Analyse

Rüdigers Masterclass könnte Ancelotti ins Grübeln bringen

Antonio Rüdiger liefert als „Kettenhund“ von Erling Haaland eine überzeugende Leistung ab und sammelt gewichtige Argumente, auch im Rückspiel erste Wahl zu sein. Ob Carlo Ancelotti vor dem Rückspiel nochmal ins Grübeln gerät und den eigentlich gesetzten Éder Militão ein weiters Mal draußen lässt.

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Rüdiger (l.) hielt Haaland über 90 Minuten nahezu komplett in Schach – Foto: OSCAR DEL POZO/AFP via Getty Images

Rüdiger nimmt Haaland Luft zum Atmen

Als Éder Militão im Viertelfinal-Rückspiel der Königsklasse gegen den FC Chelsea (2:0) bereits in der 22. Minute die Gelbe Karte sah, dürfte so mancher Madridista ein flaues Gefühl in der Magengrube verspürt haben. Denn: Für den Brasilianer war es die dritte Verwarnung im laufenden Wettbewerb und damit war klar, dass Reals Innenverteidiger das – zu diesem Zeitpunkt schon mehr oder weniger sichere – Halbfinal-Hinspiel gegen Manchester City verpassen würde.

Mit Militão würde den Blancos eine ihrer größten Waffen abgehen, um vor allem die Wucht und Energie von Top-Torjäger Erling Haaland zu verteidigen, so die einhellige Meinung. Eine Befürchtung, die sich im Nachhinein nur bedingt als derart bedrohlich entpuppte. Vertreter Antonio Rüdiger machte nämlich einen überragenden Job und gewährte Citys Tormaschine über die gesamten 90 Minuten kaum Luft zum Atmen, sodass der Norweger nicht wirklich gefährlich in Erscheinung trat.

Die Defensivstatistiken des ehemaligen Stuttgarters (zwei von vier gewonnene Luftduelle, ein abgefangener Ball, drei Klärungsaktionen, zwei gewonnene direkte Zweikämpfe) lassen zwar lediglich ein solides Spiel vermuten, doch mit welcher Handlungsschnelligkeit und Disziplin der der deutsche Nationalspieler verteidigte, war durchaus beeindruckend.

Rüdiger profitiert von Ancelottis taktischem Kniff

Dabei profitierte Rüdiger auch ein wenig von einem taktischen Kniff Carlo Ancelottis. So hatten sowohl er als auch Kollege David Alaba offensichtlich die Anweisung, den Raum im Abwehrzentrum nur zu verlassen, wenn Haaland diesen auch verlässt, um sich zwischen die Linien fallen zu lassen und diesen in der Folge konsequent zu bearbeiten, sodass er keinesfalls Richtung Tor aufdrehen könne. Ansonsten sollten die zwei Innenverteidiger konsequent das Zentrum halten und auch auf das sonst übliche Durchschieben auf die Seiten verzichten. Die Sicherung dieser Räume wurde vorrangig von Toni Kroos und Fede Valverde übernommen.

Ein Verhalten, das auch Pep Guardiola auf der Pressekonferenz lobend hervorhob. Dieses durchaus unkonventionelle Verteidigen hätte sein Team vor eine Aufgabe gestellt, so der Spanier: „Die Räume zwischen Camavinga und Carvajal wurden nicht von den Innenverteidigern besetzt, sie blieben beide bei Haaland. Die Zwischenräume besetzten Valverde und Toni Kroos. Normalerweise werden diese Räume von den Innenverteidigern attackiert, aber diesmal war es anders. Sie blieben beide beim Stürmer.“

Ancelotti lobt gesamten Defensivverbund

Ancelotti selbst hob im Anschluss an die Partie auch eher die Leistung des gesamten Defensivverbundes denn einzelne Akteure hervor. Nur Haaland in Schach zu halten, wäre gegen diese individuelle Qualität ohnehin nicht genug: „Mehr als auf Haaland haben wir uns auf die Kontrolle der Spieler zwischen den Ketten konzentriert, De Bruyne, Gündogan …  Da war die Arbeit von Kroos, Valverde und Modrić sehr gut. Es ist wahr, in den ersten 20 Minuten hatten sie den Ballbesitz, aber ohne uns Probleme zu bereiten.“

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Und auch der Hauptakteur selbst wollte seine Leistung nicht allzu hoch hängen und lobte vor allem die defensive Leistung seiner Nebenmänner. So betonte Rüdiger ebenfalls, dass es nicht ausreiche, sich lediglich auf Citys Mittelstürmer zu konzentrieren: „Ich denke, es war wichtig, dass wir De Bruyne und Haaland, aber vor allem De Bruyne, nicht so viel Platz gegeben haben, um die Bälle hinter die Abwehrkette zu spielen. Ich denke, das haben wir als Defensivverbund sehr gut gemacht. Am Ende des Tages muss man sagen, er selbst produziert nichts alleine, deswegen muss man die Nebenmänner unter Kontrolle bringen. In dem Fall hat es sich einfach angefühlt.“

Ancelotti und die Frage nach dem Profil

Vor dem Rückspiel im Etihad am kommenden Mittwoch (21 Uhr, im REAL TOTAL-Liveticker und bei DAZN) stellt sich nun also die Frage: Kehrt Militão nach abgesessener Sperre zurück und nimmt seinen angestammten Platz ein oder darf Rüdiger nach seinem starken Auftritt erneut ran? Vor ein paar Wochen hätte es bei dieser Frage vermutlich keine bis wenig Zweifel gegeben, doch jüngst in den letzten Wochen leistete sich der Brasilianer einige gravierende Patzer, während der deutsche Nationalspieler sein Post-WM-Tief überwunden zu haben scheint und sich zuletzt extrem stabil präsentierte. 

Am Ende dürfte es auch eine Frage des gewünschten Profils sein: Während Militão nicht nur in LaLiga der erfolgreichste Kopfballspieler, sondern auch der torgefährlichste Verteidiger ist, sondern auch mehr Optionen im Spielaufbau bietet und so das Spiel der Königlichen variabler und schwerer ausrechenbar gestaltet, ist Rüdiger der perfekte Mann für den direkten Infight mit Haaland – so bringt er nicht nur etwas mehr an Aggressivität mit, sondern auch ein Stück mentale Verrücktheit, wohingegen Militão oft auch etwas schüchtern agiert. So wird es letztlich entscheidend sein, welchen Ansatz Ancelotti im Rückspiel als sinnvoller erachtet.

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Nach dem gestrigen Spiel fällt die Wahl für mich auch auf Rüdiger. Militao ist ein absoluter Top-Verteidiger, aber im Moment leider einfach nicht auf der Höhe, auf welcher er sein sollte. Viel besser, als es Rüdiger und Alaba gegen Haaland und co. gemacht haben, geht mMn nicht und genau bei solchen Entscheidungen sollte man nach Leistungen aufstellen und nicht an ein Stammspieler-Format denken. Das ist in jüngerer Vergangenheit schon des Öfteren in die Hose gegangen, wie zum Beispiel als Ramos gegen Chelsea im 2019 startete. Militao wird sich schon wieder fangen, aber im Moment zieht er (leider) den Kürzeren.
 
Schade, Systemwechsel wäre jetzt falsch. Aber 5er/3er Kette wäre schon geil im Rückspiel. Camavinga, Militao, Alaba, Rüdiger und Carvajal hätte was. Aber naja. Ich würde auf Militao verzichten. Wäre nämlich unfair Rüdiger und Alaba gegenüber nach der starken Leistung gestern…
 
Zuletzt bearbeitet:
Hmm bin auch am grübeln.
Bis auf das blöde Gegentor fand ich Defensiv alles super gestern.
Camavinga mit ein paar Aussetzern.
Wird brutal im ethiad, momentan bin ich für rudi.
Kann auch tore machen mit seinem schädel....
 
Lustig, dass mittlerweile niemand hier mehr behauptet, dass Ancelotti keine Ahnung von Taktik hat, nachdem es vom Taktik-GOAT himself bestätigt wurde.

Ob wir ins Finale kommen oder nicht, Carlo muss unbedingt bleiben! Die Defensivleistung gestern war ein Geniestreich von ihm. Mal sehen, ob er sich für nächste Woche auch etwas einfallen lässt, womit Pep nicht rechnet...
 
Lustig, dass mittlerweile niemand hier mehr behauptet, dass Ancelotti keine Ahnung von Taktik hat, nachdem es vom Taktik-GOAT himself bestätigt wurde.

Ob wir ins Finale kommen oder nicht, Carlo muss unbedingt bleiben! Die Defensivleistung gestern war ein Geniestreich von ihm. Mal sehen, ob er sich für nächste Woche auch etwas einfallen lässt, womit Pep nicht rechnet...

Ancelotti ist halt ein reiner Champions League Trainer. Durchgehend in den KO-Spielen (teilweise als Underdog) allen favorisierten Mannschaften den Zahn ziehen und diese zerschmettern.
 
Für mich gehört auch im Rückspiel weiterhin Rüdiger in die Startelf. Was er gegenüber Militao deutlich ausgeprägter aufweist, ist die Erfahrung im "dreckigen" und doch weitestgehend fairen Spiel gegen robuste Gegner. Rüdiger hat sich derart in den Waden von Haaland festgebissen, dass keine Karte im Spielverlauf beachtlich ist.

Heißt natürlich nicht, dass Militao völlig ungeeignet ist, im Gegenteil.

Bemerkenswert ist auch, dass Haaland das Spiel gegen Rüdiger einfach so hingenommen hat. Gefühlt hätte sich jeder andere Spieler dauerhaft beim Schiri beschwert und reklamiert. ManCity bzw. vielmehr die Spieler (nicht alle) werden irgendwie immer sympathischer. Hier könnte eine geile internationale Rivalität entstehen.

Wie geil wäre es, wenn wir weiterkommen..
 
Militao war eigentlich uber die Saison gesehen der konstanteste und stärkste IV, aber gegen Osasuna fand ich ihn verdammt schwach. Rüdiger sollte wieder spielen, ich glaube psychologisch macht er auf Haaland allein schon Eindruck, nach dem Hinspiel. Alaba von mir aus auf LV und Camavinga ins Mittelfeld. Aber Rüdiger sollte starten.
 
Da gibt es nichts zu grübeln, Rüdiger muss definitiv im Rückspiel gesetzt sein. Klar, ist Militao talentierter und vielseitiger, aber der ist manchmal so schlampig und City bestraft so etwas doppelt und dreifach. Wenn das Mittelfeld noch mit einem hybriden und schnellen Mittelfeldsieler (Carmavinga) verdichtet wird, dann kann Haaland froh sein 20 Ballkontakte zu bekommen, da KdB, Gündogan und Co. struggeln werden einen gefährlichen Pass aus dem Zentrum zu spielen. Nacho kommt als LV zum Einsatz. Ja, etwas gewagt in so einem Spiel, aber muss halt irgendwie klappen. City muss man zwingen noch mehr nach Außen zu weichen. Peps Blick will ich dann mal sehen, wenn Carlo seinen ach so genialen Game Plan dermaßen zerscheppert, dass seine Mannschaft irgendwann nur noch Flankenbälle raushaut.
 

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