
Seine typischen Moves zünden nicht…
MADRID. Er kommt über den linken Flügel, hat den Ball eng am rechten Fuß, überlegt in gemäßigtem Tempo, was er nun anstellt. Dann schlägt er entweder einen Haken, zieht nach innen und trifft selbst. Oder aber er nimmt Geschwindigkeit auf, um von der Grundlinie aus per Hereingabe ein Tor vorzulegen. Diesen Eden Hazard hat Real Madrid im Juni 2019 für eine Fix-Ablösesumme von 100 Millionen Euro vom FC Chelsea losgeeist – bis dato aber nicht bekommen. Anders als er es über Jahre hinweg bei den „Blues“ gewohnt war, trifft der belgische Superstar mit den Königlichen regelmäßig auf Kontrahenten, die phasenweise extrem defensiv eingestellt sind. Seine typischen Moves waren im Trikot des weißen Balletts, wenn er denn mal fit und einsatzbereit war, daher noch nicht von Erfolg gekrönt.
Auch nicht am Samstag gegen SD Huesca. Die Aragonier machten dem amtierenden spanischen Meister das Leben im ersten Durchgang mit zwei eng gestaffelten Viererketten derart schwer, dass dieser es durch einen Kopfball von Sergio Ramos in der 25. Minute lange nur auf einen nennenswerten Abschluss brachte – bis sich Hazard ein Herz fasste.
…dann halt aus der Ferne
Nachdem der 29-Jährige zur Überraschung vieler bereits letzten Dienstag in der Champions League gegen Borussia Mönchengladbach (2:2) in den Kader zurückgekehrt und schließlich auch zu einem 20-minütigen Einsatz gekommen war, bot Zinédine Zidane den als Real-Profi von diversen Verletzungen heimgesuchten Pechvogel jetzt gleich von Anfang an auf. Zum ersten Mal seit dem 7. August und damit zum ersten Mal in dieser Saison.
Die Entscheidung des Cheftrainers sollte sich wahrlich nicht als eine schlechte entpuppen. Hazard war es nämlich, der gegen den LaLiga-Aufsteiger in der 40. Minute die so wichtige Führung erzielte. Und wie! Nach einem Zuspiel von Federico Valverde fackelte der in dieser Szene in die Mitte gerückte Hazard nicht lange und wuchtete das runde Leder aus etwa 25 Metern Entfernung zum 1:0 in die Maschen. Angenommen mit dem rechten Fuß, gedreht und den attackierenden Gegner abgehängt, abzogen mit dem schwächeren linken. Ein Strahl. Ein Traumtor. Nichts zu halten für Huesca-Keeper Andrés Fernández.
„Kategorie Spieler, auf die wir uns gefreut haben“
„Ein großartiger Treffer! Das sah schon nach der Kategorie Spieler aus, auf die wir uns gefreut haben. Eden hatte seit seiner Ankunft hier leider großes Pech mit Verletzungen. Jetzt hoffen wir, dass er fit bleibt und so weitermacht. Er ist ein Unterschiedsspieler und dazu ein Gewinner-Typ, der große Lust auf große Erfolge mit uns hat“, schwärmte Emilio Butragueño, im Verein Direktor für institutionelle Beziehungen, nach Spielschluss von dem Mann, der 392 Tage nach seinem Premieren-Tor – am 5. Oktober gegen den FC Granada – in seinem insgesamt 24. Einsatz zum zweiten Mal für die Merengues einnetzte.
Hazards linke Klebe sorgte dafür, dass die auf einem Abstiegsplatz liegenden Gäste ihre so defensive Grundordnung mehr und mehr aufgaben. Real ergaben sich dementsprechend mehr Räume und Gelegenheiten, sodass am Ende vier eigene Torre auf der Anzeigetafel geschrieben standen. Noch vor dem Seitenwechsel erhöhte Karim Benzema den Spielstand (45.), danach trafen Valverde (54.) und erneut der französische Goalgetter (90.).
Über mich wird in meiner zweiten Saison geurteilt. Es wird nächste Saison an mir liegen, in einer guten Form zu sein. Eden Hazard Ende März 2020
„Hazard tat das, was man von ihm erwartet: entscheidend sein“
Abgesehen von dem Raketen-Tor hatte der Offensiv-Künstler mit der Nummer 7 in seinen 60 Einsatzminuten gegen Huesca 44 Ballkontakte, hinzu kommt eine Beteiligung an Valverdes 3:0. Eine Leistung, auf die sich aufbauen lässt und REAL TOTAL mit der Note 2,5 würdigte. Besser schnitten in der Bewertung nur die anderen beiden Torschützen und Marcelo ab.
Die Sportzeitung MARCA hat Hazard im Real-Ensemble an diesem 8. Spieltag der Primera División sogar vor allen anderen gesehen und prognostiziert euphorisch: „Wenn Hazard lacht, wird er unaufhaltsam sein. Er ist noch nicht in Top-Form, aber ein extrem guter Fußballer. Gegen Huesca hat er das getan, was man von ihm erwartet: entscheidend sein.“

„Der Hazard von Chelsea ist da“
Tomas Roncero, ein bekannter Redakteur von AS, urteilte derweil zufrieden: „Der Hazard von Chelsea ist da. Das ist der, auf den wir gewartet hatten. Der Hazard in der Form aus seiner Premier-League-Zeit wird dafür sorgen, dass Real Madrid an alle Titel glaubt. Beeindruckend.“ Seine Zeitung titelte nach Abpfiff kurz und prägnant: „Hazard ist jetzt da.“
Streng genommen war er das aber schon einmal – vor etwa elf Monaten, als der Rechtsfuß nach einer anfänglichen Eingewöhnungsphase von Spiel zu Spiel sichtlich besser wurde, Ende November schließlich jedoch im Champions-League-Gruppenspiel gegen Paris Saint-Germain k.o. getreten wurde. Sein rechter Knöchel wurde im Februar, kurz nach seinem Comeback, ein weiteres Mal derart in Mitleidenschaft gezogen, dass er erneut einige Monate ausfiel. Auch in der Folge rissen die Beschwerden nicht ab – und zu allem Überfluss erweiterten Probleme muskulärer Natur die Verletzungsakte des Angreifers.
Die Schlüssel-Frage: Bleibt der Belgier diesmal fit?
Umstände, die einen persönlichen Erfolg des seit dem Gewinn der Meisterschaft teuersten Einkaufs in der Geschichte der Blancos unmöglich machen. Umstände, die daher jetzt nicht mehr auftreten sollen. Am Samstag hat sich gezeigt, wie gut Real Hazard gebrauchen kann. Erst recht, falls Aktionen wie diese im Laufe der weiteren Saison im besten Fall zur Regel werden. Gehen wird das aber nur ohne ständige Verletzungspausen. „Ich will mehr Spiele bestreiten. Die optimale Form kommt mit mehr Einsätzen“, betonte er nach seinem Startelf-Debüt selbst. Legt Hazard in Madrid jetzt richtig los?
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