Einen, der ich nach gestern auch nochmal besonders hervorheben möchte, ist Kroos. Seine Statistiken waren wie gewohnt überragend, aber ich habe in gestrigen Spiel bewusst mal etwas mehr auf seine Rolle und Laufwegen während dem Spiel geachtet. Dabei sind mir vor allem 2 Dinge aufgefallen.
1: er hat sofort erkannt, dass Liverpool ohne einen grossen IV anfällig für lange Bälle ist und hat seine präzisen langen Bälle ausgepackt, sowohl das 1:0 als auch das 2:0 (dank gütiger Mithilfe von TAA) sind dadurch entstanden, und auch sonst einige gefährliche Szenen. Er kann das Spiel und den Gegner sehr gut lesen.
2: er hat sich sehr intelligent und praktisch fast immer angepasst an die Spielsituation und die Staffelung der Mannschaft zwischen den Linien bewegt und sich als Anspielstation von hinten heraus angeboten. Z.B. ist durch das hohe stehen von Vazquez oft eine situative Dreierkette aus Nacho - Militao - Mendy/Casemiro gebildet, Kroos hat sich dann in den 6er Raum fallen lassen und mit Mendy/Casemiro eine Doppel6 gebildet. Und gerade bei Pressing Situationen ist er oft weit nach hinten, um als Anspielstation die beiden IV zu entlasten. Bei Angriffen unserer Mannschaft hat er sich oft so positioniert, dass er entweder einen Pass in die Schnittstelle auf Benzema, einen langen Ball in die Offensive, einen Pass rauf auf die Flügel oder auf Modric, der eine ähnliche Rolle, bloss offensiver, eingenommen hat, damit hatte er in den meisten Fällen alle möglichen Optionen und hat dabei oft gute Entscheidungen getroffen, was er als nächstens tun soll. Dadurch kann sich einerseits Casemiro ganz auf das Abräumen konzentrieren, was ihm definitiv mehr liegt, und zum anderen kann sich Modric in der Offensive dynamisch bewegen und sein volles Repetoire ausspielen, was sich insbesondere beim 3:1 ausbezahlt hat. Manchmal haben er und Modric auch die Rollen getauscht, wodurch z.B. Kross Schuss knapp über die Latte entstanden ist.
Was ich damit sagen will, Kroos hat absolut seinem berechtigten Platz in dieser Mannschaft und ist genauso ein essentieller Bestandteil von KMC wie Case und Godric. Er ist ein etwas spezieller Spielertyp, weil er in keine klassische Rolle wirklich passt und nicht immer so auffällig spielt, was aber nicht heisst, dass er nicht brutal wichtig sein kann. Spielt er mal nicht, fehlt oft genau der Spielaufbau aus der tiefe Heraus, dadurch muss sich Case mehr einbringen, oft mehr recht als schlecht, oder Modric muss weiter hinten spielen, wodurch dann irgendwo die Bindung zur Offensive fehlt und man auf Flanken zurückgreifen muss. Das heisst natürlich nicht, dass es nicht ohne Kroos geht. Die Problematik, wenn er fehlt, liegt auch daran, dass das Team schlichtweg keinen Plan B hat. Valverde ist eher die Pferdelunge, Isco muss entweder auf unpassenden Positionen spielen oder ist dann auf der 10 schlichtweg zu lahm und verspielt, und bei den Versuchen mit Ode fehlten schlichtweg die Eingespieltheit, so etwas braucht Zeit und Vertrauen, um zusammenzuwachsen zu können. Über kurz oder lang werden wir nicht darum herum kommen die Dynamiken im Mittelfeld neu aufzubauen, aber bis dahin hat Kroos absolut seinen Platz in diesem Team.
Das vor allem für diejenigen, die immer mal wieder nach seiner Rolle bzw. Mehrwert für das Team fragen. Er ist wie gesagt etwas speziell und man muss ihn unkonventionell einsetzen, um seine Stärken entfalten zu können. Mit einem spielstarken 6er z.B. würden sie sich wohl auf den Füssen rumstehen. Gibt man Toni aber seine Freiheiten, hast du eine absolut pressingresistente und zu 95% sichere Passmaschine, die einerseits die Abwehr bei Drucksituationen entlasten, praktisch den gesamten Spielaufbau aus der Tiefe heraus tragen und in guten Positionen jederzeit einen gefährlichen Angriff einleiten kann, sei es mit langen Bällen, Schnittstellenpässe, Pass auf die Aussen oder Weitergabe zum besser platzierten Mitspieler. In dieser Rolle glänzt er nicht immer mit Einzelaktionen, ist aber brutal wichtig für das Team. Ihn zu ersetzen, wird nicht so einfach, wie sich das manche hier vorstellen, bzw. man wir die Dynamiken im Mittelfeld wie schon gesagt ganz neu aufbauen müssen. Die Diskussionen im DFB, ob ein fucking Neuhaus oder Goretzka besser sind, sind sowieso absolut lächerlich.
Zu Zidane hat
@Iago Blanco meine Gedanken eigentlich schon sehr gut zusammengetragen.
Da ich ihn oft und in meinen Augen auch großteils zurecht, kritisiert habe, möchte ich nur nochmal erwähnen, dass ich ZZ nie gänzlich die Qualität abgesprochen habe bzw vor hatte, dies zu tun.
Es ist ganz klar für mich, dass Zidanes Erfolge nicht von ungefähr kommen, seine größten Stärken sind aber in meinen Augen nicht die des großen Taktikers oder Revoluzzer. Es klingt paradox aber er ist für mich kein Weltklassetrainer, der Spieler besser macht und nicht nur auf individuelle Klasse angewiesen ist. Bei der Meinung bleibe ich, trotz all der Erfolge.
Aber: er kann Top-Top-Spieler zu Höchstleistungen motivieren,gibt ihnen Selbstvertrauen und grenzenlose Loyalität.
Und er ist pragmatisch und mutig genug, Dinge umzustellen, hängt in Summe nicht stur an einem Spielstil und einer Formation (wobei das zeitweise anders war). Dazu kommt sein Charisma und sein Siegerimage, wodurch die meisten Spieler (die er nicht vergrault hat) zu ihm aufsehen. Das macht ihn so erfolgreich und zu so einer Waffe für einen Top-Club wie Real Madrid
Ein Zidane hätte mMn mit Porto nie die CL geholt oder bei City nicht das aufbauen können, das Pep getan hat. Inklusive Rekordmeisterschaft. Aber womöglich hätte er schon die CL geholt mit den Skyblues. Deshalb würde ich ihm auch mit der Equipe Titel zutrauen.
Trotzdem bleibt für mich die Kritik, dass er der falsche ist für den Umbruch, der falsche um junge Spieler tatsächlich weiterzuentwickeln, denn dazu gehört mehr als nur Vertrauen. Er ist kein Lehrer, der den Schülern was beibringt und sie besser macht. Die Jungen kommen nicht zurecht mit den Freiheiten, die Spielern wie Ronaldo oder Ramos gut tun, denn denen musst du nichts mehr beibringen. Keine Laufwege, keine Finessen und Tricks. Sein Fußball lebt fast komplett von dem, was den Spielern am Platz einfällt. Fällt ihnen nichts ein, schauts düster aus.
Mir persönlich sagt auch die strikte Einteilung in A und B-Elf gar nicht zu. So hast du kaum interne Konkurrenz, Stammspieler stagnieren nach einer Zeit und Talente entwickeln sich nicht weiter .
Personelle Änderungen passieren nur aus der Not heraus. Vini spielt, weil sonst keiner da ist, Militao genauso. Beide werden demnächst wieder auf der Bank sitzen.
Das alles mag Jammern auf hohem Niveau sein aber so ist das nunmal bei Real Madrid. Er macht sicher auch nicht alles falsch und manche Dinge haben sich zum positiven geändert. Trotzdem wäre mit den Möglichkeiten Real Madrids einfach mehr drin. Man darf auch nicht vergessen, dass kein Trainer vor ihm unter Perez so viel Freiheiten genoss. Abgesehen vielleicht von Mourinho. Wer weiß was Leute wie Ancelotti oder Pellegrini mit ähnlicher Macht erreicht hätten.
Kann ich eigentlich alles unterschreiben. Ich wurde nach harscher, teils auch zu harscher (Zidane ist definitiv kein Amateur und auch keine Ha..fre...e ) eines besseren belehrt und das kann ich auch gerne zugeben. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass sich das Team nach einem durchzogenen Herbst und einem absolut blamablen Januar nochmal so steigern könnte bis zum Höhepunkt der Saison. In der CL ist die Türe zum Halbfinale weit offen, danach ist alles möglich, wer hätte das nach dem Beinahe aus in der Gruppenphase gedacht. In der Meisterschaft sind wir wieder bis auf 3 Punkte dran, mit einem Sieg im Clasico wäre endgültig alles offen. Es war schon immer eine Stärke Reals, oft dann zur Stelle zu sein, wenn man das Messer am Hals hat. Zidane hat das Ganze nochmal extremisiert, vielleicht hätte ich es besser wissen müssen. Jedenfalls Hut ab an Zizou und die Jungs, bei aller berechtigten und unberechtigten Kritik, Verletzungen und Formschwankungen haben sie es irgendwo hinbekommen.
Es zeigt denke ich auch mal wieder sehr schön die Stärken und Schwächen Zidanes. Er kann Leute am Tag X zu Höchstleistungen und ihnen Selbstvertrauen ohne Ende geben, vielleicht ist es seine Aura, er ist ein guter Redner oder was auch immer, aber der Glaube seiner Spieler ist auch in Krisenzeiten oft kaum zu brechen, andere wären längst eingebrochen. Das andere ist sein Pragmatismus. Er hat zuletzt auf 3-5-2 umgestellt, was einigen dem Umständen entsprechend entgegengekommen ist. Mendy kann defensiver agieren, Vazquez offensiver, Marcelo hat einen Platz, mehr Kontrolle im Mittelfeld, flexible Doppelspitze usw. alle hatten gegen Pool damit gerechnet. Allerdings ist er, wohl unabhängig von Varane, zurück zum 4-3-3 und hat Liverpools defensive Schwächen und unsere Kontrolle im Mittelfeld eiskalt ausgenützt, während Klopp sich mit Keita wohl etwas verzockt hat, mit Thiago lief es deutlich besser. Vini und Asensio haben zuletzt Stamm und Jockerrolle getauscht, wodurch beide rechtzeitig in guter Form waren, um die Stärken des 4-3-3 voll ausspielen zu können. Kluger Schachzug seiten Zidanes.
Seine grösste Schwäche ist dagegen mMn er selber bzw. seine Sturheit in manchen fällen. Die Situation im Winter ging nicht zuletzt auch darauf zurück, dass er um jeden Preis an seiner Stammelf festhalten wollte und oft macht er sich die Früchte seiner Arbeit selber zunichte, indem z.B. ein halbfitter Hazard statt einem formstarken Vini spielt, wobei sich ersterer gleich wieder verletzt und letzterer sein Selbstvertrauen verliert. Insofern ist die Schlussfolgerung, dass Zidane sich selbst aus dem Loch holen musste, gar nicht so falsch.
Letzteres ist am Ende auch der Grund, warum irgendwo doch ein fader Beigeschmack bleibt und warum ich auch bei meinem Hauptkritikpunkt bleibe, dass man das eigene Potenzial nicht (genug) ausschöpft. Die aktuellen Leistungen, insbesondere von Vini und Militao, zeigen mal wieder, dass das Potenzial absolut da ist, man sich aber oft selber im Weg steht. Gemessen an den schwirigen Umständen holt Zidane nach wie vor einiges raus, das kann ihn keiner nehmen. Aber gemessen daran, dass er für einen Umbruch geholt werden sollte, 300+ Mio ausgeben durfte und auch sonst mit am meisten Freiheiten eines Trainers hatte, bleiben gewisse Fragezeichen. Unter dem Strich passen Zidane, Umbruch und der Jugendwahn bei Transfers einfach nicht zusammen.
Deshalb sollte im Sommer mMn auch eine Entscheidung her. Entweder man hält an Zidane fest, mit dem Ziel, möglichst viele Titel zu holen, und richtet dann die Tansferstrategie darauf aus, auch wenn dass dann halt Alaba für 20 Mio Gehalt, Pogba für 100 Mio und Mbappe für 200 Mio bedeutet. Oder man geht wirklich konsequent auf Umbruch, wo Zidane mMn nach wie vor der falsche Mann ist, aus Gründen die
@Iago Blanco schon bestens erläutert hat. Das ist jetzt seit 2017 die 4te Umbruchssaison, in der Zidane und die alte Garde am Ende retten musste, was irgendwie zu retten war, auf die Kosten der Zukunft und des angestrebten Umbruchs, es kann nicht ewig so weiter gehen, so geil das gestern auch war. Qua vodis, Real?