
„Ich vermisse es sehr, Fußball zu spielen“
PARIS. „Ich vermisse es sehr, Fußball zu spielen. Ich will so schnell wie möglich wieder spielen.“ Worte wie diese hört man in der Regel eigentlich nur von Spielern, die aufgrund einer schweren Verletzung zu einer Zwangspause verdammt sind. In diesem Fall stammen sie von Jesé Rodríguez, einem Profi, der zwar kerngesund ist, sich aber so ausdrückt, weil er in seiner Karriere tief gefallen ist. Hinter ihm liegen inzwischen zwei Jahre zum Vergessen.
Paris Saint-Germain war für ihn nach seinem Abschied von Real Madrid im August 2016 eine Nummer zu groß – wobei er sich als Leihspieler dann selbst bei UD Las Palmas und Stoke City nicht für einen längerfristigen Vertrag empfehlen konnte. All das resultierte auch aus Problemen abseits des Platzes. Die Krankheit seines Sohnes Nyan, öffentliche Streitigkeiten mit seiner Ex-Model-Freundin Aurah Ruiz, falsche Freunde.
Bislang letztes Pflichtspiel: Jesé erinnert sich nicht
Vielmehr als an seiner Laufbahn als Fußballer arbeitete Jesé in den zurückliegenden Monaten daran, sein Privatleben in den Griff zu bekommen. Wenn man ihn fragt, wann er seinem eigentlichen Beruf letztmals in einem Pflichtspiel nachgegangen ist, dann kann er bloß schwammig antworten. „Ich glaube, es ist bald ein Jahr her. Genau erinnere ich mich nicht. Auf jeden Fall ist es lange her“, antwortet der 25-Jährige der Sportzeitung AS.
Um Jesé auf die Sprünge zu helfen: Es war der 17. März, als er bei einer 1:2-Niederlage von Stoke gegen den FC Everton in der Schlussphase elf Minuten lang mitwirkte. Von da an verschwand der Spanier von der Bildfläche. Im Sommer kehrte er nach Frankreich zu PSG zurück, wo man ihn erneut als unbrauchbar abstempelte. Er trainiert dort bis heute lediglich, weil nicht nur die Pariser ihn nicht haben wollen.
— JeseRodriguez10 (@JeseRodriguez10) 19. Oktober 2018
Hoffen auf Wechsel: Ein Interview wie eine Bewerbung
„Ich warte täglich darauf, dass sich der Wintertransfermarkt öffnet“, sagt Jesé. Seine Sehnsucht, einen Klub zu finden, bei dem es für ihn wieder bergauf gehen kann, muss mittlerweile riesengroß sein. Dass sie angesichts der fehlenden Spielpraxis jedoch auch gestillt werden kann, ist fraglich. Jesé nutzt aber selbst das Interview mit der AS, um darum zu kämpfen. Es wirkt wie eine Bewerbung. Er will unmissverständlich verdeutlichen, dass er sich verändert hat, jetzt jemand sei, der hart an sich arbeite.
La portada de hoy. ‘@JeseRodriguez10: “En el @realmadrid vivía rodeado, pero me sentía solo”.#PortadaAS #FelizMiércoles pic.twitter.com/J6kIEgdOu2
— AS Fotografía (@FotografiAS_AS) 26. Dezember 2018
Jesé hadert: „Ich habe mich in Madrid zurückgelehnt“
„Ich habe sieben Kilogramm abgenommen. Jetzt wiege ich so viel wir vor meiner schweren Knieverletzung. So viel wie jetzt wog ich seitdem zu keinem Zeitpunkt. Es ist mein Idealgewicht“, erzählt der Angreifer zum Beispiel. Oder: „Ich habe Freundschaften gekündigt. Ich glaube, ich hatte einige, die nicht gut waren. Sie sind nun weg aus meinem Leben.“
Klar ist: Für Real kommt er nicht infrage. Dass Jesé sein Potential im Estadio Santiago Bernabéu am Ende nicht ausgeschöpft hat, enttäuscht ihn rückblickend selbst: „Ich bereue es, die Chancen, die ich nach meiner Verletzung in Madrid erhielt, nicht genutzt zu haben. Heute denke ich mir: Wenn ich damals doch nur so gearbeitet hätte wie in den letzten drei Monaten… Problematisch wird es, wenn du dich zurücklehnst. Das ist mir passiert. Ich lehnte mich zurück. Auf diesem Level darfst du das aber nie tun. Ich kam nach Madrid, man gab mir einen langfristigen Vertrag und bis zur Verletzung hatte ich ja alles gut gemacht. Du musst aber immer kämpfen und mehr wollen.“
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„Ich dachte, ich hätte bei Real Freunde“
Möglicherweise ließ Jesé sich auch wegen der aus seiner Sicht fehlenden Zuneigung innerhalb des Teams gehen. Nach eigener Aussage sei der damals gefeierte Shootingstar zu einem Einzelgänger verkommen. „Ich dachte, ich hätte in der Mannschaft von Real Madrid Freunde. Aber ich habe realisiert, dass sie keine sind, weil sie sich nicht um mich geschert oder auf meine Nachrichten geantwortet haben. Ich war in Madrid von Leuten umgeben, fühlte mich aber einsam“, bedauert Jesé, der Mann, dem man bei Real einst die Nachfolge von Cristiano Ronaldo zugetraut hatte. Ihm selbst würde es inzwischen reichen, wenn er einfach nur in die Stadien Europas einlaufen kann. Das, was er so sehr vermisst.
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