Reportage

Das Ende der Unantastbarkeit von „BBC“: Variabilität schlägt Namen

„BBC“ spielt immer, wenn alle drei fit sind, war lange Zeit das Dogma an der Concha Espina. Unter Zinédine Zidane gilt dies mittlerweile nicht mehr. Der Franzose stellt Variabilität und das Wohl der Mannschaft über Einzelschicksale.

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„BBC“ spielt immer? Mittlerweile gilt das nicht mehr – Foto: Pedro Armestre/AFP/Getty Images

Alles wieder beim Alten?

MADRID. 27. Januar 2018. 18:20 Uhr, Mestalla. In Valencia ist soeben die Partie des 21. LaLiga-Spieltags zwischen dem FC Valencia und Real Madrid zu Ende gegangen, Endstand 4:1 für die Königlichen. Nach einer ausgiebigen Schwächephase mit dem Copa-Aus gegen Leganés (1:0 und 1:2) als unrühmlichen Höhepunkt ist es dem Team von Zinédine Zidane gelungen, zumindest eine kleine Duftmarke zu setzen. Knapp drei Wochen vor dem so wichtigen Hinspiel im Champions-League-Achtelfinale gegen Paris Saint-Germain zeigte das Team von Zinédine Zidane, dass man es trotz der aussichtslosen Lage in der Liga und des desaströsen Pokal-Aus keineswegs abschreiben sollte. Der Erfolg an sich gegen das bisherige Überraschungs-Team der Saison geriet nach der Begegnung aber eigentlich nur zur Nebensache, denn die Schlagzeilen beherrschte ein anderes Thema: Gareth Bale, Karim Benzema und Cristiano Ronaldo standen das erste Mal seit dem Clásico am 23. April 2017 wieder gemeinsam in der Startelf – und funktionierten. „BBC“, das angsteinflößende wie barbarische Sturmtrio, war zurück. Alles also wieder beim Alten, mochte man zum damaligen Zeitpunkt meinen. Doch der Schein trog, wie sich spätestens beim Hinspiel gegen PSG (3:1) herausstellen sollte.

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Zidane steht zu seinem Wort

14. Februar 2018, 19:30 Uhr, Estadio Santiago Bernabéu. Die offiziellen Aufstellungen für das Gigantenduell zwischen Real Madrid und Paris Saint-Germain sind gerade bekannt geworden – und beherbergen auf Madrider Seite eine mittelgroße Überraschung. Obwohl vollständig genesen und laut Zidane wieder voll im Saft, bleibt Bale zunächst nur ein Platz auf der Bank. Dafür rutscht Isco Alarcón in die Startelf, die Blancos wollen den offensivstarken Parisern mit einem kompakten 4-3-1-2 entgegentreten. „Zizous“ Plan geht am Ende mit etwas Glück und einer hervorragenden Wechselstrategie auf. Isco legt bis zu seiner Auswechslung in der 79. Minute eine gute Partie hin, macht insbesondere in Halbzeit eins als Ballschlepper und Überladungsspieler im Zentrum einen tollen Job. Bale muss sich mit der Rolle als Joker begnügen, ist darüber nicht glücklich.

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Obwohl sich die Merengues dank des späten 3:1-Erfolgs eine exzellente Ausgangsposition für das Rückspiel erarbeiteten, hat man auf der anschließenden Pressekonferenz fast ein wenig das Gefühl, dass sich Zidane für seine Aufstellung rechtfertigen müsse. „Mit Isco haben wir uns Überzahl im Zentrum erhofft. Er hat es phänomenal gelöst. Isco entzieht sich nicht nur mit, sondern auch ohne Ball der zweiten Linie. Er war sehr beweglich und ich denke, dass er besonders zu Beginn der Partie der Schlüssel war. Am Ende haben wir gewechselt, um mehr Tiefe und Breite mit Asensio und Lucas ins Spiel zu bringen. Das haben sie sehr gut gemacht, Gareth vorne ebenfalls“, begründete der Franzose den Startelf-Platz des Andalusiers. Und untermauerte damit lediglich, was er die Wochen zuvor trotz der Euphorie um das Comeback von „BBC“ immer wieder predigte: Jeder Spieler im Kader ist wichtig und wird dann zum Einsatz kommen, wenn er dem Team helfen kann.

Nur noch Ronaldo hat seinen Stammplatz sicher

Dass es sich dabei keineswegs um hohle Phrasen handelte, bewies Zidane endgültig im PSG-Rückspiel, als er neben Gareth Bale auch die noch nicht gänzlich fitten Toni Kroos und Luka Modrić auf der Bank ließ und mit dem Vierermittelfeld aus Casemiro und Mateo Kovačić im Zentrum sowie den Außen Lucas Vázquez und Marco Asensio ein beträchtliches Risiko einging. Bales erneuter Bankplatz zeigte aber auch endgültig: Die Kräfteverhältnisse im Madrider Kader haben sich verschoben, „BBC“ ist längst nicht mehr unantastbar. Variabilität statt Namen lautet das neue Credo. Einen wirklichen Stammplatz hat in der Offensive mittlerweile nur noch Ronaldo sicher, beim Rest entscheiden Form und Kompatibilität für den jeweiligen Gegner. Dementsprechend wechselte „Zizou“ seine Startelf in den vergangenen Wochen auch immer wieder munter durch, setzte stets auf die Kombination verschiedener Spielertypen mit anderen Charakteristika.

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Stand die königliche Startelf in der Vergangenheit – sofern alle fit – für die größeren Partien meist schon viele Tage im Voraus fest, hat Zidane mittlerweile eine Vielzahl an Möglichkeiten, die taktische Ausrichtung seines Teams in der Offensive entsprechend zu justieren. Während Isco Ballsicherheit und Kontrolle im Zentrum verspricht, sorgt Bale für Vertikalität und Tiefe. Lucas Vázquez vereint offensive Überraschungsmomente und defensive Robustheit auf dem Flügel, Marco Asensio bringt neben Geschwindigkeit jede Menge Kreativität und Spielwitz mit. Bleibt noch Karim Benzema, der zuletzt eher als hängende Spitze agierte und als Wand- und Kombinationsspieler für Anspielstationen zwischen den Linien sowie Überladungen auf dem Flügel sorgen kann.

Neuer Impuls für den Konkurrenzkampf

Neben neu gewonnener Variabilität für das Offensivspiel hat Zidane dem Konkurrenzkampf im madrilenischen Star-Ensemble so (dringende) neue Impulse verschafft, was dem Spiel der Blancos augenscheinlich gut tut. Nach der schwerfälligen Hinrunde, in der die Königlichen oft uninspiriert und ideenlos auftraten, scheint das Feuer in der Mannschaft neu entfacht, die Plätze in der Startelf sind heiß umkämpft. Und Zidane machte in den letzten Wochen deutlich: Das Wohl des Teams und der Erfolg stehen in der heißen Phase der Saison über allem.

Dass der Franzose vor unpopulären Entscheidungen nicht zurückschreckt, zeigten bereits die Beispiele Álvaro Morata und James Rodríguez in der vergangenen Saison. Jetzt muss eben auch ein Gareth Bale um seinen Platz im Team kämpfen. Was aber keineswegs bedeutet, dass der Waliser im Schlussspurt keine entscheidende Rolle mehr einnehmen kann. Aber dafür genügt mittlerweile eben nicht mehr nur allein ein Name.

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
War schon lange überfällig.
 
Den Konkurrenzkampf haben wir Lucas und ZZ zu verdanken.
Lucas ist unser Engel in Not in dieser Saison, wie Isco es in der letzten war.
 
Nur noch Ronaldo hat seinen Platz sicher? Es gibt bei Zidane nun sicher noch jemanden, der einen absoluten Fixplatz hat und der kann machen was er will oder in seinem Fall eben Nichts machen.
Bale wird wohl aufgrund seiner Verletzungsanfälligkeit abgesägt. Da wird dann ein Ersatz im Sommer kommen müssen, denn Vazquez ist sicherlich keiner der konstant auf gutem und für Real Madrid ausreichendem Niveau spielen kann. Er ist aber sicherlich ein guter Wechselspieler.
 
soweit ich weiß spielen cr7 und benzema immer noch regelmäßig jedes spiel. Das einzige was sich geändert hat ist das lucas und asensio, isco und bale verdrängt haben. Was nach leistungsprinzip fair ist da sowohol isco als auch bale in einer schwächeren form sind als die anderen beiden. Jetzt kann man sich natürlich fragen in wiefern das leistungsprinzip berechtigt ist wenn andere spieler seit 2 saisons nix machen und dauernd spielen aber das ist wieder ein anderes thema.

Unterm strich ist das wichtigste das, dass team wieder gewinnt und schönen fußball spielt und das ist mit dem 4-4-2 der fall. Dürfte aber interessant werden wie das mittelfeld gegen juve aussieht wenn alle 3 ehemaligen stammspieler fit sind also bezogen auf kroos,modric und casemiro normal ist casemiro ja bei ZZ immer gesetzt, wenn er aber spielt und kroodric auch dann kann man schlecht ein 4-4-2 spielen so wie in den letzten spielen...
 
BBC ist zusammen 91 Jahre alt. Zeiten ändern sich und neue Spieler versuchen frischen Wind ins Team zu bringen. Wäre BBC bis heute noch unantastbar, wäre Zidane nicht mehr zuhelfen. Das heißt aber nicht, dass BBC nicht mehr funktionieren kann, nur schaffen die zwei "B"s nicht dauerhaft sich auf dem Niveau von "C" halbwegs zu orientieren, weswegen mindestens ein "B" nun daran glauben muss. Das ist der Gang der Dinge. Schlecht für das Team ist es allemal nicht.
 

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