
Rüdiger über Real-Angebot: „Kann nicht erklären, was ich fühlte“
MADRID. Seit Sommer ist es Realität: Antonio Rüdiger spielt bei Real Madrid. „Ich dachte, Real Madrid wäre etwas, das mir nie passieren würde. Es hat nicht in meinen Kopf gepasst“, sagt der Innenverteidiger im Interview mit der spanischen Sportzeitung AS. Beim FC Chelsea lief es gut für ihn, „und wenn du endlich merkst, dass Real Madrid dich will, sagst du: Wow! Wenn man hierher kommt, ist plötzlich alles groß, alles ist spektakulär…“
Als er davon erfuhr, dass die Madrilenen ihn wollen, war er gerade mit seinem Bruder und Berater Sahr Senesie in London. „Er war derjenige, der es mir gesagt hat. Ich konnte es nicht glauben! Ich kann nicht einmal mehr erklären, was ich fühlte. Ich bekomme immer noch eine Gänsehaut“, so Rüdiger.
„Schien für mich etwas Unerreichbares zu sein“
In der spanischen Hauptstadt hat sich der 29-Jährige schnell zurechtgefunden. Es gehe laut ihm darum, sich anzupassen. Wichtig sei ihm vor allem, sich wohlzufühlen. „Ich habe Glück, meiner Familie gefällt es hier, meine Kleinen sind glücklich, in den Kindergarten zu gehen… Und wenn das der Fall ist, bin ich auch glücklich. Ansonsten fühle ich mich auch wohl mit dem Druck in diesem Verein, gewinnen zu müssen, das ist etwas, das zu mir passt“, erklärt der Defensivspieler.
Deshalb bereut er seine Entscheidung nicht, bei Real Madrid unterschrieben zu haben – obwohl auch der FC Barcelona ihm Avancen machte. Rüdiger verrät: „Sie haben bei mir angeklopft, das haben sie. Aber für mich kam das nicht infrage. Wie ich schon sagte, war Madrid für mich nicht einmal ein Traum, denn es schien etwas Unerreichbares zu sein… Wenn man sich die Namen ansieht, die hier gespielt haben: Zidane, Ronaldo, Cristiano… Um die Chance zu haben, mit Modrić, Kroos oder Benzema zu spielen…. Es war schwer, nein zu sagen.“
„War für mich normal, mich zu prügeln“
Den deutschen Nationalspieler haben die Königlichen bereits von klein auf fasziniert. „Meine erste Erinnerung ist das Tor, das Zidane im Finale gegen Bayer Leverkusen per Volleyschuss mit dem linken Fuß erzielte. Und ich erinnere mich, dass er nach zehn Minuten bereits stark schwitzte (lacht). Das ist ihm immer passiert. Zidane war unglaublich, sein Fußball war Kunst“, sagt er und fügt an: „Das war das Erste, was ich gesehen habe, ihn und Ronaldo, Roberto Carlos, Beckham, Raúl… So viele Stars in einer Mannschaft, und das ist es, was Madrid ausmacht. Und wenn man das Stadion sieht… Jetzt habe ich die Möglichkeit, daran teilzuhaben!“
Auf den Fußballplätzen des Berliner Stadtteils Neukölln eiferte Rüdiger damals seinen Idolen nach. „Es war eine sehr schwierige Gegend, in der viele Flüchtlinge lebten. Als ich klein war, war es für mich normal, mich zu prügeln oder auf der Straße zu kämpfen. Das war ganz normal. Schließlich überleben dort, wo ich herkomme, nur die Stärksten“, berichtet er. Dies habe ihn geprägt. Beherzt geht er zu Werke – wie gegen Shakhtar in der Champions League (1:1), als er beim Tor eine Platzwunde in Kauf nahm. „Aufgeben ist nicht in meiner DNA, es ist nicht in meinem Kopf. Meine Mutter nennt mich deshalb einen Soldaten! Und heute bin ich immer noch so, sehr stur. Ich verliere nicht gern. Es ist schwer für mich, das zu akzeptieren.“
What doesn’t kill you makes you stronger I am okay – thanks for all your messages#Hustle #AlwaysBelieve pic.twitter.com/ynnLw5Cjfo
— Antonio Rüdiger (@ToniRuediger) October 11, 2022
„Geld war nie ein Thema in unseren Gesprächen“
Obwohl er in einem sozialen Brennpunkt aufwuchs, sei es „die beste Zeit meines Lebens“ gewesen, behauptet Rüdiger. „Für mich ist die Familie sehr wichtig, und wir standen uns sehr nahe. Und jetzt ist es immer noch das Gleiche. Ich vermisse diese Zeiten. Wir hatten nicht viel Geld, aber wir waren zusammen, das hat uns reich gemacht. Geld war nie ein Thema in unseren Gesprächen.“
Dankbar ist er auch für die Erziehung seitens seiner Eltern. „Menschen vergleichen sich mit anderen Menschen. Das tue ich nicht. Ich glaube, dass jeder Mensch für sich genommen etwas Besonderes ist. Das ist das Beste, was man mir beigebracht hat. Und meine Mutter hat mir auch immer gesagt: ‚Respektiere dich immer selbst.‘ Es wird viel darüber geredet, andere zu respektieren, aber zuerst muss man sich selbst respektieren. Wenn man das tut, respektiert man automatisch andere“, schildert der heutige Profispieler.
Rüdiger bewertet Spielzeit bei Real Madrid
Dass er es nach ganz oben geschafft hat, sieht Rüdiger nicht als Selbstverständlichkeit an. Deswegen möchte er sich nicht beklagen, dass er bislang 1.003 Spielminuten aus 17 Einsätzen verbucht hat. „Ich glaube, ich spiele viel! Zumindest, wenn man sich die Statistiken ansieht. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die nur das Negative sehen. Wir haben ein großartiges Team und einen Wettbewerb mit mehreren sehr guten Spielern auf meiner Position – sie haben letzte Saison LaLiga und die Champions League gewonnen!“, weiß der Innenverteidiger. „Alles kommt zu seiner Zeit. Ich glaube, dass die Dinge ihren natürlichen Lauf nehmen.“
Erfolg will er mit Real Madrid natürlich haben. Sein Ziel: „So viel wie möglich zu gewinnen. Mit Chelsea habe ich bereits die Champions League gewonnen, und mit Madrid möchte ich dasselbe tun. Wenn man an Real Madrid denkt, denkt man an die Champions League.“ Vertraglich ist er jedenfalls bis 2026 an den spanischen Rekordmeister gebunden – Zeit für große Erfolge wäre daher in Aussicht.
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