
Camavinga macht Kroos „Konkurrenz“
Spricht man über Toni Kroos und seinen Werdegang bei Real Madrid, bemüht sein Berater Volker Struth in Anbetracht der Ablösesumme von gerade einmal 25 Millionen Euro gerne die Bezeichnung „Schnäppchen des Jahrhunderts“. Und man möchte Struth mit Blick auf die Erfolge und Bedeutung des Greifswalders für die Königlichen keineswegs widersprechen. Aktuell befindet sich Eduardo Camavinga jedoch auf bestem Wege, dem Weltmeister von 2014 in dieser Hinsicht erheblich „Konkurrenz“ zu machen. Selbstredend ist der 20-jährige Franzose, der vergangenen Sommer für 31 Millionen Euro von Stade Rennes an die Concha Espina wechselte, vom Status geschweige denn der Titelsammlung eines Kroos noch weit entfernt, dennoch ist die Entwicklung von Reals Nummer 12 in den letzten Monaten mehr als beeindruckend – und das Limit noch lange nicht in Sicht. Kurios: Sollte das Finale der Copa del Rey am 6. Mai gewonnen werden, hätte der Linksfuß schon jeden möglichen Titel mit Real Madrid gewonnen – und das in seinem zweiten Jahr.
Vergangene Saison vorrangig noch in der Funktion als „Super Sub“ unterwegs, insbesondere in der Champions League, hat sich „Cama“ mittlerweile in der ersten Elf festgespielt. Mehr noch: Mit 49 von 50 möglichen Einsätzen wurde kein Blanco in dieser Saison häufiger eingesetzt! Nach einer von erheblichen, in diesem Alter aber auch völlig normalen, Leistungsschwankungen geprägten ersten Saisonhälfte, gehört der Franzose mittlerweile fest zum Stamminventar. Nach der Weltmeisterschaft zunächst vorrangig als Sechser eingesetzt, brilliert der begnadete Linksfuß aufgrund von Ferland Mendys Verletzung seit einigen Wochen auf der Linksverteidiger-Position. Und mit den Leistungen der letzten Partien steht eigentlich auch fest: Für das Saisonfinale dürfte es auch im Falle einer Rückkehr von Mendy eigentlich keine Alternative zu Camavinga auf jener Position geben.
Vom Experiment zur Dauerlösung auf links?
Was zunächst als notgedrungenes Experiment begann, könnte sich nun als Dauerlösung entpuppen – zumindest bis zum Ende der Saison. Aufgrund seiner Charakteristika scheint Camavinga aktuell tatsächlich die bessere Option auf den Außen zu sein. Als gelernter Mittelfeldspieler verfügt der Franzose über ein ausgeprägteres und reiferes Positionsspiel als Landsmann Mendy, wovon vor allem Vordermann Vinícius Júnior enorm profitiert, da Camavinga offensiv deutlich präsenter ist und so dem Brasilianer mehr Räume verschafft. Dank seiner Explosivität und technischen Finesse ist er aber auch in der Lage, Eins-gegen-Eins-Situationen entsprechend zu lösen und so selbst für offensive Überraschungsmomente und Durchbrüche über die Außen zu sorgen.
Auch defensiv hat sich der französische Nationalspieler mittlerweile mit der neuen Position arrangiert und die anfänglichen Wackler im Stellungsspiel nahezu komplett abgestellt. Und im Notfall weiß Camavinga sich mit seiner enormen Athletik zu helfen. Ein unfassbar wertvolles Gesamtpaket, das auch Trainer Carlo Ancelotti zu schätzen weiß.
„Er besitzt eine außergewöhnliche Qualität – physisch, technisch, taktisch. In ihm steckt Energie, er ist ein kompletter Spieler. Als kompletter Spieler kann er auf jeder Position erfolgreich spielen. Da er sehr jung ist, verbessert er sich noch. Von daher: Für mich kann er auf dem Platz überall spielen. Wenn ich ihn als Mittelstürmer aufstelle, erfüllt Camavinga seinen Job. Wenn ich ihn als Innenverteidiger aufstelle, erfüllt er seinen Job, denn er hat etwas Besonderes. Mit seinen Eigenschaften ist er ein besonderer Spieler“, lobte der Italiener seinen Allrounder nach dem 2:0 über Celta Vigo überschwänglich.
Die mittelfristige Zukunft liegt im Mittelfeld
Ebenjene Mischung aus defensiver körperlicher Robustheit und Zweikampfstärke gepaart mit der technischen Qualität und Spielstärke könnte Camavinga auf der Linksverteidiger-Position zu einem enorm wichtigen Puzzleteil im Duell mit Manchester City machen. Gegen das hohe und aggressive Pressing der „Skyblues“ dürften vorrangig Ballsicherheit, ein gutes Positionsspiel und enorme taktische Variabilität gefragt sein – ein Anforderungsprofil wie maßgeschneidert für den Franzosen. Auf der anderen Seite gilt es im Spiel gegen den Ball Citys unfassbare individuelle Qualität im Zaum zu halten. Auch hierfür scheint Camavinga prädestiniert, wenn man vor allem die letzten Auftritte gegen Barcelona (Gegenspieler Raphina machte keinen Stich) oder Chelsea zugrunde legt.
Fest steht aber auch: Mittelfristig liegt die Zukunft des königlichen Juwels definitiv im Mittelfeld. Auf diese spielerische Klasse und Dynamik im Zentrum zu verzichten wäre auf Dauer nahezu fahrlässig. So sagt Camavinga selbst: „Ich mag es lieber als Sechser zu spielen als als Außenverteidiger, aber ich bin hier, um dem Team zu helfen und bin zufrieden.“ Aktuell sind die Qualitäten des Youngsters aber eben anderweitig gefragt. Ähnlich wie bei Toni Kroos, der nach Casemiros Abgang mehr und mehr als Zweikämpfer zu glänzen weiß und sich so weiterhin ein Duell mit Camavinga liefern kann, wer nun wirklich das Schnäppchen des Jahrhunderts bei Real Madrid ist.
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