
“Sonnenkönig” auf der Trainerbank
Was bisher geschah: “Zizou” kehrte im März zurück, als das Kind bereits in den Brunnen gefallen war. Zu holen gab es für den Rückkehrer nichts mehr, Schadensbegrenzung lautete die Devise. Dass er in einer misslichen Lage zurückkehrte, bedurfte sicherlich dem ein oder anderen Anreiz, welchen Florentino Pérez seinem Wunschtrainer schaffen musste. Allem voran war es wohl die absolutistische Macht am “königlichen Hofe”, der Concha Espina: Neben dem blinden Vertrauen gehörte unter anderem die freie Hand auf dem Transfermarkt zur “Krönung” des neuen-alten Trainers mit der klaren Mission, Europa napoleon’esk (zurück) zu erobern und Real wieder seinen alten Glanz zu verleihen.
Während frühere Monarchen Prestigebauten à la Schloss Versailles in Auftrag gaben, um ihren Status zu untermauern, wird in der Sportlandschaft anderweitig Geld investiert: in Spieler. Und die vorhandenen Mittel schöpfte Zidane soweit es möglich gewesen ist aus: Der Wechsel von Rodrygo war zwar unlängst in trockenen Tüchern, aber zusammen mit Luca Jović, Éder Militão, Ferland Mendy sowie Eden Hazard wurde eine Rekordsumme diesen Sommer in ein neues “stehendes Heer” für Zidane investiert.
Auffällig: In Form von Hazard und Mendy bekam Zidane zwei weitere Spieler, welche seine Sprache sprechen. Kurz vor Transferschluss brachte der Torhüter-Tausch um Keylor Navas mit Alphonse Areola den nächsten Franzosen unter Zidanes Fittiche. Ein Zufall?

Französische Revolution statt Umbruch?
Damit befinden sich nun vier Franzosen im königlichen Kader, welche von zwei Belgiern ergänzt werden. Wäre der Pogba-Transfer noch geglückt, hätte man gar sieben Spieler, welche Französisch sprechen – vor dem Sommer waren es nur drei.
Die spanischen Muttersprachler sind aber “natürlich” noch in der Überzahl: elf inklusive James Rodríguez (Kolumbien) und Federivo Valverde (Uruguay). Kurios auch: Gegen Paris (0:3) standen in Zidanes Startelf mehr Franzosen als Spanier und mehr als beim Gastgeber selbst. Die Ironie: In Tuchels Ensemble aus der französischen Metropole agierten neben zwei Brasilianern zudem fünf Akteure mit spanischer Muttersprache auf dem Feld. Der Unterschied: Paris entschied das Aufeinandertreffen für sich und behielt die Punkte – Real erhielt dafür neu entfachte Debatten um die Personalpolitik und die Frage keimte auf, ob die “Zidane’sche Monarchie” tatsächlich der richtige Weg sei.
“L’équipe, c’est moi”
Muss man Zidane nun vorwerfen, dass er sich mit der von Pérez legitimierten Macht im Stile des Sonnenkönigs eine “Streitkraft” aus Landsmännern aufbaut? Will er gar eine französische Dynastie einläuten? Französische Revolution statt Umbruch? Nein! Sprachlich bedingte Gruppenbildungen sind nicht auszumachen – auch wenn der Portugiesisch-Block zudem von drei auf fünf anwuchs – und der Übungsleiter selbst spricht so ausreichend Spanisch, dass er sich problemlos mit allen Akteuren verständigen kann und keineswegs Landsmänner benötigt, um die Kabine in den Griff zu bekommen.
Die Strahlkraft von Zidane war sogesehen auch ein Argument für Hazards Wechsel und Mendy tat sich sicher auch leichter, nicht nur zum größten Klub der Welt zu wechseln, sondern dort auch einen Trainer aufzufinden, der ihm die Kommunikation vereinfacht. Benzema und Varane befinden sich zudem schon lange im Kader und haben somit weniger mit der Personalie Zidane zu tun, auch wenn es der drei-fache Weltfußballer war, der Varanes Telefon 2011 klingeln ließ.
Und dennoch: Nach dem 1:0-Arbeitssieg in Sevilla muss “Zizou” weiter Ergebnisse liefern, sonst kommen neben den obligatorischen Diskussionen über die Transferpolitik eben auch triviale Debatten über die Sprache und Herkunft der Spieler. Solche Störfeuer sind nicht förderlich für die sportliche Darbietung des Teams.
Zidane durfte sich den ein oder anderen Wunschtransfer verwirklichen, jetzt wird es Zeit abzuliefern, sonst gibt es womöglich bald einen Franzosen weniger in Madrid und die Sprach-Debatte weicht einer anderen Polemik in der spanischen Hauptstadt. Soweit ist es allerdings noch nicht und der Blick in die Geschichtsbücher macht weiter Mut: Denn der wahre Sonnenkönig, Louis XIV., hinterließ trotz einiger Wiederstände ein mächtiges Frankreich, welches Europa beherrschte und prägen sollte – wie es nun auch vom “Monarchen Zidane” erhofft wird, sodass der weiter sagen könnte: “L’Équipe, c’est moi!” Die Mannschaft bin ich.
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