraus Madrids 4er Mittelfeld nach links und rechts zu schicken und dann wieder und immer kamen die Madrilenen zu spät. Aber da bei Bayern sich niemand im Zentrum befand, blieb den Außen nicht viele Optionen und man führte den Angriff oft nicht weiter. Lahm und Alaba verstanden das und wechselten sich ab in einer 10er Rolle in der sie für mehr Unruhe gesorgt haben. Andererseits war diese Option ein Risiko, da es ihre defensive Struktur, um Konter abzufangen schwächte. Sobald der Schock vom 0-1 Rückstand per Konter sie getroffen haben, haben die Bayern diese Option nicht mehr erwogen.
Die konservative Reaktion der Bayern und der Schub durch das schöne eigene Tor gab Madrid Zeit, um seine eigene Strategie zu überdenken. Wenn die Bayern mehr über die Flügel angreifen, brauchen diese mehr Schutz. Ab dem Moment veränderte das Mittelfeld ihr Verhalten. Anstatt wie eine Einheit, eng beieinander, zu verhalten, wurde man nun zu zwei zweier Teams, die viel eher gewillt waren, sich zu trennen. Man ließ dem Zentrum mehr Platz, die Zone der Bayern, wo das Talent am bescheidensten ist. Zwei Sachen wurden auffällig: Schweinsteigers Rolle scheint mir nicht besonders gut definiert und Coentrao und Carvajal haben sich von ihrer besten Seite gezeigt, was vor allem bezogen auf dem Portugiesen natürlich bedeutete, dass er ein Hammerspiel gemacht hat. Diese beiden zeigten Intensität und rückten Real Madrid weiter nach vorne und waren die ersten Spieler, die Madrid die Hoffnung gaben, besser als seiner Gegner spielen zu können.
Die Halbzeit ging zu ende und Bayern hatte 73% Ballbesitz, gleichzeitig hatte Madrid aber 3 der 4 klarsten Chancen auf ihrer Seite. Trotzdem waren das allesamt Nadelstiche. Unkonstant, unähnlich von einander und einfach Ergebnis von einer krassen Aktion von den Magiern Benzema und Isco. Was für ein Spieler Benzema doch ist, ich muss sagen, wenn er in Topform ist, gibt es kaum einen, der mich mehr begeistert. Und Isco.. den Zusatz mit seinem Alter braucht man mittlerweile gar nicht sagen. Was er für ein Charakter aufzeigt ist unglaublich. Bei dem Tor, wie er den Ball 6 Sekunden hält, bis sich die Verteidigung von Ronaldo löst ist einfach klasse.
Nach diesen besagten Aktionen war die Gruppe insgesamt aber auf der Höhe und nutzte die Situationen gut, das muss man auch sagen. Das Problem und warum man nicht mehr Kapital davon schlug war, dass Cristiano, der König des off-ball movements, sich nicht bewegte. Bayern suchte Robben mehr als Ribery, also gingen Madrids Angriffe mehr über Isco und Alonso als über ihre Mittelfeld Kollegen, aber Ronaldo bot sich weder kurz an, noch griff er den Rücken der Abwehr an. Das Spiel war wie für ihn geschaffen, aber seine Beine ließen nichts zu.
"Ohne" den Portugiesischen Superstar hatte Ancelotti eine Alternative, um die Defensivschwäche von Peps Team zu entblößen, die die Moral der Deutschen nochmal einen Knacks gab: Ballbesitz. Unglaublich. Man versuchte den Ball zu bewegen und das Ballbesitzduell gleichmäßig zu gestalten.
Man hatte nicht so große Schwierigkeiten damit, da Bayerns Spielaufbau nicht besonders gut implementiert ist(übrigens etwas, was sich über ganz Europa zeigt) und weil sie sich, wie gesagt, ziemlich überrascht von der Strategie den Rivalen zeigten. Hinten zeigten Pepe und Ramos(endlich das "Durchbruch-Spiel" von beiden, was ich vor kurzem in irgendeinem Thread bemängelt hatte. Vor allem Pepe war überragend und hat die Reaktion des Publikums einfach nur verdient) den Chip-wechsel und waren viel aggressiver und mehr auf Ballgewinn fokussiert als zuletzt gewohnt. Und da die Münchnern technisch nicht überragend, sondern "nur" sehr gut sind, haben sich ihre Perioden mit dem Ball verkürzt und ihre territoriale Dominanz ist verpufft.
Mit dem Ball am Fuß haben Modric, Alonso und Isco Angriffe dirigiert, die zwar nicht zu viel Gefahr ausstrahlten, aber einen moralischen Wert hatten. Die zwei Spanier kombinierten mit einander, um weiter nach vorne zu rücken, während der Kroate ganz alleine Räume für seine Nebenmänner kreierte, mit Carvajal und Benzema als Hauptbegünstigte. Madrid zeigte die Magie, die Bayern verloren hatte und Pep brachte Martinez, um das zu stoppen, was aber natürlich immer bedeutet, dass er die Chance einbüßt, so zu dominieren, wie er es gerne hat.
Am Ende des Spiels kamen Götze, Müller und Bale. Götze hat den Ball kaum berührt, Müller war der typische Unruheherd, der den Gegner erschreckt und Gareth hat selbst bei 50%(vor allem mental) gezeigt, dass er ein Spieler ist, der für die Bayern schwer zu stoppen ist. Jedes Mal wenn er angezogen ist, haben die Münchner den Atem angehalten. Er vereint die beeindruckendste Physis im Fußball, mit einer Ruhe und eine Unsorge über das Ambiente, das ihn ermöglicht hat das wichtigste Spiel seiner bisherigen Karriere drei Tage nach einer Mageninfektion zu bestreiten. Die Infektion, die Madrid es nicht ermöglicht hat den Sack *fast* zuzumachen.