
Real im Rausch, Chancen im Minutentakt
MADRID. Fußball in seiner reinsten Form! Real Madrid wurde den Ansprüchen und Erwartungen an dieses Giganten-Duell gerecht. Die Soldaten des Kriegsherrn José Mourinho lieferten ein Spektakel ab, das – zumindest in der laufenden Spielzeit – seinesgleichen sucht. Manchester United musste mehr Einschläge hinnehmen als Rocky in seinen Filmen – doch so tapfer wie der italienische Hengst schlug sich irgendwie auch das englische, trojanische Pferd. Gekleidet als angsteinflößendes, prunkvolles Offensiv-Bollwerk entpuppten sich die Briten als selber ängstliche und viel zu scheue Herde. Dennoch: Sie brachten es zu einem 1:1, nicht mal United selbst wird wissen, wie. Doch die Geschichte des Abends schrieb vermutlich Mourinhos bestes Pferd im Stall: Cristiano Ronaldo! Der verlorene Sohn, Klub-Legende auf beiden Seiten.
Aber der Reihe nach: Madrid in Halbzeit eins im Rausch, im Blutrausch! Wie vom Dreizack des Teufels auf dem United-Emblem gestochen, fausteten die Königlichen von Beginn an die Gäste in die eigene Hälfte. Getreu dem Marschbefehl „volle Kraft voraus“ erlebte das gleichermaßen galaktisch aufgelegte Bernabéu ein wahres Trommelfeuer zum Beginn: erst vergab Sami Khedira, dann Ángel Di María nach einem netten Solo und nachdem Coentrãos abgefälschter Schuss an den Innenpfosten die Linie lang hoppelte, bekamen die „Red Devils“ so ein Gefühl, wie ihnen in den kommenden 84 Minuten geschehen sollte. Bei diesen drei Chancen zeigte sich auch direkt die Passivität der Engländer – speziell zentral vor dem Strafraum konnte Di María seine Bahnen ziehen, Mesut Özil seine Pirouetten und Finten schlagen. Die Merengues spielten sich in eine Überzahl-Flutwelle, der die Gäste nur mit Mühe standhalten konnten – kein Ball wurde aufgegeben, jeder bot sich an, eine mannschaftliche Meisterleistung!
Meisterlich in der Effektivität sollte sich jedoch der Tabellenführer der Premier League präsentieren. Als nach den ersten sechs, sieben Chancen der Blancos immernoch die Null auf der Anzeigetafel stand, nickte Danny Welbeck in der 20. Minute eine Rooney-Ecke zum 0:1. Schulbuchmäßig und im Rückwärtsgang ließ der 22-Jährige seinen Bewacher Sergio Ramos nicht zum Kopfball hochsteigen und schraubte sich selbst zur (natürlich) unverdienten Führung hoch. Real geschockt! Aber nicht lange: Di Marías Flamme breitete sich Aktion um Aktion weiter aus, die Schüsse wurden immer gefährlicher. Ronaldo orientierte sich mehr und mehr in die Mitte und kam dadurch besser ins Spiel. Seine erste große Chance: ein Nachschuss nach einem Freistoß, den er direkt, mit Wucht und mit links knapp am kurzen Pfosten vorbei donnern ließ. Doch sein Moment sollte kommen – Minute 29, Hollywood-Nachwuchs-Schreiberlinge haben ganze Arbeit geleistet. Eigentlich fehlte nur Marcelo, dann hätte man von der Herleitung und den Emotionen danach das gleiche Tor, wie im Finale der Copa del Rey 2011 gegen Barcelona. So schlug Di María eben ohne nennenswertes Zutun die hohe Flanke in den Strafraum, in dem Madrids Torjäger noch höher stieg, gefühlte drei Meter über dem gottesfürchtigen und überraschend bodenständigen Patrice Evra, und prächtig einköpfte – David De Gea ohne Chance.
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Der Torjubel des Portugiesen gegen dessen Ex-Klub blieb aus, das Power-Play der Offensiv-Monster jedoch nicht. Aber Özil scheiterte aus spitzem Winkel am United-Schlussmann, dann entschied der gute Schiedsrichter Dr. Felix Brych bei einem britischen Zweikampf im Strafraum nicht auf Elfmeter für Madrids besten Di María und dann vergab Ronaldo noch doppelt – erst per Fuß, dann nach Coentrão-Flanke per Kopf. Zeit für Pause, die hatten sich die Jungs redlich verdient – und die Zuschauer auch. Im Minutentakt feuerten die Hausherren ihre Munition ab, die Rothemden kamen wenn, dann nur über ihren besten, Danny Welbeck, aus der Deckung raus.
28:13 Schüsse, aber trotz totaler Überlegenheit nur 1:1
In der zweiten Hälfte ließ „the Special One“ sein Team kontrollierter aufspielen, nicht mehr so überschäumend wie noch zuvor – zu hoch war das Risiko durch Konter, Robin Van Persie sollte seine Momente noch bekommen… In diesen zweiten 45 Minuten wollte es Flügelflitzer Di María weiter wissen, doch auch seine Schüsse drei und vier sollten nicht den Weg in den wohl behüteten De-Gea-Kasten finden. Sein Tank war irgendwann leer, Mourinho brachte Luka Modric sowie Pepe und Gonzalo Higuaín für den angeschlagenen Xabi Alonso und den eher unauffälligen Karim Benzema. Bestechend: Der Argentinier orientierte sich direkt auf den Flügel, Ronaldo sollte als Mittelstürmer die Tore machen! Er kam auch noch zu einigen Chancen, doch die Freistöße senkten sich aufs Dach, die Hereingaben wurden gerade noch so abgewehrt – United kämpfte! Doch United tat noch mehr: gefährlich kontern! Van Persie sollte nach einer Stunde erst die Latte treffen und kurz darauf musste Alonso in höchster Not von der Linie klären.
Insgesamt hätten sich die Königlichen jedoch einen Sieg verdient – sie taten schlichtweg mehr für den Erfolg. Mesut Özil verlor gefühlt keinen Zweikampf, war durch seine Finten und Drehungen unberechenbar für Freund und Feind. Er und Khedira waren nach Schlusspfiff sowohl die passsichersten als auch die lauffreudigsten auf dem Rasen! Unzählige Torchancen bereitete Madrids Spielmacher vor, insgesamt gaben die Merengues 28 Schüsse ab (United „nur“ 13) aber nur die Hälfte sollte auf den Kasten gehen und bekanntermaßen nur ein einziges hinein. Auch Raphaël Varane hatte heute seine Clásico-Unterhose von vor zwei Wochen an. Ebenfalls bemerkenswert: Trotz einem Foul-Verhältnis von 14:12, sahen nur die „Red Devils“ drei Gelbe Karten (ohne Auswirkungen aufs Rückspiel). Kurzum: Real Madrid lieferte eine seiner besten Saisonleistungen ab. Jedoch ohne Erfolg. Nun fährt man am 5. März zum nicht weniger packenden Rückspiel im Achtelfinale im Old Trafford – wie schon heute wird man dann „das wichtigste Spiel des Jahres“ voraussagen, und hoffentlich wird es dann erneut das beste des Jahres! HALA MADRID!
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