
Vom Himmel in die Hölle
Wie schnell sich in der Welt des Fußballs das Blatt doch wenden kann. Vor einer Woche noch, als Real Madrid den letztjährigen Champions-League-Halbfinalisten AS Rom in der Manier eines würdigen Titelverteidigers aus dem Estadio Santiago Bernabéu ballerte, wurde eine Lobeshymne nach der anderen auf Julen Lopetegui gesungen. Der dominante Auftritt ließ den Madridismo in dem Glauben, die Startschwierigkeiten nach der Ära Zinédine Zidane/Cristiano Ronaldo seien überwunden, der Knoten endlich geplatzt.
Sieben Tage später steht außer Frage: Das neue Real Madrid bleibt eine Wundertüte. Lopeteguis Mannschaft verbrannte sich bei der Feuerprobe zum Auftakt der ersten “Woche der Wahrheit” in Sevilla gehörig, kassierte drei Gegentore binnen 22 Minuten. Und schaffte es nicht, sich nach dem Seitenwechsel ernsthaft aufzubäumen.
Insgesamt ließen die Blancos das vermissen, was ein Spitzenteam auszeichnet: Konzentration, Kraft und Kreativität. Selbst die Kontrolle, die sich Lopetegui durch mehr Ballbesitz als noch in der Zidane-Ära erhofft, war in keiner Weise vorhanden.
Außer Bale keiner in Normalform
Bis auf Gareth Bale kam kein Blanco an seine Normalform heran. Der seit Wochen unfitte Marcelo pumpte wie ein Maikäfer und verletzte sich zu allem Überfluss auch noch. Toni Kroos trabte trotz seiner Verschnaufpause am vergangenen Spieltag seelenruhig umher. Marco Asensio traute sich nichts zu. Sergio Ramos machte den Eindruck, als würde er noch immer in seinem weiß-schwarzen Glitzeranzug bei der Weltfußballer-Gala in London weilen. Und so weiter und so fort. Immerhin kann man sagen: Es schien eher an den Spielern, als am Trainer zu liegen.
Und am bärenstarken Gegner: Die konterstarken Sevillanos, und das war das Erschreckende, machten Real mit einfachen Mitteln das Leben zur Hölle. Aggressives Gegenpressing und schnelles Umschalten reichten, um Lopeteguis Truppe wie eine Schülermannschaft aussehen zu lassen. Eine Schülermannschaft, deren Fehler direkt zu Gegentoren führten.
Das Problem aus Sicht der Hauptstädter: Es ist nicht ihr erster Ausrutscher dieser Art. Nach dem Remis gegen Athletic Bilbao (1:1) und der Pleite im europäischen Supercup gegen Atletico (2:4 n. V.) war der königliche Schiffbruch in Sevilla der nächste Rückschlag im Duell mit einem Großen. Auch im Super-Cup-Finale waren es primär die defensiven Aussetzer, die den Erfolg kosteten.
Lopetegui braucht ein Statement gegen einen Großen
So langsam drängt sich daher die Frage auf: Kann’s Real nicht mehr an den wichtigen Abenden? Oder anders formuliert: Hat der Abschied des stets ehrgeizigen und unermüdlichen Ronaldos Real das Sieger-Gen geraubt? Schwacher Trost: Selbst mit CR7 und Zidane hat man die drei vorigen Liga-Auftritte in Sevilla verloren.
Lopetegui jedenfalls braucht jetzt dringend ein Erfolgserlebnis an einem dieser wichtigen Abende. Ein Statement. Die Gelegenheit dazu bietet sich bereits am Samstag, wenn Atlético zum Liga-Derby ins Bernabéu kommt (20:45 Uhr, im REAL TOTAL-Liveticker und bei DAZN). Ob Real den “Atléticode” endlich knacken kann? Immerhin hat Real nur eines der letzten zehn Liga-Derbys gewonnen. Es wird das erste Schicksalsspiel dieser Saison. Ein Spiel, mit dem sich das Blatt auch ganz schnell wieder wenden kann.
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