Reportage

Kein Platz beim BVB: Reinier auf dem gelb-schwarzen Abstellgleis

Dem Schritt zu den Merengues Anfang 2020 folgte für Reinier Jesus die Entscheidung, im Sommer per Leihe die Bundesliga zu erobern und sich dem BVB anzuschließen. Ein Erfolgsrezept, dass unter anderem bei Achraf Hakimi zuvor wunderbar gefruchtet hat und dem Brasilianer zum Durchbruch in Europas Elite verhelfen soll. Doch irgendwie geht diese Rechnung bisher gar nicht auf.

535
Ggen Leipzig stand Reinier zulezt nicht mal im Kader – Foto: imago images / Kirchner-Media

DORTMUND. Erst vor wenigen Tagen haben die Königlichen das Leihgeschäft für Takefusa Kubo beim FC Villareal vorzeitig für beendet erklärt: Weil der japanische Messi” in Villarreal nicht funktionierte, leihte man ihn stattdessen an den FC Getafe aus, wo er nun häufiger sein Können demonstrieren soll. Es war der Zug an der Reißleine, welcher inzwischen für eine weitere königliche Leihgabe nicht mehr ganz abtrünnig klingt: Die Rede ist von Reinier Jesus Carvalho – kurz: Reinier. Momentan in Diensten bei der Borussia aus Dortmund.

Kurzeinsätze und Tribünengast

Bis dato ist der Brasilianer allerdings nur auf dem Papier ein Arbeitnehmer bei den Gelb-Schwarzen, de Facto werden seine Dienste kaum abgerufen. Zwangsläufig keimt Unzufriedenheit auf, sowohl in der spanischen Hauptstadt, als auch beim hochbegabten Offensivkünstler, der in wenigen Tagen seinen 19. Geburtstag feiern darf. Dabei hatte es im September ganz gut für den Zehner” angefangen in Nordrhein-Westfalen: Erst das Debüt im Pokal, darauf in der Bundesliga durch einen Kurzeinsatz gegen den FC Augsburg und vier Tage später eingewechselt im deutschen Supercup gegen die Bayern. Lucien Favre schmiss den in Brasília geborenen Offensivmann nicht ins ganz kalte Wasser, sondern tauchte ihn durch Kurzeinsätze immer wieder mit den Zehenspitzen ein, um ihn allmählich zu akklimatisieren.

Reinier Jesus
Im DFB-Pokal gegen den MSV Düsburg feierte der U23-Nationalspieler Brasiliens sein Pflichtspieldebüt für die Borussia – Foto: imago images / Team 2

„Es ist nicht Rio und auch nicht Madrid, aber es ist eine Arbeiterstadt, das passt zu mir“, subsummierte der Brasilianer nach einer kurzen Eingewöhnungszeit im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. Nach den ersten eher positiven Wochen minimierten sich allerdings die Kurzeinsätze, schließlich wurde der Spielmacher zudem vom Coronavirus zurückgeworfen, sodass der als Nachfolger von Kaká gehandelte Südamerikaner von Anfang November bis Mitte Dezember vollkommen außen vor war. Erst beim 1:5-Debakel gegen den VfB Stuttgart am 12. Dezember bekam der bei Flamengo zum Profi gewordene Rechtsfuß mit einer guten halben Stunde die längste Verweildauer auf dem Grün zugesichert.

Neuer Trainer, altes Leid

Es war das letzte Spiel, in dem der Schweizer Favre das Kommando beim BVB inne hatte, danach trennten sich die Wege des Übungsleiters und der Borussia. Edin Terzić übernahm das Steuer und für Reinier sollte sich die Gelegenheit auftun, sich bei seinem neuen Trainer in den Fokus zu spielen. Gegen Bremen war der ehemlaige Kapitän der brasilianischen U17-Nationalmannschaft zumindest noch für den Kader berücksichtigt, anschließend fand sich der Brasilianer, zurückgeworfen von muskulären Problemen, nur noch auf der Tribüne wieder.

Doch auch mit auskurierter Blessur kam der Spielmacher nicht mehr zurück in das Aufgebot von Terzić. Großartige technische Fähigkeiten, ein gutes Auge sowie eine ausgeprägte Spielintelligenz werden dem Spieler, welcher in seinem ersten Profi-Jahr direkt die brasilianische Meisterschaft – dabei sechs Tore in 14 Spielen – sowie die Copa Libertadores gewinnen konnte, attestiert. Die Chance, diese Gaben auch der Fußballwelt zu zeigen, bekommt er zum aktuellen Zeitpunkt nicht, wie zum Beispiel beim Spitzenspiel zwischen RB Leipzig und den Borussen, als er aus dem Kader gestrichen wurde.

Reinier Jesus
Nach Vinícius Júnior und Rodrygo ist Reinier der dritte 18-jährige Brasilianer, welcher seit 2018 zu den Merengues kam – Foto: imago images / Alterphotos

Kein einziger Startelf-Einsatz, keine Torbeteiligung und nur 136 Spielminuten stehen dem Rechtsfuß bislang zu Buche, weshalb bereits kursierende Gerüchte immer lauter werden, die Königlichen würden über eine vorzeitige Beendigung des Leihgeschäfts nachdenken, was allerdings aus Dortmund dementiert wurde. BVB-Spordirektor Michael Zorc sorgte Anfang Dezember bei einer Pressekonferenz für ein wenig Ruhe, indem er mit Vehemenz bestehende Spekulationen dementierte:Grundsätzlich haben wir diese Überlegung nicht. Er hatte keinen einfachen Start bei uns und wurde durch die Covid-Infektion nochmals zurückgeworfen”, schildert der Funktionär und bittet um Nachsicht: „Wir haben Geduld, deshalb vereinbaren wir in solchen Fällen auch eine zweijährige Leihe.”

Dass der 18-Jährige bei der Borussia grundsätzlich gut aufgehoben ist, beweisen zahlreiche Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, welche behutsam für die große Fußballbühne aufgebaut wurden. „Der BVB genießt in Brasilien einen guten Ruf, was die Weiterentwicklung junger Spieler angeht“, sagte Reinier persönlich zu seiner Entscheidung für die Dortmunder. „Der Klub ist in meiner Heimat bekannt dafür, jungen Spielern eine Chance zu bieten, die Menschen in Brasilien verfolgen das sehr genau, wie sich diese Spieler entwickeln.“ Die von Zorc angesprochene Geduld ist dabei sicherlich auch ein wichtiges Stilmittel, welches allerdings keine inflationäre Anwendung finden sollte. Denn: Auch ein hochbegabtes Talent, benötigt Spielpraxis und die vereinbarten zwei Jahre der Leihe sind auch schnell wieder gekürzt.

Geduld aber nicht ohne Grenzen

Dass Reinier Jesus seine Einsatzzeiten noch im Signal Iduna-Park erhalten wird, bleibt dennoch nicht ausgeschlossen, weshalb tatsächlich noch ein wenig Geduld angebracht ist. Schließlich tanzt der BVB auf drei Hochzeiten und in diesem engen Spielplan kann Terzić früher oder später einen Mann von dieser Qualität sehr gut gebrauchen, zumal der verletzungsanfällige Kapitän Marco Reus sicher die eine oder andere Verschnaufpause bekommen sollte. Denn auch der Brasilianer verfolgt konkrete Ziele, die er nur durch Spielzeit verwirklichen kann: Ich möchte mit dieser Mannschaft erfolgreich sein, persönlich möchte ich mich auf dem Platz als Spieler und neben dem Platz als Mensch weiterentwickeln.“ Deshalb sollte Reinier möglichst zeitnah wieder auf dem Rasen stehen, denn ändert sich an der Situation bis zum Sommer nichts, wird Real Madrid wieder die Reißleine ziehen müssen und wie bei Kubo auch für Reinier einen neuen Arbeitgeber finden, denn wie französische Medien unlängst vermeldeten, steht mit Real Valladolid und dessen Präsidenten Ronaldo bereits ein interessierter Abnehmer aus LaLiga bereit.

Jetzt bei bet365 anmelden und bis zu 100 Euro Neukundenbonus erhalten!

0.00 avg. rating (0% score) - 0 votes
von
Christian Graber

Anhänger der Königlichen seit dem bitteren Halbfinalaus in der Champions League-Saison 2001 gegen die Bayern und seitdem Verehrer der Klubphilosophie. Spezifische Kenntnisse des Fußballmarktes in Lateinamerika und bekennender Freund der "Joga-Bonito-Kultur".

Kommentare
War leider irgendwie abzusehen, denn der BVB wird lieber zuerst seine eigenen Talenten entwickeln, um sie vielleicht anschließend gewinnbringend zu verkaufen, als einen ausgeliehenen Spieler - da können deren Bosse noch so viel erzählen. Ich war schon damals gegen die Ausleihe nach Deutschland und hätte ihn lieber direkt irgendwo in Spanien untergebracht, denn: was nützt uns ein in der biederen Bundesliga gut spielender Spieler, der aber zurückkommt und in Spanien nicht klarkommt? Klar, es kann gut funktionieren (siehe Carvajal), aber ich finde, man sollte seine Spieler lieber direkt in Spanien einsetzen bzw. verleihen und schauen, was Sache ist, wo sie stehen und ob sie eine Zukunft in Madrid haben könnten.
 
Hätte eigentlich gleich bei uns bleiben können, Zidane hätte ihm sicher seine 2 Minuten geben immerhin mehr als beim BvB
 
An den Leihen von Kubo und Reiner ist die sportliche Managementkompetenz von Madrid sichtbar. Wie kann Madrid 18/19 jährige Offensivkräfte an CL-Aspiraten wie Dortmund und Villareal verleihen. Deren Kader ist fast auf Augenhöhe mit unserem. Das die dort Regelmäßig kaum spielen versteht sich doch von selbst. Einen jungen Verteidiger kann man vielleicht an solche Vereine verleihen, aber doch keine Offensivkräfte für Schlüsselpositionen. Die beiden hätten in Spanien bei Mittelklasse Klubs die Fußball spielen können, wie Betis oder Valladolid verliehen werden müssen.
 
War leider irgendwie abzusehen, denn der BVB wird lieber zuerst seine eigenen Talenten entwickeln, um sie vielleicht anschließend gewinnbringend zu verkaufen, als einen ausgeliehenen Spieler - da können deren Bosse noch so viel erzählen. Ich war schon damals gegen die Ausleihe nach Deutschland und hätte ihn lieber direkt irgendwo in Spanien untergebracht, denn: was nützt uns ein in der biederen Bundesliga gut spielender Spieler, der aber zurückkommt und in Spanien nicht klarkommt? Klar, es kann gut funktionieren (siehe Carvajal), aber ich finde, man sollte seine Spieler lieber direkt in Spanien einsetzen bzw. verleihen und schauen, was Sache ist, wo sie stehen und ob sie eine Zukunft in Madrid haben könnten.

Carvajal und Hakimi waren 21 Jahre und rechte Verteidiger. Das ist nicht vergleichbar. Kubo und Reinier sind 18 und 19 Jahre und sollen Schlüsselpositionen in der Offensive bekleiden? Für diese Positionen braucht es neben Talent auch Erfahrung und Persönlichkeit. Diese Führungseigenschaft bringen solche Teenager noch mit.
 
Ich weiß nicht so was man sich hier erwartet hat. Als Hakimi nach Dortmund verliehen wurde, war nur ein alternder schwäche werdender Piszczek vor ihm.
Die Offensive bei Dortmund ist hervorragend besetzt. Da war es doch abzusehen, dass ein brasilianischer Rookie kaum Spielzeit bekommt.

Gesendet von meinem SM-G970F mit Tapatalk
 
Frag mich sowieso was Jesus da sollte.auf der Position die er bekleiden soll ist der bvb doppelt und dreifach besetzt.das hätte man auch schon vorher rausfinden können.denke beim nächsten Team kann und wird er mehr spielen können
 
Bis zum Trainerwechsel lief die Leihe ganz ok, er hat seine Spielanteile bekommen.
Das er aber Corona kriegt und mit diversen anderen Verletzungen zu kämpfen hatte, mit der ohnehin schon komplizierten Ausgangssituation das er von März bis August kein richtiges Training und Wettkampfpraxis hatte, konnte man so ja nicht vorsehen.
Hätte er durchziehen können und in den Spielanteilen bessere Leistungen bringen können dann hätte die Leihe auf Dauer Wirkung zeigen können.
Der Trainerwechsel war dann aber ein K.O Schlag.
Alles Dinge die man nich voraussehen konnte, von daher war es ein Versuch wert, aber hat halt nicht geklappt.

Ob er bei einem Klub wie Valladolid jz so auf sich aufmerksam machen kann das man ihn bei Real vertraut, wage ich nach den letzten Erfahrungen mit Ødegaard und co. Mal zu bezweifeln, da ging das mit Dortmund schon eher in die Richtige Richtung was sich auf Dauer hätte auszahlen können.
 

Verwandte Artikel

Vinícius: Der Freifahrtschein ist weg – und Rodrygo sitzt im Nacken

Vinícius Júnior gehört auch für Xabi Alonso zu den fundamentalsten Spielern bei...

Keiner trifft öfter: Kylian Mbappé wird gerade erst warm

Es war die wohl am meisten diskutierte Verpflichtung in der jüngeren Vereinsgeschichte...

Alaba: Neue Rolle unter Alonso – Berater macht Ansage

David Alaba scheint bei Real Madrid plötzlich kein reiner Verteidiger mehr zu...

Der jüngste Kader der Liga

Das gab es lange nicht mehr: Real Madrid hat den jüngsten Kader...