Reportage

Kroos „der Beste bei Real“: Soll noch einer sagen, er sei ein Dieseltraktor

Real Madrid fährt gegen Athletic Club seinen vierten Erfolg in Serie ein – und erzielt damit zugleich die längste Siegesserie in der bisherigen Saison. Einen maßgeblichen Anteil an dem Lauf der Königlichen hat der stark aufgelegte Toni Kroos, der in dem Duell mit den Basken erstmals in dieser Spielzeit trifft. Selbst der Mann gerät ins Schwärmen, der ihn einst noch als Dieseltraktor abwertete.

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Toni Kroos
Kroos brachte Real gegen Athletic auf die Siegerstraße – Foto: imago images / ZUMA Wire

Einfach mal „luppen“? Nicht auf dem Rasen

MADRID. Sein Großvater predigt ihm immer wieder, er solle doch einfach mal „luppen“, also versuchen, das runde Leder per Heber in die Maschen zu befördern. Ihm sei nämlich aufgefallen, dass der eine oder andere Torwart etwas zu weit von der Torlinie weg positioniert sei. Daher könne man Keeper häufiger auf diese kunstvolle Art überlisten.

Ein gut gemeinter Appell, an den sich Toni Kroos aber bloß dann erinnert, wenn er mit seinem Bruder Felix nach einem passenden Namen für den gemeinsamen Podcast sucht. Auf dem Platz wählt der Mittelfeldstratege für gewöhnlich die platzierte Variante mit genug Wucht, wenn er einen Schuss auf das gegnerische Tor absetzt.

Kroos konstant gut – und mit erstem Saisontor

So auch am Dienstagabend, als Kroos gegen Athletic Club mit einem Versuch sogar erfolgreich war und Real Madrid in der ersten Minute der Nachspielzeit der ersten Halbzeit in Führung brachte – nicht jedoch per Innenseite, mit der er die Königlichen in seinen inzwischen über sechs Jahren so oft jubeln ließ, sondern mit einem Vollspannschuss aus zentraler Position vor dem Strafraum der Basken. Auch so kann er es.

Sein 20. Treffer im 295. Einsatz als Profi des weißen Balletts war zugleich sein erstes persönliches Erfolgserlebnis in dieser Saison. Dass das vor wenigen Wochen noch so stark kriselnde und leistungsschwankende Team von Zinédine Zidane sich gefangen und die letzten vier Pflichtspiele gegen den FC Sevilla (1:0), Borussia Mönchengladbach (2:0), Atlético (2:0) und Athletic (3:1) allesamt für sich entschieden hat, ist auch dem Deutschen, der Anfang Januar 31 Jahre alt wird, mit dessen Spielverständnis, Übersicht und Sicherheit am Ball zu verdanken. Von REAL TOTAL erhielt Kroos die Noten 2,5, 2, 1,5 und 2.

Die gewohnten Top-Statistiken

Tritt Real freiwillig oder gezwungenermaßen ohne Casemiro in einem 4-2-3-1 an, lässt sich die Nummer 8 als Teil der Doppelsechs auf einer zentraleren Position häufiger fallen als gewohnt und übernimmt dadurch im Spielaufbau noch mehr Verantwortung. Seine brillanten Leistungen stehen und fallen allerdings nicht mit der Frage, wo genau Kroos denn nun zum Einsatz kommt. Sowohl in der Mitte als auch im halblinken Mittelfeld liefert er momentan konstant ab. Im Madrid-Derby brachte er es etwa auf 109 Ballkontakte, zwölf von zwölf angekommene lange Zuspiele, eine erfolgreiche Passquote von 96,7 Prozent und – nicht zu vergessen – die Vorlage zum 1:0 von Casemiro.

Drei Tage später netzte er dann gegen Athletic selbst ein, in der ersten Halbzeit sorgte der gebürtige Greifswalder zudem mit 53 von 55 angekommenen Pässen für den Top-Wert.

Von Schuster wird Kroos jetzt gelobt

Da soll noch einer sagen, dieser Spielgestalter sei ein Auslaufmodell, ein Dieseltraktor, als den Bernd Schuster ihn Anfang März 2019 noch bezeichnet hatte. „Er trabt nur vor sich her und macht nichts“, so dessen damalige Kritik. Selbst jener Schuster ist jetzt aber voll des Lobes. „Kroos ist in den letzten Spielen der Beste von Real Madrid gewesen. Körperlich ist er auch in einer sehr guten Verfassung“, meinte der Meister-Trainer der Blancos von 2008 nach dem siegreichen Kräftemessen mit Athletic bei dem Radiosender ONDA CERO.

Acht Partien hat Kroos nun schon nacheinander von Anfang an bestritten, sieben davon sogar über die kompletten 90 Minuten absolviert. Auch wenn mit Ferland Mendy, Luka Modrić, Karim Benzema und Raphaël Varane vier Feldspieler in der bisherigen Saison noch länger auf dem Feld gestanden haben, kann Kroos nach wie vor von sich behaupten, bei Real ein Leistungsträger und Dauerbrenner zu sein. Genau so mag er es auch. „Er will immer spielen“, pflegt Zidane über den Taktgeber zu sagen.

Und der französische Chefcoach lässt ihn – aus gutem Grund. Mit den Worten „De puta madre“ beschrieb er die aktuellen Auftritte von Kroos und dessen Mittelfeld-Partner Modrić nach der Begegnung mit Atlético huldigend. Auf Spanisch heißt das sinngemäß: supergeil, verdammt gut. Das wird wohl auch Opa Heinz so sehen…

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Da ist definitiv was dran. Kroos und Modric lassen alte Zeiten aufblühen. Dazu Benzema beinahe sträker denn je und auch Dani Carvajal. Hoffentlich bleibt die gute Form so lange bis auch ein adäquater Ersatz bereit steht. (Odegard? Valverde... sicherlich)
 
Mir wird jetzt schon wieder ein wenig zu viel gejubelt.
Das System funktioniert noch immer nicht gut, es wird wenig rotiert und Tore schießen ist noch immer ein Zufallsprodukt. Vini hat einfach nicht die Klasse für Real. Unglaublich was er für einen Abschluss hat.
Die Abwehr sieht jetzt jedoch wieder besser aus. Kroos auf der 6 ist mMn eine gute Option. Casemiro ist in letzter Zeit unglaublich schwach bei pressingstarke Gegner. Klar ein Zweikampfmonster aber die Schwächen sind schon oft sehr eklatant. Da erinnert Kroos ab und zu viel mehr an Alonso.
 
Der Schuster hat sich schon lange selbst ins Abseits gestellt
 
Mir wird jetzt schon wieder ein wenig zu viel gejubelt.
Das System funktioniert noch immer nicht gut, es wird wenig rotiert und Tore schießen ist noch immer ein Zufallsprodukt. Vini hat einfach nicht die Klasse für Real. Unglaublich was er für einen Abschluss hat.
Die Abwehr sieht jetzt jedoch wieder besser aus. Kroos auf der 6 ist mMn eine gute Option. Casemiro ist in letzter Zeit unglaublich schwach bei pressingstarke Gegner. Klar ein Zweikampfmonster aber die Schwächen sind schon oft sehr eklatant. Da erinnert Kroos ab und zu viel mehr an Alonso.

Casemiro ist schwach gegen pressende Gegner?
Nenn mir doch mal bitte einen Gegner, der gepresst hat und dessen Druck unser Sechser nicht aushielt?

Es gab von ihm schwache Spiele (wie vom gesamten Team), aber ihm da eine generelle Schwäche zu unterstellen, geht mir zu weit.
Für die 6 liefert mir Toni zu wenig körperliche Präsenz und Explosivität, weshalb ich weiterhin nicht verstehe, warum wir keinen Ersatz für Case haben. So ein Zerstörer darf gut und gern aus der Castilla kommen, aber die haben selbst kaum zentrale Mittelfeldspieler an Board.

Der Abschluss von Vini ist natürlich tatsächlich eine Katastrophe. Der müsste mit Zidane und einem Hüter paar Nachtschichten einlegen. Jedoch tut ihm die Spielpraxis gut und das ist bei ihm mit seinen 20 Lenzen alles eine kontinuierliche Entwicklung.
 
Also bei allen Respekt vor Kroos ich muss schon sagen die Kritik der letzten Wochen und Monaten waren schon mehr als berechtigt. Was er zum teil an Leistung hier und auch in der Nationalmannschaft gezeigt hat glich einer Arbeitsverweigerung.

Und zu den Noten sag ich nur so viel das Kroos hier besser und großzügiger benotet wird als jeder andere Spieler von real ist auch nichts neues.
 

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