Real Madrid CF 1:3 Man Utd - ICC
Drittes Spiel des ICC, dritte Niederlage. Real Madrid zeigt sich vor 110.000 Zuschauern im Klassiker gegen Manchester United leicht verbessert. Van Gaal präsentiert seine Antwort auf das 4-3-3/4-4-2 und zieht ins Finale ein.
Real Madrid spielte von Beginn an wieder im gewohnten 4-3-3. Dieses mal wurde dies in der Defensive aber eher zu einem Hybrid aus 4-4-2 und 4-1-3-2.
Casillas als Vorbereitung für den Super Cup im Tor. Arbeloa, Ramos, Pepe und Nacho bildeten die 4er-Kette, während Illara im RZM spielte und Modric wieder auf die linke Seite des Mittelfeld rückte. Isco erneut in der Rolle der „false 9“, Bale links und Wirbelwind Carvajal überraschenderweise auf rechts.
GRAFIK IM ANHANG
Real Madrid verteidigte wie gewohnt im 4-4-2, das jedoch an United angepasst wurde. Um den Spielaufbau zu lenken und den Vorteil der 3-Ketter zu neutralisieren wurde daraus letztendlich ein 4-1-3-0-2. Warum? Und welches waren die offensiven Probleme? Eine kurze Analyse:
Defensiv:
Alonso war als Mittelfeldlibero aufgeboten um mögliche höhe Bälle zwischen die Innenverteidiger abzufangen, denn genau so erspielte sich United bisher einige Chancen und auch ein Tor (2:0 gg Roma durch Mata, Vorlage Rooney). Daher ergab sich die 1-3-Stellung im Mittelfeld.
Isco und Bale stellten erneut die erste Pressinglinie dar und positionierten sich hoch in den gegnerischen Halbräumen zwischen Innen- und Halbverteidiger um den Spielaufbau Uniteds nach Außen zu lenken und mittels ihrer Deckungsschatten den formativen Freiraum hinter ihnen zu decken.
In der Folge war Uniteds Angriffsspiel sehr zirkulierend um Real Madrids Formation was ihnen aber entgegenkam. Durch diese schnellen Verlagerungen kamen die Wingbacks (Young & Valencia) oftmals in 1 gegen 1 Situationen auf den Flügeln, die in Flanken, 2. Bällen am 16er und Ecken endeten und eine überfallsartige Anfangsphase von United darstellten. Doch warum kamen Young und Valencia so oft ins 1 gegen 1?
Ein Grund war die Staffelung Real Madrid bei Herausrücken der Außenverteidiger. Real Madrid schiebt mit dem AV heraus und versucht den Raum damit zu blocken, während der jeweilige Außenmittelfeldspieler (Modric, Carvajal) in die Schnittstelle zwischen IV und AV gehen um abzusichern. Der Vorteil darin liegt wie eben erwähnt im Absichern von Schnittstellenläufen der Stürmer und damit dem Verhindern der Notwendigkeit des Herausrückens der Innenverteidiger, sodass die Überzahl im Zentrum gewahrt werden kann. Doch auf der anderen Seite werden die gegnerischen Flügelspieler nicht konsequent gedoppelt, sodass 1 gegen 1 Situationen entstehen können, wenn der ZM nicht doppelt. Dabei wurden die ZM (Illara, Alonso) noch nicht zum Doppeln eingebunden und suchten orientierungslos nach einer Positionierung. So z.B. beim 2:1 durch Young. Illara sah, dass Carvajal zwischen IV und AV absichert und suchte sich umguckend nach einer Position. Ergo wurde dieses Doppeln noch nicht richtig einstudiert und wirkte improvisiert. Dies ist zu dieser Phase der Saison normal, zeigt aber, dass in diesem Jahr mit dem 4-4-2 neue Automatismen eingearbeitet werden müssen, die neu sind und wieder Neuerungen bedeuten, anstatt sich direkt weiterzuentwickeln.
Ein weiterer Nachteil dieser Stafflung ist, dass der Außenmittelfeldspieler den Außenverteidiger „hinterlaufen“ muss um die Staffelung zu erzeugen, was ein gewisser Zeitaufwand ist bis eine Ordnung hergestellt ist.
Atletico de Madrid bietet hier eine effizientere Lösung an. Der Außenmittelfeldspieler und der Außenverteidiger doppeln, während der ZM zwischen IV und AV absichert. Das verhindert diagonale Durchbrüche und die Laufwege auf die jeweiligen Positionen sind kürzer. Das Doppeln wird generell effektiver. Im Abwehrpressing verteidigte Barcelona unter Guardiola ebenfalls so.
Das Problem des asymmetrischen 4-1-3-2: Durch die rechtsorientierte Stellung Ilaras und das konservative Absichern Alonsos entstehen beim seitlichen Herausrücken zwei asymmetrische Seiten. Auf rechts Arbeloa, Carvajal, Alonso und Illara als mannorientiert agierender Raumschließer. Auf rechts Nacho, Modric und Alonso als konservativ spielender absichernder 6er. Heißt effektiv 1 Mann weniger auf links und durch Alonsos tiefe Stellungen öffnete sich ein Raum hinter Modric bei Herausrücken hinter ihm, der vor dem 1:0 bespielt wurde, Unordnung erzeugte und mittels diagonalem Druchbruch zum 1:0 führte. Dabei war Modric oft auf sich allein gestellt und hatte aufgrund der tiefen Stellung kaum Zugriff. Im Spiel gegen die Roma verschob Alonso ebenfalls höher mit und durch ballorientiertes, mannschaftliches Verschieben entstand ein kompakter Block.
Die an United orientierten Anpassungen waren daher teilweise eher kontraproduktiv wie diese Szene vor dem 1:0 aus der 21. Minute zeigt.
GRAFIK ZUR BESCHREIBUNG IM ANHANG (PÄSSE GRAU GESTRICHELT; SCHUSS DUNKELGRAU, LAUFWEGE SCHWARZE LINIEN)
Beim 1:0 durch Young resultierten aus dem asymmetrischen 4-1-3-2 gleich einige Probleme.
Vor Beginn dieser Szene befindet sich Illara in einer „Herrera-Mannorientierung“ und ist von dieser Szene nahezu isoliert. Dadurch fehlt es an horizontaler Kompaktheit im Mittelfeld um Alonso, der sich im Verlauf des Angriffs gleich 2 Gegnern stellen muss. Zunächst kann Modric den Ball auf Flechter nicht abfangen, sodass dieser in den orangenen Raum vor ihm stoßen kann. Daraufhin presst Ramos auf ihn, doch in dessen Rückraum kreuzt ihn Rooney und bekommt den Ball durch die Schnittstelle, und leitet ihn per Hacke direkt weiter. Pepe stellt Rooney in dieser Szene falsch und öffnet den direkten Passweg in die Mitte (kleine Faustregel: Nie das Zentrum öffnen, niemals!). Fletcher hat durch den Antritt bereits Dynamik aufgenommen, kommt daher vor Alonso und Ramos an den Ball und spielt ihn direkt auf Welbeck weiter, der intelligent eingerückt ist und dabei Arbeloa und Carvajal auf sich gezogen hat. Beide versuchen den angetäuschten Schuss zu blocken, doch Welbeck spielt auf Young, der nun den freien Raum vor sich hat und schiebt im kurzen Eck ein.
Mein erster Eindruck war, dass Casillas den Ball durchaus haben kann, und dabei bleibe ich. Bei wiederholtem Ansehen der Szene muss allerdings bedacht werden, dass Casillas auf dem Weg in die kurze Ecke ist. Er sieht Young und weiß, dass ein zu weites Einrücken zum kurzen Pfosten fatal wäre, sollte der Ball ins lange Ecke gehen, denn dann wird er auf dem falschen Fuß erwischt. Das erkennt Casillas gut, vernachlässigt allerdings die primäre Gefahr im kurzen Eck und das ist allerdings die Ecke, die unter allen Umständen zunächst zu sein muss.
Beim 3:1 steht Nacho ohne Gegenspieler breit und verringert die horizontale Kompaktheit und somit ein antizpativen Herausrücken von Ramos ohne eine Schnittstelle für Zaha zu öffnen. Modric steckt in einem Dilemma. Attackiert er Kagawa aggressiv öffnet er einen potenziellen, gefährlichen Passweg ins Zentrum, tut er dies nicht kann Kagawa die zugegeben perfekte Flanke schlagen. Pepe erkennt die von Ramos versuchte Abseitsfalle nicht und Casillas fehlt das Selbstvertrauen, das Neuer zur Zeit hat: Wie ein Löwe mit der Überzeugung herauszukommen den Ball abzufangen.
Offensiv konnte zu Spielbeginn ein erhöhtes Tempo festgestellt werden, sowie mehr Spielverlagerungen. Aufgrund des kompakten 5-2-3 von United folgte allerdings eher ein zirkulierender Ballbesitz mit wenigen vertikalen Aspekten. Wo waren die Probleme?
Problem Nummer 1: Isco und die falsche 9
Erneut spielte Isco als kombinierender, raumschaffender und spielgestaltender Neuner. Damit versucht er viele Anbindungen zu erstellen und das Spiel zu beleben. Dabei waren seine Bewegungen allerdings so horizontal und hoch, dass er eher als falsche 10 fungierte und im Kontext des 5-2-3 die von Natur aus engen Räume noch mehr verknappte, da hinter ihm niemand das Zentrum dauerhaft besetzte. Daraus ergaben sich gleich mehrere Probleme.
Das kompakte United konnte aufgrund des fehlendes Raumblockers im Zentrum noch kompakter auf die Außen schieben und Real Madrid dort isolieren. Weiterhin folgten als Anpassungen mehrere Tiefensprints von Bale und ab und zu Carvajal, welche allerdings oft ineffektiv blieben, da der Abstand zwischen 5er-Kette und de Gea meist zu kurz war. Das 1:1 ist dabei die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Durch diese falsche 9 nahm sich Real Madrid im Spielaufbau selbst die Luft zum Atmen und brachte selbst Modric teilweise unter Bedrängnis. Ich schätze Ancelotti sagte Isco wie in der Vorsaison er könne offensiv spielen wo er wolle. Da Isco offensiv sehr ballorientiert agiert versuchte er oft ballnah zu überladen, was allerdings aufgrund von Uniteds 5-2-3 nicht gelang und war daher eher kontraproduktiv.
Problem Nummer 2: Der konservative Nacho
Dass Nacho ein gelernter (wenn auch polyvalenter) Innenverteidiger ist war in diesem Spiel ein weiterer Nachteil. Es entstand folgende Fehlerkette:
Isco rückt aus dem Zentrum und macht den Raum eng, Bale zeiht einige Male ins Zentrum, doch Nacho bleibt zu hoch. Der Raum bleibt eng und Isco macht ihn noch enger. Folge: zirkulierender Ballbesitz, kaum Penetrationen und Gelangen in Zwischenlinienräume.
Zudem wurden die sonst effektiven Spielverlagerungen der Innenverteidiger auf den Außenspieler relativ oft abgefangen, da die 5er-Kette durch die natürliche Breite die Räume gut verknappt und an sich schwer zu öffnen ist.
Die Wechsel und deren Folgen:
RDT für den angeschlagenen Xabi:
Illara spielte nun als 6er, RDT als 9er und Isco als linke 8, während Modric auf die rechte 8 zog.
Ab diesem Zeitpunkt verbesserte sich das Spiel Real Madrids wieder.
Mit RDT gab es nun einen eher echten 9er, der die IV blockte und Modric und Isco nun mehr Raum ermöglichte. Zudem kam Isco nun besser ins Spiel, da er sein Sichtfeld nun nach vorne geöffnet hatte und mit Dynamik gute Kombinationen forcierte. Isco erkennt schlechte Stellungen, doch als falsche 9 gegen kompakte Team bei denen sein Sichtfeld eher nach hinten geöffnet ist, kann er diese logischerweise nicht direkt sehen und seine Stärken in der Kreativität und Pressingresitenz weniger einbinden. Nach der Umstellung auf die linke 8 setzte er wieder einige gute Lochpässe an und zog teilweise auf die 10.
„Manchester United tackert Real Madrid in der eigenen Hälfte fest“:
Van Gaals 5-2-3 ist eine sehr intelligente Antwort auf das 4-4-2 und 4-3-3 und ist generell sehr schwer zu bespielen. Aber warum?
Durch die 2-3-Stellung in Mittelfeld und Sturm, die sehr zentral und kompakt ist, versperrt United das Zentrum und richtet Pressingfallen in den kompakten Zwischenlinienräumen ein. Somit bleibt vermehrt der Weg über die Außen. Doch da verschiebt die 5er-Kette sehr kompakt, ballorientiert nach und isoliert den Gegner. Zudem rückt der ballnahe ZM (Mata, Herrera) mannoriertiert auf herauskippende gegnerische Mittelfeldspieler nach und setzten sie unter Druck. Lange Bälle sind aufgrund der starken Physis der Verteidiger eine ineffektive Option. Und schnelle Verlagerungen werden durch die 5er-Kette abgefangen, zudem schiebt das kompakte 2-3 Zentrum nach. Somit wird mit vergleichsweise geringem Aufwand eine große Kompaktheit erzielt, die sehr schwer zu bespielen ist.
Theoretisch bieten sich hohe Verlagerungen in den gegenüberliegenden Halbraum an um dann in einer 2 gegen 1 Situation den Flügel zu überladen.
Fazit:
Real Madrid zeigt sich im Tempo verbessert. Das 4-1-3-0-2 wirkt sich bisher eher negativ aus. Isco zeigt, dass er auf der linken 8 besser aufgehoben ist und van Gaal macht allen Gegner mit wenig Aufwand das Leben schwer, denn es gilt „Es ist einfacher ein Team defensiv zu organisieren.“. Daher hatte Real den schwersten Gegner im letzten Spiel. Die Leistung darf nicht zu sehr kritisiert werden, denn die Trainingszeit war bisher viel zu kurz um taktisch effektiv Arbeiten zu können. Diese Analyse soll lediglich den aktuellen Stand des Teams aufzeigen und bisherige Schwächen und Stärken hervorheben. Wo spielt Kroos und was macht James? Es wird auf jeden Fall Spannend in Madrid werden.