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Danke für deine Sichtweise, aber auch hier muss ich vehement widersprechen. Mir wird hier zu sehr vorverurteilt und das finde ich höchst unangebracht und problematisch. Dieses typische Urteil, er hätte eine Verletzung seines Gegners in Kauf genommen, könnte man bei so vielen verschiedene Arten von Zweikämpfen behaupten, aber wenn dann mal was wirklich passiert, dann ist man natürlich in einer gemütlichen Position so etwas zu behaupten. Sorry, aber das ist mir zu billig.Stellvertretend zitiere ich dich für einige hier, die das so sehen... und widerspreche massiv!
Für mich ist es "unglaublich" wie du das als "stinknormale Klärungsaktion" sehen kannst. Ein hoher Ball kommt dahergeflogen, wird per Kopf nochmal weiterspediert, woraufhin ein Schwede und ein Ukrainer zum Ball schauen und ihn haben wollen. Ersterer "springt" mit dem gestreckten Fuß in Ballrichtung, weil er dessen Flugbahn falsch berechnet hat. Natürlich ist da keine Absicht zugegen, aber es handelt sich ganz klar um gefährliches Spiel! Außerdem ist mir auch klar, dass du nach 100 Minuten in den Beinen nicht mehr so flexibel bist, die Richtungsänderung des Balles mit deiner eigenen Körperbeherrschung so zu koordinieren, dass ein "normales" Stellungsspiel zum Ball möglich ist. Dann wären Danielson und Bessedin zumindest "stehend" oder Schulter an Schulter kollidiert und nicht via gestrecktem Bein. Hier jetzt mit "Täter-Opfer-Umkehr" oder "Schiri schmeißt Schweden aus dem Turnier" zu kommen, halte ich, bei allem Respekt dir gegenüber, für eine Fehleinschätzung und Deplatziertheit der Sonderklasse.
Es ändert auch nichts - @Los_Merengues -, dass für andere Fouls in anderen Partien etc. keine rote Karte gezückt wurde, weil übersehen oder was auch immer. So eine Aktion ist (m.E. und laut Regelwerk) rot, weil eine klare Gefährdung der Gesundheit eines Spielers in Kauf genommen wird. Dass es unglücklich gelaufen ist, ist eine andere (bzw. keine) Frage.
Habe mir NOCHMAL diese Szene angeschaut und man kann klar sehen, dass der Schwede in dieser Szene nur die Augen auf den Ball hatte und er seinen Gegner erst dann gesehen hat, als er den Ball geklärt hat, da dieser sich nicht zuvor nicht in unmittelbarer Nähe befand. Der Verletzte war womöglich genauso auf den Ball fokussiert, nur der Unterschied war, dass der Ukrainer zum Ball hinlaufen musste, während der Schwede praktisch im Rückwärtsgang nur ne kleine Bewegung nach rechts machen musste, um den Ball zu bekommen. Heißt also es war schon rein von der Ballflugbahn her klar, dass der Schwede den Ball höchstwahrscheinlich vor dem Ukrainer bekommt. Das ist schon der erste Punkt, wo ich ganz klar sage, dass der Ukrainer viel ungestümer in diesen Zweikampf ging als der Schwede, da er schräg von der Seite angerast kam und zumindest eher die Möglichkeit hatte den Schweden im Blick zuhaben als andersherum. Ergo kann ich rein aus diesem Gesichtspunkt null nachvollziehen, warum beim Schweden behauptet wird, er agiere fahrlässig und nimmt irgendein Unglück im Kauf, aber der Ukrainer, der deutlich mehr Energie hineinstecken musste, auch nur in die Nähe des Balls zu gelangen und zudem auch einen besseren Überblick seiner Umgebung hatte, von jedem Vorwurf der Fahrlässigkeit freigesprochen wird.
Der nächste häufig genannte Punkt ist das gestreckte Bein auf Kniehöhe. Erstens war sein Bein nicht auf "Kniehöhe". Das sieht im ersten Blick nur so aus, weil der Ukrainer sein eigenes Bein schräg um 45 Grad nach vorne Richtung Ball neigt und so sein Knie sich deutlich niedriger zum Boden befindet als bei einer normalen Standposition. Am Ende trifft er ihn am Schienbein, knapp unterhalb der Patellasehne. So extrem hoch befand sich sein Bein also nicht. Und die Sache mit dem "gestreckten" Bein: Der Schwede hat quasi ne Zehntelsekunde sein Bein komplett ausgestreckt, da es in der Bewegung gar nicht anders geht, wenn man im Fallen einen Ball wegschießt. Bein erstmal angewinkelt, man macht sich lang und streckt KURZ das Bein zum Schuss (hier: Klärungsaktion) aus, danach das Bein wieder angewinkelt. Blöd war halt, dass in dem Moment, in dem der Schwede das Bein kurz in Schienbeinhöhe ausgestreckt hatte, der Ukrainer wie ein D-Zug angerast kam. Der Schwede hatte gar keine Chance den Ball anders zu klären oder irgendwie den anstürmenden Ukrainer auszuweichen. Da frage ich mich immer noch, wer hier wirklich ne Verletzung in Kauf genommen hat.
Ich empfinde es als höchst ungerecht ihm eine Fahrlässigkeit anzurechnen. Die Klärungstat an sich war für mich stinknormal, das hätte man nicht besser machen können. Das Ende ist natürlich unglücklich und es tut mir auch unglaublich Leid für den Ukrainer, aber für mich wird hier der Schwede zu einem aktuell passenden Sündenbock für eine naturgegebene potenzielle Härte des Fußballspiels gemacht und auf ihn wird die komplette Verantwortung für einen Vorfall abgeladen, für den er einfach nicht alleine verantwortlich gemacht werden kann.
Dass Der Schiri, der eine perfekte Sicht zum Geschehen hatte erst mal gelb zückt, kann ich verstehen. Aber seit wann bestimmt eine (harte) Verletzung, dass ein gelbwürdiges Foul plötzlich rot ist? VAR hat durch die Zeitlupensicht nämlich nur die Verletzung deutlicher gemacht und ein gut gewähltes Standbild (ich hasse diese Standbild-Polemik im Fußball) und Ultra-Zeitlupe haben es so wirken lassen, als wäre der Schwede mit 180 Sachen dermaßen brutal in das Knie des Ukrainers reingerammt, dass man mit nur mit Rot reagieren könnte. Der Aktionsverlauf war aber um ein Vielfaches harmloser und wenn man die anderen genannten Details betrachtet, finde ich es schwachsinnig zu behaupten er hätte eine Verletzung in Kauf genommen. Das könnte man bei einem Ramos in fast jedem Zweikampf behaupten: Ball getroffen aber zu hart rangegangen, andere Spieler haben sich schon so verletzt, ach dieses mal wurde keiner verletzt? Egal, hast es dennoch in Kauf genommen, also zack rot, ab mit dir.
Und dann tut man so, dass durch solche harte Entscheidungen die Spieler geschützt werden, was ich auch für ziemlich blauäugig halte. Challenges wie diese vom Schweden sieht man nach wie vor so oft im Spiel und keiner sagt was, weil selten was Schlimmes passiert. Das sind Situationen in der du innerhalb weniger als einer Sekunde entscheidest, ob du zum Ball gehst oder nicht und in 99 von 100 Fällen gehst du zum Ball und versuchst auch NUR zum Ball zugehen, um den zu gewinnen/zu klären. Keine Sau denkt in dem Moment darüber nach, ob man dann bei einer extrem unglücklichen Kollision ne rote Karte riskiert. Der Instinkt entscheidet und durch regelmäßiges Training hat man sich es natürlich angeeignet, dass man nicht wie ein wildes und unkontrolliertes Tier in den Zweikampf geht, sondern wie ein routinierter Profifußballer, der aber natürlich auch nicht grundlegende Bewegungsmechanismen komplett neu erfinden kann, nur damit der Gegenspieler, der so ungestüm attackieren kann wie er will, bloß nicht verletzt wird. Solche Entscheidungen wie gegen Schweden werden gar nichts im Fußball verbessern, genauso wenig wie immer dümmere Handspielregel, kleinliche Torwartregeln beim Elfer oder etliche andere Anpassungen der letzten 5 bis 10 Jahren, die den Fußball unnötig komplizierter und unentspannter machten. VAR ist praktisch der Gipfel davon und abgesehen von der Abseitserkennung, wird er in so vielen Fällen viel zu inkonsequent benutzt oder eben nicht benutzt oder einfach falsch benutzt. Gut gemeint ist halt nicht gleich gut gemacht.
Naja, ist jetzt sowieso egal. Ich habe mich einfach mega geärgert, dass der Schiri aus meiner Sicht hier das Spiel kaputt gemacht hat, aber das kann man jetzt sowieso nicht mehr ändern. Zu dem Thema habe ich jetzt aber auch alles gesagt und es ist für mich abgeschlossen.