
Reals 1:2-Niederlage bei Betis Sevilla hinterlässt ein angeschlagenes Real Madrid – und deckt vor allem einige gravierende Problemzonen auf. Und diese Probleme gehen weit über einen aktuell schwächelnden Karim Benzema hinaus. Fünf Erkenntnisse aus der Pleite im Estadio Benito Villamarín.
Benzema braucht endlich eine Pause
Wenn es eines endgültigen Beweises bedurfte, dass der Franzose überspielt ist, dann lieferte die Partie in Sevilla das perfekte Anschauungsmaterial. Und zwar auch, wenn man den katastrophalen Fehlpass vor dem 1:2 ausklammert. Benzema wirkt aktuell völlig ausgebrannt, lässt jegliche Spritzigkeit und Dynamik vermissen und präsentiert sich auch im Passspiel unheimlich bieder. Das merkt die Nummer 9 auch selbst, weshalb sie dies durch eine erhöhte Partizipation am Kombinationsspiel als ohnehin zu kompensieren versucht. Wirklich Nutzen lässt sich daraus jedoch nicht generieren, da die Mittelstürmerposition momentan so noch viel öfters völlig verwaist daher kommt. Die Konsequenz: Gegen extrem tief verteidigende Gegner kommt man kaum bis gar nicht zu gefährlichen Abschlüssen. Findet sich „Benz“ aktuell doch einmal in einer aussichtsreichen Abschlussposition wieder, verkrampft der 32-Jährige völlig, lässt viele Hochkaräter aus. Eine schöpferische Pause ist einfach überfällig – vielleicht auch um den Spieler zu schützen –, das sollte nun auch Zidane erkannt haben.
Die Rechtsverteidiger-Position könnte ein ernsthaftes Problem werden
Mit einer offensiv wie defensiv starken Leistung war Dani Carvajal im Clásico einer der Garanten der für den Erfolg, gegen Betis musste der Rechtsverteidiger aufgrund von Magenproblemen jedoch passen – und dessen Abwesenheit machte den Königlichen merklich zu schaffen. Wie schon in den Spielen zuvor der in dieser Saison oftmals indisponierte Nacho hatte Éder Militão auf der Rechtsverteidiger-Position seine liebe Mühe und Not und konnte insbesondere dem Angriffsspiel der Blancos keinerlei (notwendige) Impulse verleihen. Da man durch Álvaro Odriozolas Winterabgang gen München über keine positionsgetreue Alternative mehr verfügt, bleibt nur zu hoffen, dass der durchaus verletzungsanfällige Carvajal bis zum Saisonende keine ernsthafte Verletzung mehr erleidet. Denn auch wenn der Canterano keine durchweg überzeugende Saison hinlegt, ist er aufgrund seines spezifischen Spielerprofils quasi unersetzlich für Zidane. Sollte „Daniel Düsentrieb“ nochmals längerfristig ausfallen, könnte das am Ende mit ein entscheidender Faktor sein, der den Titel kosten könnte.
Das Mittelfeld-Trio Casemiro-Kroos-Modrić hat ausgedient
Warum Federico Valverde nach seiner „Man of the Match“-Performance im Clásico nur auf der Bank Platz nehmen durfte, weiß wohl allein Zidane. Zumal der Auftritt im Benito Villamarín nicht zum ersten Mal offenbarte, dass das Mittelfeld-Trio Casemiro-Kroos-Modrić in dieser Form wohl endgültig ausgedient hat. Ohne den X-Faktor Cristiano Ronaldo in der Spitze ist die übermäßige Kontrolle im Mittelfeld (wenngleich diese gegen Betis auch gar nicht vorhanden war) wenig zielführend, da es vor allem an Vertikalität im Angriffsspiel fehlt. Valverde ist aufgrund seiner Dynamik und seiner taktischen Intelligenz und Variabilität (ein Faktor, der beim Uruguayer oft unterschätzt wird) ein enorm wichtiges Puzzlestück, das man aktuell eigentlich nicht außen vor lassen darf. Der Youngster kann Linien durchbrechen, strahlt durch seine Tiefenläufe Torgefahr aus und bindet Gegenspieler, ist stark im Umschalten in beide Richtungen: Alles Eigenschaften, die Real in Sevilla komplett abgingen und die das Team in Anbetracht der Probleme vor dem gegnerischen Tor dringend benötigt. Ob Zidane das nach dem gestrigen Abend genauso sieht?
Isco kann zum entscheidenden Faktor im Meisterkampf werden
Ein weiterer Akteur der schmerzlich vermisst wurde: Isco, der angeblich aufgrund eines Hexenschusses passen musste. Als Verbindungsspieler und freies Radikal zwischen den Linien, der das madrilenische Angriffsspiel am Laufen hält, hat sich der Andalusier in den letzten Wochen unverzichtbar gemacht. Und gegen ein sehr mannorientiert verteidigendes Betis war es vor allem der Ballkünstler mit der 22, der den Blancos abging. Insbesondere die linke Seite mit Marcelo, Vinícius und dem immer wieder ausweichenden Benzema hatte diesmal große Probleme, den Ball nach vorne zu tragen – vornehmlich weil Isco als Überlader auf den Seiten fehlte. Und auch die Ballsicherheit und Pressingresistenz des spanischen Nationalspielers hätte dem Spiel der Madrilenen insgesamt gut getan, vor allem um den im Aufbau fahrigen Casemiro zu entlasten. Fazit: In den entscheidenden, kommenden Wochen wird kein Weg an Isco vorbei führen.
Zidane muss auch gegen kleine Gegner taktisch flexibler werden
Das alte leidige Thema: So sehr Zidane für die neugewonnene defensive Stabilität und das kollektiv verbesserte Pressingverhalten zu loben ist, muss er sich die weiterhin vorhandene Planlosigkeit gegen tief verteidigende Gegner ankreiden lassen. Das Offensivspiel ist weiterhin vornehmlich auf ein Überladen der Außen sowie daraus resultierend viele Flanken ausgelegt. Das Problem: Ohne einen klaren Zielspieler á la Ronaldo funktioniert dieses Schema nicht mehr – erste Anzeichen dafür zeigte sich ja bereits 2017/18, als CR7 noch für Madrid spielte. Haben die Ballkünstler wie Vinícius, Isco oder der langzeitverletzte Hazard keinen Geistesblitz parat, wirkt das Offensivspiel besonders gegen kleine Mannschaften oftmals plan- und espritlos. Die taktische Variabilität, die Zidane schon allzu oft in großen Partien an den Tag gelegt hat, würde man sich auch mal gegen “kleine Gegner” wünschen. Genau genommen ist dies zwingend notwendig, denn mit der aktuellen Herangehensweise wird man bis zum Saisonende nicht weit kommen.
Community-Beiträge