Seinen Höhepunkt erreichte er, als er den ersten offizielen Titel seiner Nation hob. Diese EM beglich alle Schulden, die er mit dem Fußballgott hatte und beschmückte seine Karriere so, dass es keine Frage geben würde, ob er zu den besten der Geschichte gehöre. Seitdem ist der ehrgeizige Angreifer mit einer Ruhe auf den Feldern aufgetreten, die ihm eine utopische Gewissheit gab, dass er weiterhin spielentscheidend sei, obwohl alle anderen sahen, dass seine besten Tage zurück lagen und nie wieder zurückkehren würden.
Das ist eine Geschichte, die sich nicht so sehr von der von Pele, Maradona und Cruyff unterscheidet. Der Unterschied liegt darin, dass der Portugiese in einem Klub spielt, das trotz allem, immer noch die gleiche Essenz besitzt, wie das von Di Stefano. Es nimmt sich nicht vor seinem Publikum zu gefallen, sondern einen Unterschied zu etablieren, eine Abgrenzung, etwas Eigenes, wodurch sie wie kein anderer gewinnen, weil man erstmal eine Erklärung für etwas finden muss, was sich immer wiederholt, in verschiedensten Epochen, mit verschiedensten Gesichter. Das Santiago Bernabeu folgt keiner Logik, weil es nach der Hymne um viertel vor neun in eine Zauberwelt verwandelt. Es akzeptiert nichts weniger als das Maximum, weil es das bereits, in der unwahrscheinlichsten Art und Weise, geschafft hat, als es gehört und gefolgert hatte, dass es nicht möglich sei.
Wenn Cristiano Ronaldo, wie Di Stefano vor über einem halben Jahrhundert, nicht mehr so spielt, wie er mal gespielt hat, tut es ihm weh und weil er diesen Schmerz nicht mit dem Spiel, das ihn ins Olymp befordert hat, lindern kann, dient er dem Madridismo mit dem, was nur dort gelernt werden kann. Die Geschichtsbücher sprechen nie darüber, dass Don Alfredo seinen ersten Europapokal mit 29 Jahren gewonnen hat und dass man ihn nie "La Saeta Rubia"(der blonde Pfeil) genannt hätte, wenn er die Geschwindigkeit hätte, wie in diesem Finale in Paris. Das Geheimnis liegt nicht darin, schneller als der Rest zu laufen, sondern so, dass niemand sich traut, schneller als Madrid zu sein. Die 11 der Undecima an der Schulter zu tragen war nie eine Frage der Gerechtigkeit. Real Madrid versklavt seine Götter, um in der Woche zu gewinnen. Das ist sein großer Trumpf in der Champions League.
Letzten Abend stand ein neues Kapitel bevor. Es war ein Halbfinale und die Blancos sollten gegen eine Mannschaft spielen, die in zwei der letzten drei Finalspiele vertreten waren, Atletico de Madrid. Es gab kein Spiel.
Zidane setzte auf Isco anstelle von Bale und passte seine Formation an den Spielern an, anstatt das Gegenteil zu. Das heißt, 4-3-1-2 mit dem Spanier als 10er, das prinzipiell für Überzahl im Zentrum sorgen und dafür weniger Spieler in den Außen haben sollte. Diese Entscheidung sprach für ein geringeres, kontrollierteres Rhythmus, auch wenn das dafür hätte sorgen können, dass man weniger Räume haben würde. Aber Simeone erleichterte es ihnen. Sein 4-4-2 mit Saul im Zentrum, Koke rechts und Carrasco links, presste in der ersten Hälfte der ersten Halbzeit und das funktionierte sehr schlecht.
Pressing ist nicht eine Frage der Intensität. Es ist sehr schwer früh raufzugehen, wenn man den Ball nicht lange genug gehalten hat, um viele Spieler dort zu sammeln, wo man den Ball verlieren wird. Mit Koke getrennt von Filipe Luis und Griezmann, hatte Atletico keinen Plan, wie sie den Ball konservieren sollten, was zur Folge hatte, dass die Mannschaft nicht als Einheit pressen konnte. Wenn man dazu mit Saul und Gabi keinen waschechten 6er im Team hat, das hinter der ersten Pressinglinie korrigieren kann, hatte Madrid ein System vor sich, dass sein eigenes Herz völlig blank ließ, etwas was die Spieler niemals ungenutzt lassen würden. Sergio Ramos und Kroos, die zwei inspiriertesten sterblichen, errichteten eine Brücke, die dafür sorgte, dass Atletico ständig nach hinten laufen mussten, weil ihre Linien überspielt wurden. Die Mobilität von Isco, der nicht die Magie von zuletzt versprühte, dafür aber die Austrahlung eines Großen, war die Fortsetzung des Sturms. Ronaldo, weise, hielt sich bei Lucas Hernandez auf, LIV der als RV eingesetzt wurde, um Atletico dort zuzuseten, wo es ihnen am meisten wehtut: in der Moral.
Der Unterschied zwischen beiden Teams verringerte sich, als Simeone Carrasco und Koke die Plätze tauschen ließ. Koke, vereint mit Filipe und Griezmann, sorgte dafür, dass die rojiblancos mehr vom Ball sahen, besser pressen und zeigen konnten, dass obwohl sie zuvor absolute Souverinität austrahlten, viele der Real Madrid Spieler nicht ihren besten Abend hatten. Carvajal und Casemiro, schwach beim Aufbau, kosteten ihrer Mannschaft an Rhythmus und erlaubten Atletico zum ersten und einzigen Mal zu denken, dass das Spiel so verlief, wie es verlaufen sollte.
Die Klasse von Spielern von Carvajal zeigt sich dadurch, dass selbst wenn sie ihren besten Tag nicht haben, ihr Fehlen sich bemerkbar macht. Er verletzte sich ende der ersten Hälfte, Nacho ersetzte ihn und das 4-3-1-2 verlor an Sinn. Bei so einer Formation muss der Außenverteidiger nicht nur aufrücken, sondern auch den Ball vorne fest machen und die Angriffe beschleunigen. Nacho war gut, aber das war nicht von ihm zu erwarten, also änderte Madrid seine Strategie, überließ den Gästen mehr den Ball und nahm sich vor, per Konter das Spiel zu entscheiden. Mit diesen Plan, gewann man die absolute Kontrolle des Spiels zurück.
Das erste, was zu bennenen ist, ist der große Unterschied zwischen dem IV Duo auf der einen und dem auf der anderen Seite. Waren Ramos und Varane Titanen sowohl in statischen Situationen, als auch beim Antizipieren in offeneren Spielszenen(Gameiro und Torres wurden abgeschaltet), so haben Godin und Savic für Panik bei ihren Kollegen gesorgt. Außerdem, sehr wichtig, war Modric wieder dieser überragende Mann, der sich neben Casemiro stellt und Madrids defensive Struktur so stärkt, dass es zu der absoluten Elite des Kontinents wird.
Von der Ohnmacht getrieben, brachte Cholo Offensivtalent für Muskeln. Ohne Saul, konnte Madrid den Ball immer halten, wenn es danach war, was immer öfter war, weil Ramos und Kroos keinen Schritt zurück machten. Immer mit den besten Entscheidungen. Zidane brachte Asensio und Vazquez auf den Flügeln, die Cristiano Ronaldo auf Savis und Godin schleuderten, das Duell, das das Endergebnis erklärte. Trocken analysiert war es ein einfaches, simples Spiel, wie der Sieg der Gastgeber über ihre Stadtrivalen. Aber es wäre ein Fehler zu denken, dass das gestern zum normalen Alltag gehört. Es ist nicht logisch, dass eine Mannschaft das mit Atletico veranstaltet, in einem Champions League Halbfinale. Es ist aber auch nicht normal, überhaupt nicht, das Real Madrid von Alfredo Di Stefano und Cristiano Ronaldo zu sein.