Es ist halt irgendwo auch einfach eine riesige Zwickmühle. Du kannst halt einen Trainer, der 2 Doubles in 3 Jahren gewonnen hat und beim Team sehr beliebt ist, schlecht entlassen, ohne selbst schlecht dazustehen, bei aller berechtigter Kritik. Carlo ist in der Hinsicht leider ein wandelndes Paradoxon, einerseits der erfolgreichste Realtrainer aller Zeiten, anderseits halten selten wirklich unbestritten, er hat einerseits perfekt zur Mannschaft der letzten 10 Jahre gepasst und viel aus ihr herausgeholt, gleichzeitig Stand er aber auch immer der Weiterentwicklung und den Jungen im Weg, und es war absehbar, dass das Momentum irgendwann kippen wird. Diese Saison war die berühmte, eine zu viel.
In einer idealen Welt hätte er letzten Sommer von sich aus den Hut genommen, es war das letzte Aufbäumen "seiner" bzw. der CL Generation, und es war absehbar, dass der Umbruch nun endgültig grösstenteils vollzogen ist und es neue/andere Ansätze brauchen wird für all die Jungen. Andererseits war er halt vor seiner Rückkehr zu Real literally finished, Perez hat ihm nochmal eine Amtszeit ganz oben ermöglicht, dass er da sehr unkritisch bzw. dankbar ist und es so lange wie möglich geniessen möchte, menschlich kann ich es nachvollziehen.
Und trotz allem hat Carlo definitiv auch Lob verdient. Er hat die Mannschaft 2 Mal in schwierigen Zeiten nach sehr erfolgreichen Phasen übernommen und zurück an die Spitze geführt. Sein Real 2014 war eines der besten, die wir je gesehen haben, auch wenn es leider nicht lange gehalten hat. Er hat die langersehnte la Decima gebracht, und als er 2021 zurückkam, hätte wohl niemand gedacht, dass er nochmal 2 Doubles gewinnen würde. Teilweise musste er entgegen seiner Philosophien zu seinem Glück gezwungen werden, aber das heisst nicht, dass er gar keinen Anteil an den Erfolgen hatte, insbesondere letzte Saison war wirklich stark und gut durchdacht.
Letztendlich ist und bleibt seine Sturheit aber halt seine grösste Schwäche. Er hatte diese Saison die Chance allen zu beweisen, dass er endlich aus der letzten Saison gelernt hat und auch eine junge Mannschaft managen kann, und ist daran, ich werde nicht sagen, kläglich, aber doch relativ klar gescheitert. Vielleicht hat es auch einfach diese eine Saison gebraucht, damit alle, insbesondere auch Perez, es klipp und klar sehen, dass Carlo die richtige Wahl für die letzten paar Jahre des Umbruchs waren, aber nicht mehr, um diese Mannschaft erfolgreich in die Zukunft zu führen. In der Hinsicht, Muchas Gracias für alles und viele legendäre Momente Carlo, aber es ist Zeit, die jungen Wilden raus zu lassen.
Die letzten paar Tage war relativ schwierig abzuschätzen, was genau passieren wird, wenn überhaupt etwas passieren wird. Aber wenn mittlerweile schon Ornstein, Romano und Cortegana darüber berichten, dann ist wohl was dran.