
Real Madrid: Ancelotti legt den Grundstein des Scheiterns
Carlo Ancelotti ist so ein Trainer, der Journalisten bei Pressekonferenzen penibel schon dann eine Antwort gibt, wenn sie ihn gerade mal mit einem „Hallo, wie geht‘s?“ begrüßen und erst danach ihre Fragen stellen. Das war auch am Donnerstagabend kurz vor Mitternacht so. Und er meinte dann doch tatsächlich, es gehe ihm „gut“.
Diesen Eindruck hinterließ er bei der knapp achtminütigen Medienrunde allerdings nicht wirklich. Kein Wunder, denn keine halbe Stunde zuvor war er mit Real Madrid im Viertelfinale der Copa del Rey an Athletic nach einem Gegentor in der 89. Minute gescheitert. Dieses empfindliche 0:1 in Bilbao hatte für die Königlichen im Pokal-Wettbewerb das nunmehr schon achte vorzeitige Ausscheiden in Serie zur Folge – und allerlei Kritik für Ancelotti.
Kritik, die berechtigt ist. Allen voran der Italiener ist es, der sich diesen K.o. in der Copa ankreiden muss. Mit seinen personellen Entscheidungen für die natürlich schwierige Herausforderung im San Mamés hat er den Grundstein des Scheiterns gelegt.
Real Madrid: Vinícius hatte nichts in der Startelf verloren
Da wäre die Personalie Vinícius Júnior. Der Brasilianer hatte am Mittwoch in den frühen Morgenstunden im 8.000 Kilometer entfernten Belo Horizonte noch 60 Minuten lang für die brasilianische Nationalmannschaft gespielt, war dann pünktlich zum Abschlusstraining wieder in Madrid, lief dort nur seine Runden.
Vinícius dann nur 42 Stunden nach seiner Auswechslung bei der „Seleção“ gleich von Anfang an einzusetzen, war fatal. „Ancelotti, mit Vini hast du dich geirrt“, urteilt auch die Sportzeitung MARCA. Dass beide Teams in diesem K.o.-Duell erwartungsgemäß gerade in der ersten Halbzeit keinerlei Risiken eingehen und auch Bilbao auf eine sichere Abwehr bedacht sein wird, war doch vorhersehbar. Die Ausbeute von Vinícius: null Schüsse, null Torschüsse, mit 35 Ballkontakten die wenigsten aller Startelfspieler, mit 21 Pässen die wenigsten aller Startelfspieler. Ernüchternd. Wozu dieser Startelf-Einsatz?
Vinícius hätte dann kommen müssen, als er ging
Mit seinem Tempo und Dribbling hätte er Real im zweiten Durchgang gegen ein allmählich etwas nachlassenderes Athletic als Joker mehr genützt. Auch wenn Großchancen letztlich absolute Mangelware waren, befand sich Real nach dem Seitenwechsel vergleichsweise häufiger in der gegnerischen Hälfte.
Genau zu dem Zeitpunkt, als Ancelotti Vinícius auswechselte – in der 60. Minute für den längst kaum brauchbaren Isco –, hätte er ihn eigentlich einwechseln müssen. Für einen Eden Hazard beispielsweise. Der Belgier schmorte abermals abseits des Spielfelds, in der zweiten Hälfte war plötzlich zu sehen, wie er auf der Bank sitzt, sich nicht einmal aufwärmt. Genauso wie Gareth Bale, genauso wie Luka Jović. Beim Stand von 0:0. Geht es hier überhaupt um ein Weiterkommen oder was ist los?
Asensio als Stoßstürmer: Ein fürchterliches Experiment
Stichwort Jović. Noch schlimmer: Dieser Plan mit Marco Asensio als Stoßstürmer, obwohl der Serbe einsatzbereit war. Er ging überhaupt nicht auf. Bereits nach etwas mehr als einer halben Stunde sah Ancelotti das ein, beorderte stattdessen Rodrygo Goes von der rechten Seite in die Mitte. Den Angreifer, der auf erst zwei Saisontore kommt. Mit seinen 21 Jahren genießt er noch Welpenschutz, dennoch sind seine Zahlen enttäuschend.
Klar, ein Trainer kann und darf sich bei der Wahl der Startformation auch mal täuschen. Ancelotti zeigte in Bilbao aber keine Qualitäten im vielzitierten In-Game-Coaching. Warum mit Jović nicht einen richtigen Mittelstürmer einwechseln? Zur zweiten Halbzeit? Nach einer Stunde? Wenigstens versuchen muss man es. Denn stattdessen: Real arbeitet sich ein ums andere Mal in die gegnerische Hälfte hervor, kommt über die Außen – und dann? Niemand steht in der Mitte. Wie will man mit so einem Matchplan gewinnen?
Dieses Viertelfinale hat gezeigt: So funktioniert es einfach nicht. Zwei direkte Torschüsse in 90 Minuten sprechen Bände. Ancelotti ist ein großartiger Coach, aber diesmal hat er brutal versagt. Da passt es irgendwie ins Bild, das er aktuell keine gültige Trainerlizenz besitzt…
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