In Spanien ist es eigentlich üblich, dass eine Mannschaft in ihrem ersten Spiel nach einem Titelgewinn vom Gegner als anerkennende Geste einen „Pasillo“ erhält – unabhängig von der Bedeutung des jeweiligen Wettbewerbs. Zuletzt hatte Atlético im Mai 2022 die Möglichkeit dazu, als Real eine Woche nach der besiegelten Meisterschaft im Estadio Metropolitano gastierte. Das Team von Diego Simeone sah von einem Spalier ab und gab als Begründung an, die eigenen Fans im Stadion nicht verärgern, sondern respektieren zu wollen. Der Verein ordnete nichts anderes an, unterstützte die Entscheidung offensichtlich.
Kein „Pasillo“ für Real Madrid. pic.twitter.com/nRbdJj3l2b
— Adrian Kühnel (@adriankuehnel) May 8, 2022
Wiederum eine Woche nach dem LaLiga-Derby trat Real im Estadio Santiago Bernabéu gegen die UD Levante an – und erhielt nachträglich von einem anderen Team den Ehrenspalier. Gibt sich Atlético diesmal einen Ruck? Unwahrscheinlich, zumal es in der Primera División für Real auch 1990 und 1976 schon keinen gegeben hatte. Nachdem Medien am Dienstag von einem internen Entschluss, daran festzuhalten, berichtet hatten, bestätigte Simeone am Mittwoch in einer Presserunde: „Ich denke, die Ansicht verändert sich nicht. Es herrscht immer ein hoher Respekt vor dem Trainer und den Spielern, aber unsere Leute stehen immer darüber. Der Respekt vor ihnen steht an erster Stelle.“
2014 blieb der Atlético-Spalier nach dem Champions-League-Sieg bei der Supercopa, die damals noch zu Beginn einer neuen Saison stattfand, aus. Im „Décima“-Finale selbst hätten die Merengues dem frischgebackenen Meister Atlético den Respekt erweisen können. Für etwaige Gedanken schien dieses für Real erste Königsklassen-Endspiel seit zwölf Jahren aber eine viel zu große Bühne gewesen zu sein. Die Champions League, in der die UEFA das Sagen hat, koordiniert und organisiert, ist jedoch wohl auch ganz grundsätzlich nicht der Wettbewerb, um Nettigkeiten aus nationalen Gefilden auszutauschen.
Die Blancos haben es übrigens zuletzt im Mai 2018 abgelehnt, einem Titelträger Tribut zu zollen: Barça. Grund: Die Katalanen hätten es in jener Saison zuvor bei einem Clásico als erstem Spiel nach Reals Klub-WM-Sieg auch nicht getan. Sie beriefen sich darauf, ja selbst gar nicht an dem Turnier teilgenommen zu haben. Nach der 3:5-Pleite in Riad wird Atlético so nun jedenfalls nicht argumentieren können, wenn es wieder keinen „Pasillo“ gibt.
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