
Schon klar, schon klar, schon klar: Jude Bellingham wird bei Real Madrid nicht Toast mit Ketchup essen müssen. Bei den Königlichen wird es ihm an nichts mangeln. Und trotzdem ist dieser Wechsel für mich ein klares Zeichen, dass er sich für die Historie eines Klubs entschieden hat, nicht für dessen Mittel.
Bellinghams Absage an Manchester United, City, und welche Premier-League-Klubs noch so an ihm interessiert waren, freut mich fast mehr als die Zusage zu Real Madrid. Wir reden hier von einem 19 Jahre „alten“ Spieler, der nicht nur ein besonderes Talent hat, sondern auch enormen Ehrgeiz und die berühmten Leader-Qualitäten ausstrahlt. Mit 19! Gut, am 29. Juni wird er 20. Nach dem letztjährigen Mbappé-Fiasko und inmitten der Saudi-Arabien-Offensive ist doch so eine Meldung das, was die Fußballwelt braucht. Kylian Mbappé hat sich von den immer wieder verdoppelten Angeboten aus Katar im letzten Moment doch noch verleiten lassen, sein Versprechen mit Florentino Pérez zu brechen. Aktuell ist es Saudi-Arabien, das versucht zu beweisen, dass man sich alles kaufen kann. 200 Millionen pro Jahr für Karim Benzema, 100 Millionen pro Jahr für N’Golo Kanté, und das ist erst der Anfang.
Auch Bellingham wird bei Real Madrid einiges verdienen, aber eben deutlich weniger, als auf der Insel. Diese Entscheidung – für einen großen und gegen einen extrem reichen Klub – hat auch schon Aurélien Tchouaméni zu Real Madrid geführt, statt nach Paris („Nein, nein, über PSG habe ich gar nicht nachgedacht.“). Und weitere Youngster könnten folgen, denn dass man durch die Unterschrift bei PSG nicht gleich Champions-League-Sieger wird, wird Jahr für Jahr unterhaltsam aufgeführt.
Bellingham hat sich nicht nur für den 14-fachen Europapokalsieger entschieden, sondern für einen professionell geführten Klub, der noch seinen Mitgliedern gehört – keinen Scheichs, Staaten oder sonstigen Investoren. Auch bei Real Madrid gibt es das eine oder andere zu kritisieren, auch Florentino Pérez ist nicht wirklich ein wohltätiger Samariter, und doch steht alles, was man beim spanischen Rekordmeister kritisieren kann, nicht im Verhältnis zu anderen Klubs, die in den letzten zehn, 20 Jahren die Marktverhältnisse aus dem Gleichgewicht gebracht haben. Nur ein Beispiel: Real Madrid hat seit 2010 1,39 Milliarden Euro ausgegeben und ein Transfer-Saldo von -365 Millionen. Das ist viel Geld, aber: Sechs Vereine gaben noch viel mehr aus (Chelsea sogar 2,3 Mrd.) und noch beeindruckender: 15 (!) Vereine haben einen schlechteren Saldo, angeführt von ManUnited (-1,3 Mrd.) und ManCity (-1,2 Mrd.). Und jetzt ratet mal, welcher Klub in diesen 13 Jahren elf Mal im Champions-League-Halbfinale stand und den Wettbewerb obendrein noch fünf Mal gewonnen hat…

Real Madrid hat einiges richtig gemacht und auch Jude Bellingham kann man zu seiner Entscheidung nur gratulieren. Die Königlichen sind nicht nur wirtschaftlich stabil, auch sportlich ist das Wort „Umbruch“ gar nicht so präsent und brisant, wie manche denken. Das zeigt allein ein Blick aufs Mittelfeld, denn Bellingham (19), Eduardo Camavinga (20), Aurélien Tchouaméni (23) und Federico Valverde (24) können alle noch ein Jahr von Luka Modrić (37) und Toni Kroos (33) lernen. Nicht nur auf den Transfer von Bellingham – für heutige Verhältnisse stellen 103 Millionen Euro auch noch einen vernünftigen Rahmen dar – kann die Fußballwelt neidisch, sein auch auf dieses Mittelfeld der Zukunft und auf diesen fließenden Übergang bei den Königlichen, wo die letzten Jahre schon die eine oder andere Legende durch ein großes Talent ersetzt wurde.
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