
1. Real in Top-Spielen und CL-Modus
Wenn eine Mannschaft für solche Spiele und solche Abende lebt, dann Real Madrid – das zeigte die Vergangenheit. Die zeigte zwar auch, dass schnelle und eingespielte Teams wie Chelsea oder City zu hoch sein können, trotzdem brauchen die Blancos genau diesen Druck. Nicht nur in den letzten Jahren, auch in dieser Saison gab es zig Beispiele vom königlichen „Robin Hood“-Modus: Gegen Top-Teams wie Barcelona, Atlético, Inter und Sevilla wurden jeweils drei Punkte geholt, nur um sie kleineren Teams wie Sheriff, Cádiz oder Getafe zu überlassen. Und während die Merengues in der Copa nie am maximalen Motivationslevel sind, stellen sich beim Erklingen der Champions-League-Hymne nicht nur die königlichen Ohren auf…
2. Zu locker: PSG in Liga kaum gefordert
Während die Blancos es in Hinrunde und Gruppenphase gerne mal locker angehen, um dann zur heißen Phase der Saison mehr Lust und Fokus zu zeigen, ist es bei PSG tendenziell eher anders herum. Die Franzosen hauen in der Gruppenphase gerne Tor-Rekorde aus, um dann in der K.o.-Phase eher mal zu zittern – und da teilen sie wohl ein ähnliches Schicksal wie (teilweise) die Bayern in den letzten Jahren: in der Liga nicht mehr so gefordert zu sein. In der Ligue 1 hat Paris einen soliden 13-Punkte-Vorsprung, dieser geringe Druck ist möglicherweise auch Schuld am Pokal-Aus gegen Nizza. Nun ist aktuell auch Real nicht in Top-Form (ein Sieg aus letzten vier Partien), aber auch Mauricio Pochettino kann nicht wirklich behaupten, aktuell beschäftigungslos zu sein.
3. Viel Individuelles, keine zusammen gewachsene Einheit
„Star Wars“, Episode eins – könnte man sagen. Ja, im Prinzenpark werden sich unzählige Stars gegenüberstehen, aber meiner Meinung nach nicht unbedingt zwei Einheiten beziehungsweise eben nur eine. Real Madrid ist seit Jahren zusammen gewachsen, nicht nur das „MCK“-Mittelfeld versteht sich blind, derartige Schweißnähte sucht man im französischen Star-Ensemble vergeblich, wo manche Stars eher vom Geld als vom sportlichen Projekt geschweigedenn der Historie gelockt wurden. An Weltklasse mangelt es wenigen, aber hier und da am Zusammenhalt, das macht sich sowohl an schwierigen Abenden bemerkbar, als auch hier und da durch Disziplinlosigkeiten, schwache Nerven und sonstige Star-Allüren, ähnlich wie einst bei Real mit den „Zidanes y Pavónes“ – der PSG-Kader ist weniger im Gleichgewicht mit mehreren Ballon-d’Or-Konkurrenten als jener der Blancos.
Apropos Kader: Carlo Ancelotti erklärte auf der Pressekonferenz, dass sich die beiden Teams und ihre Strategien durchaus ähneln – auch das ist ein Pluspunkt für Real. Die Blancos haben gegen tiefstehende Gegner enorme Probleme, aber wenn ein Team pressen, mitspielen und hoch verteidigen will, läuft es gegen die pressingresistenten Modrić und Kroos und den schnellen Vinícius gerne mal ins offene Messer. Anders gesagt: PSG liegt Real, das zeigte auch das Achtelfinale 2018, als das hochgelobte Paris gegen Real unterging (1:0, 3:1).
4. Paris‘ Torwart-Unklarheit, wie einst bei Real
Real Madrids katastrophale weil titellose Saison 2018/19 hatte viele Gründe, angefangen mit dem Abgang Cristiano Ronaldos. Aber eben auch in der Unruhe auf der Torhüterposition: Neuzugang Thibaut Courtois wusste nicht, woran er ist, musste sich regelmäßig mit Keylor Navas abwechseln. Zwischen beiden herrschte keine gute Chemie und erst nach Navas‘ Abgang ist Courtois nicht nur zur Weltklasse zurückgekehrt, sondern gehört seit 2019 zu den zwei, drei besten weil konstantesten Spielern des spanischen Rekordmeisters. Und Navas? Der flüchtete nach Paris, wo er aktuell ein Déjà-vu erlebt, so bestritt Navas mit 19 zwar die meisten Einsätze, Neuzugang Gianluigi Donnarumma durfte aber auch schon 15 Mal ran. Wie für Courtois gilt auch für Navas (17 Gegentore, sieben Mal zu Null): Er braucht das volle Vertrauen, weiß gegen Donnarumma (zehn Gegentore, sieben Mal zu Null) aber nicht genau, woran er ist. Auch das kann ein Faktor sein!
5. Europa gegen PSG, sogar eigene Fans hetzen
Es ist „Star Wars“ und dabei ist auch klar, wer für die „dunkle Seite der Macht“ steht – der von Katar finanzierte Klub. Nasser Al-Khelaifi und Co. versuchen seit mittlerweile elf Jahren, den Henkelpokal ins Emirat zu holen. Seit 2011 haben nur United (-1,06 Milliarden Euro) und ManCity (-1,05 Milliarden Euro) einen noch schlechteren Transfer-Saldo als PSG (-950 Millionen Euro) – zum Vergleich: Real steht in dem Ranking laut Transfermarkt.de auf Platz 26 mit einer negativen Bilanz von „nur“ -194 Millionen Euro, stand in dem Zeitraum aber acht (!) Mal im Halbfinale mit anschließenden vier Titelerfolgen. Heißt einerseits: Geld holt maximal nationale Titel. Sportswashing hier, viele zwischenmenschliche Probleme und verschlissene Trainer wie beispielsweise Thomas Tuchel da, und eben auch der vergangene Transfersommer als gutes Beispiel: Während Real ein absolut unethisches Angebot für Kylian Mbappé abgab (bis zu 180 Millionen Euro für einen bald ablösefreien Spieler), war es noch wahnsinniger, dieses Angebot auszuschlagen. Paris will mit aller Macht in den Klub der ganz großen Klubs vordringen, schafft das aber nicht und hat darum ausgerechnet im “heiligen WM-Jahr” nicht nur neutrale Fans gegen sich, sondern mittlerweile auch viele eigene Fans. So gab es zuletzt beim knappen 1:0-Sieg gegen Rennes öffentliche Proteste gegen Sportdirektor Leonardo und Co.: „Ein Management, das nach Scheiße stinkt und das man spürt“, stand auf Plakaten, auf denen auch die „Mannschaft“ als „überbezahlte Söldner“ kritisiert wurde. Nun wird Real keinen Beifall im Prinzenpark erwarten, aber von völliger Harmonie im Verein ist PSG weiter entfernt als vom ersten Champions-League-Titel.

Darum und wegen der anderen genannten und noch vieler weiterer Gründe, sage ich: Real Madrid wird das Hinspiel souverän lösen (vielleicht nur mit einem Unentschieden) und so oder so am 9. März im Bernabéu weiter kommen und ganz Europa – okay, außer so manche Barça-Fans – zum Lachen bringen, wenn auch im für Katar besonders wichtigen WM-Jahr der Traum vom ersten CL-Titel unerfüllt bleibt und Mbappé im Anschluss die Seiten wechselt. Spätestens dann muss das Projekt der Katari endgültig als gescheitert erklärt werden.
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