Einzelkritik

Noten zum Chelsea-Rückspiel: Camavinga bosshaft, Mendy schludrig

Was für eine Nervenschlacht! Real Madrid hat das Rückspiel des Champions-League-Viertelfinal-Duells mit dem FC Chelsea am Dienstagabend zwar mit 2:3 nach Verlängerung verloren. Im Halbfinale stehen die Merengues dennoch. Während die Defensive um Ferland Mendy mit Ausnahme von Daniel Carvajal keinen guten Abend erwischten, brillierte Luka Modrić im Real-Mittelfeld. Torjäger Karim Benzema traf zudem erneut entscheidend, während Joker Rodrygo die Königlichen in der regulären Spielzeit am Leben hielt.

619
Camavinga, Mendy
Während Camavinga das Spiel entscheidend beeinflusst, steht Mendy teilweise neben sich Fotos: IMAGO

Startelf

Thibaut Courtois

Schwieriger Abend für den Belgier! Phasenweise nicht wirklich gut von seinen Vorderleuten geschützt, sah sich der Weltklasse-Torhüter etlichen Chelsea-Abschlüssen gegenüber. Während der 29-Jährige bei allen drei Gegentoren völlig machtlos war, bewahrte er die Hausherren in der 78. Spielminute mit einer Monster-Parade nach Kai Havertz’ Kopfball vor dem Knockout. War noch bei weiteren Gäste-Chancen zur Stelle und ließ mit seinem Abkappen hinter dem Standbein gegen Havertz (110.) die Knie so manches Real-Fans weich werden. Trotz seiner leichten Unsicherheit nach Wiederbeginn, als der 1,99-Meter-Mann einen Abschluss von Timo Werner in dem Bestreben, eine Ecke zu vermeiden, unglücklich nach vorne abwehrte, gute Leistung! REAL TOTAL-Note: 2.

Daniel Carvajal

Auch wenn das auf den ersten Blick komisch scheinen mag, so war der Spanier an diesem Abend Reals bester Innenverteidiger! Nach einem aktiven Beginn mit der richtigen Balance aus guter Defensivleistung und Dynamik nach vorne, konnte der 30-Jährige das Niveau auch in Reals Schwächephase nach gut einer Stunde halten. Mit guten Bällen auf Benzema (53.) und Valverde (61.) initiierte er auch weiterhin gute Offensivaktionen. Nachdem Nacho verletzungsbedingt ausgewechselt werden musste, übernahm der mit 1,73 Meter Körpergröße für Innenverteidiger-Verhältnisse eher kleine Carvajal die Position im Abwehrzentrum. Kurioserweise überzeugte der gelernte Außenverteidiger dabei mit starker Antizipation, vielen guten Defensivzweikämpfen (100., 108.) und einer ruhigen Ausstrahlung, wenngleich die Körpergröße in den Luftduellen ein offensichtlicher Faktor war. Gute Leistung in einem schwierigen Spiel. REAL TOTAL-Note: 2.

Nacho Fernández (bis zur 87. Spielminute)

Der Routinier startete an der Seite von Alaba souverän in die Partie, verlor mit zunehmender Spielzeit aber immer mehr seine Linie. Beispielhaft ist dabei das 0:3, als Nacho seinen Raum im Abwehrzentrum nicht besetzte und somit seine Aktien am zwischenzeitlichen K.O. hatte. Lieferte bis zu seiner Auswechslung jedoch auch einige gute Szenen, sodass der 32-Jährige sicherlich nicht der Sündenbock bei einem etwaigen Ausscheiden gewesen wäre. REAL TOTAL-Note: 4,5.

David Alaba

Ohne seinen angestammten Nebenmann Militão wirkte der Österreicher an diesem Abend weniger souverän. Nach einer guten Anfangsphase, in der er mit einem guten Nach-vorne-Verteidigen (8.) und einem starken Tackling (12.) Präsenz zeigte, schlichen sich zahlreiche (kleine) Fehler in das Spiel des Ex-Bayers ein. Neben kleineren Stellungsfehlern wirkte seine Positionierung vor dem 0:2 nicht optimal. Wie für das gesamte Team, so ist auch der Linksfuß gerade noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. REAL TOTAL-Note: 4,5.

Ferland Mendy (bis zur 78. Spielminute)

Analog zu seinen Nebenleuten startete auch der Linksverteidiger souverän und mit viel Ruhe am Ball in die Partie. Mit fortlaufender Spielzeit leistete sich auch der Linksverteidiger mitunter haarsträubende Fehler. So reihte der Franzose technische Fehler, unglückliche Entscheidungen und einige Fehlpässe (trotz einer knapp 90-prozentigen Passquote) aneinander. Sein Ballverlust vor dem zurückgenommenen 0:3 (62.) war der unrühmliche Höhepunkt einer schwachen Leistung. Folgerichtig musste der Linksverteidiger kurze Zeit später für Marcelo weichen. REAL TOTAL-Note: 5.

Zusammenfassung | Alle Videos

Real Madrid Chelsea

Highlights Real 2:3 Chelsea

Real Madrid produzierte im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League Spannung und machte erst... weiterlesen

Toni Kroos (bis zur 73. Spielminute)

Auch wenn der deutsche Ex-Nationalspieler erneut mit der gewohnten Ballsicherheit und einigen das Chelsea-Pressing aushebelnden Pässen positiv auffiel, konnte er keine entscheidenden Akzente im Spiel nach vorne setzen. Sein Freistoß nach knapp einer Stunde, der allerdings kein großes Problem für Chelsea-Keeper Mendy darstellte, sollte die einzige nennenswerte Toraktion bleiben. Als Real dem Aus nah war und Ancelotti die einfallslose Statik des Real-Spiels ändern musste, wich der 32-Jährige offensichtlich unzufrieden für Eduardo Camavinga. REAL TOTAL-Note: 3,5.

Casemiro (bis zur 78. Spielminute)

Grundsätzlich keine schlechte, aber eben trotzdem nur eine ausreichende Leistung des Abräumers. So gelang es dem 30-Jährigen trotz einer defensiv soliden Leistung nicht, den Druck von der Königlichen Viererkette zu nehmen. Zu selten gelangen ihm gute Ballgewinne, wie kurz nach dem Seitenwechsel (47.). Zu oft konnte der Brasilianer die Ballzirkulationen der „Blues“ nicht entscheidend stören. Um die Statik des Spiels noch einmal zu verändern, musste „Case“ nach dem 0:3 für Rodrygo weichen. REAL TOTAL-Note: 4.

Luka Modrić

Es gibt derzeit wohl keinen Spieler im Weltfußball, der einen Pass derartig schön malen kann wie der Kroate. Vor Rodrgyos überlebenswichtigen Treffer zum 1:3 fasste sich der 36-Jährige ein Herz und servierte das Leder per Außenrist (!) punktgenau auf den zweiten Pfosten, wo Rodrygo nur noch einschieben musste. Und auch darüber hinaus lieferte der Vize-Weltmeister von 2018 eine optimale Mischung aus fußballerischer Finesse, starken Balleroberungen (60., 61. 80.), eigenen Torabschlüssen (87.) und Leaderfähigkeiten. Dass der „Abuelo“ in Minute 121 nochmals einen energischen Defensivzweikampf führte, unterstreicht, dass Alter eben manchmal relativ ist. ¡Otra vez increíble, crack! REAL TOTAL-Note: 1,5.

Federico Valverde

Auch wenn der Uruguayer spielerisch nicht die feinste Klinge auf den Platz bringt, gab er dem Spiel der Königlichen ein weiteres Mal enorm viel Energie und Dynamik. Mit seiner Physis und Dynamik provozierte er immer wieder Ballverluste aufseiten der Gäste und riss Löcher in die Londoner Defensive. Seine auffälligste Offensivszene hatte der 23-Jährige in Minute 61, als er per Direktabnahme knapp verzog. Dass Ancelotti den Mittelfeldmotor nicht auswechselte, impliziert, wie stark „Fede“ seinen Wert für das Mannschaftskonstrukt in den vergangenen Wochen steigern konnte. REAL TOTAL-Note: 2.

Karim Benzema

Bis in die Verlängerung hatte es den Anschein, als würde es nicht der Abend des Karim Benzemas werden. So wurde der Franzose kaum in Szene gesetzt – und wenn er dann doch einmal zum Abschluss kam, gestaltete er diesen entweder nicht sauber (23.) oder scheiterte am Querbalken (66.). 61 Ballaktionen und drei Key-Pässe unterstreichen, dass sich der Torjäger als agilster Angreifer immer wieder gezeigt hat. Folgerichtig war es der Mittelstürmer höchstpersönlich, der die Merengues nach einer Vinícius-Flanke in der 96. Spielminute ins Halbfinale köpfte. REAL TOTAL-Note: 2.

Vinícius Júnior (bis zur 115. Spielminute)

Ein zugegebenermaßen schwierig einzuordnender, da ambivalenter Auftritt des Flügelspielers. Einigen herrlichen Dribblings oder Bewegungen standen viel zu leichte Ballverluste gegenüber. Für den Brasilianer sprach in dieser wichtigen Königsklassen-Nacht jedoch, dass er immer wieder mutig die Eins-gegen-Eins-Situationen gesucht hat. Mit seiner Hereingabe auf Benzema ebnete er den Blancos zudem den Einzug ins Semifinale. REAL TOTAL-Note: 2.

Einwechselspieler

Eduardo Camavinga (ab der 73. Spielminute)

Dass ein 19-Jähriger beim Stand von 0:2 (und kurze Zeit später 0:3) als Einwechselspieler mit derartig viel Ruhe, Selbstvertrauen und Qualität das Mittelfeldzentrum in einem Champions-League-Viertelfinale übernimmt, ist so im Weltfußball sicherlich noch nicht allzu oft vorgekommen. Gegen die „Blues“ hat der Youngster nicht nur mit Präsenz, sondern auch mit starken Ballgewinnen und dem damit verbundenen Pre-Assist zum 2:3 überzeugt, sondern zudem auch eine starke Entscheidungsfindung an den Tag gelegt. So verhinderte der Franzose mit seinem taktischen Foul in der Nachspielzeit den möglichen Knockout. Belle perfomance! REAL TOTAL-Note: 1,5.

Rodrygo Goes (ab der 78. Spielminute)

Er kam, sah und traf! Nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung verwertete der Brasilianer Luka Modrićs Traum-Hereingabe eiskalt zum 1:3 und hauchte den Königlichen somit neues Leben ein. Darüber hinaus kämpferisch stark, aber ohne weitere Top-Chance. REAL TOTAL-Note: 2.

Marcelo (ab der 78. Spielminute)

Kam für den schwachen Mendy und fügte sich als Linksverteidiger ordentlich ein, wenngleich der Brasilianer das Tempo vergangener Tage vermissen lässt. Anders als der verunsicherte Franzose unterliefen dem Routinier jedoch keine gefährlichen Ballverluste. REAL TOTAL-Note: 3,5.

Lucas Vázquez (ab der 87. Spielminute)

Für den verletzten Nacho eingewechselt, war der Außenverteidiger sofort voll in der Partie. So präsentierte sich der Galicier immer anspielbar (33 Ballaktionen), brachte Willen und Mentalität in die Partie und löste seine Aufgabe in der wackelnden Viererkette auch defensiv ordentlich. REAL TOTAL-Note: 2,5.

Daniel Ceballos (ab der 115. Spielminute)

Dass Ancelotti den oftmals nicht berücksichtigten Spanier kurz vor Schluss in die Partie warf, könnte ein Indiz für dessen Aufstieg innerhalb der Teamhierarchie sein. Zwar hatte Ceballos nur zwei Ballaktionen. Im Spiel gegen den Ball brachte der 25-Jährige allerdings noch einmal jede Menge Energie mit. Ohne Bewertung.

3. Halbzeit | Alle Videos

3. Halbzeit: Vinícius zu überheblich

Nils Kern meckert! Er ist alles andere als zufrieden mit Real Madrids Weiterkommen, erst recht... weiterlesen

Trainer

Carlo Ancelotti

Auf den ersten Blick ist das Durchatmen innerhalb des Madridismos sicherlich groß. Bei genauerem Hinschauen scheint es jedoch kritikwürdig, dass der Italiener den im Kontext des Hinspiels sicherlich sehr sinnvollen Matchplan für das Rückspiel lediglich kopiert zu haben scheint. Spätestens die erste Viertelstunde hätte dem Weltklasse-Coach zeigen müssen, dass Chelsea seine Herangehensweise im Vergleich zum Duell an der Stamford Bridge sowohl in puncto Formation und Raumbesetzung als auch in puncto bevorzugte Angriffsmuster merklich verändert hatte. REAL TOTAL-Note: 4.

Jetzt bestellen: Real Madrid-Fanartikel im Adidas-Onlineshop

0.00 avg. rating (0% score) - 0 votes
Kommentare
Ich würde Mendy ja gerne mal als IV sehen. Glaube, dass er dort seine Stärken viel besser ausspielen könnte und nicht so die Notwendigkeit bestehen würde, im letzten Drittel Aktionen zu bestreiten. Wäre zwar ein kleiner IV, aber robust und schnell.

Ja da bin ich auch für am besten ihn und David tauschen alaba ist offensiv deutlich besser als mendy wobei ich wenn er iv noch mehr Panik bekomme wenn er den Ball hat

David ist auf LV mMn verschenkt, seine Fähigkeiten im Spielaufbau zu wichtig.

Man hat aber gesehen, dass ihm ein körperlich starker IV-Partner gut tut. Außerdem halte ich es auch hier für gefährlich, keine interne Konkurrenz zu haben, gerade wo sich bei seinem Spiel immer wieder Fehler einschleichen. Diese Fühlfühloase ist Gift!

Alaba auf links macht in meinen Augen also nur Sinn, wenn man einen gleichwertigen IV holt.

Was Mendy braucht ist mMn erstens ebenfalls interne Konkurrenz und zweitens einen Trainer, der ihm beibringt, konzentriert zu bleiben. Verbessert er das Flankenspiel ebenfalls, sehe ich schon einen LV mit Stammplatzpotential. Halt kein Marcelo, sondern eher ein Typ Cafu (rein vom Spielstil)
 
Ich würde gern noch Marcelos Leistung gestern als Führungsspieler mit Erfahrung ansprechen, weil dass in der Benotung hier nicht passiert ist.

Er hat Vini bei seiner Auswechslung sofort gepackt und gesagt er soll gleich neben dem Tor raus als er sich mit Schiedsrichter und Chelsea Spieler anlegen wollte um Zeit zu schinden. Und auch sonst war er noch bei 1-2 anderen Rudelbildungen sofort da und hat alles beruhigt und sein Team auf dem Feld gemanaged. Ist mir persönlich bei ihm noch nie in der Form aufgefallen und fand ich wichtig gestern dass alle konzentriert bleiben und einen kühlen Kopf bewahren.
 
würd 2 neue innenverteidiger kaufen (rüdiger und nen jungen) und alaba nach links und mendy verkaufen. alaba kann auch von der seite einfluss auf den spielaufbau nehmen, wenn man gut genug ist, ist das kein problem (cancelo, trent, marcelo)
 
Kroos kommt zu schlecht und Modric zu gut weg. Modric Außenristpass sucht seinesgleichen und war mit spielentscheidend. Aber bis zur Auswechselung von Kroos war Kroos der beste aus dem Dreierverbund. Und bis dahin kam keiner an Valverdes Laufpensum und Arbeit für das Team heran.

Natürlich bin ich bei Carlo, dass Kroos für Cama weichen musste und auch Casemiro für Rodrygo. Erstmalig hat Carlo das gemacht, was ich mir direkt nach 60 Minuten schon gewünscht hätte. Nichtsdestotrotz war Modric mal abgesehen von seinem späten Asisst bis dahin schlechter als Kroos und Casemiro m.M.n. schlechter als beide.

Benzema hat ein Tor wieder geliefert und verdient seine 2. Aber auch er gehört kritisiert. Viel zu viele Konter hat er nicht gut rausgespielt oder sich bei den schnellen Kontern nicht die entscheidenden Positionen besetzt. Und er sollte Vinicius nicht nur darum bitten, jeden Ball zu ihm zu spielen. Vini hätte gestern locker 2-3 Male sein Tempo ausspielen können und den direkten Abschluss suchen müssen. Man merkt, dass er aber aus Respekt zu benzema immer ihn sucht und das geht bei fast jedem Konter nach hinten los, weil Benzema zu langsam nachrückt bzw. aufgrund des Alters nicht mehr so schnell nachrücken kann. Und auch hat Benzema viele Konter selbst vereitelt, weil er aufgrund seines mangelnden Tempos nicht die anderen Spieler direkt schicken wollte. Viele der aussichtsreichen Chancen, die Chelsea hatte, ergaben sie auch länge Steilpässe in die Schnittstelle. Davon hätten wir locker auch 6 Stück gestern haben können. Man vertraut aber dann einem Camavinga, Valverde, Vinicius den Sprint nicht an und spielt dann auf die andere Seite oder nach hinten. Finde ich schade. Da wäre an sich viel mehr drin gewesen. Aber es ist eben Aufgabe des Trainers und nicht die Benzemas, das den Spielern zu sagen und auch Benzema zu sagen.

Vinicius hatte mit James eine harte Nuss zu knacken und es dafür ziemlich gut gemacht. Mir gefallen aber Züge, die er aktuell annimmt nicht. Das ständige meckern, Schauspielern etc. kommt aktuell bei manchen Spielern viel zu häufig vor. Vor allem bei den Brasilianern...

Alaba und Nacho rücken viel zu häufig viel zu schnell aus ihrer Position. Das war mit ursächlich für die Tore. So einfach zu vermeidbare Fehler.
 
Zuletzt bearbeitet:

Verwandte Artikel

Noten zum 3. Spieltag: Carreras überragend, Mbappé unglücklich

Real Madrid ist in LaLiga weiter voll auf Kurs: Am Samstagabend drehten...

Noten zum 2. Spieltag: Vinícius polarisiert, Rodrygo bemüht

Nach 24 Jahren spielt Real Madrid erstmals wieder bei Real Oviedo und...

Noten zum 1. Spieltag: Mbappé kaltschnäuzig, Huijsen clever

Etwas mehr als ein Arbeitssieg, aber zu wenig für glanzvoll. Real Madrid...

Noten gegen Tirol: Mbappé treffsicher, Güler magisch

Generalprobe gelungen: Im letzten Testspiel vor Saisonbeginn besiegte Real Madrid den österreichischen...