
Viele Scharmützel, wenig klare Aktionen
Es war eine Szene, die ein wenig symptomatisch für die letzten Wochen von Vinícius Júnior steht: Im Duell mit Rayo Vallecano läuft bereits die Nachspielzeit, es steht 0:0 und Real Madrid bekommt einen Eckball zugesprochen, weil Rayo-Keeper Stole Dimitrievski einen abgefälschten Schuss erst hinter der Torauslinie fangen kann. Weil es eben noch 0:0 steht, versucht der Nordmazedonier – erwartungsgemäß – ein wenig Zeit von der Uhr zu nehmen und rückt das Spielgerät nicht sofort heraus. Eine normale Spielerei in einer solchen Phase des Spiels, die eigentlich keiner weiteren Erwähnung wert ist. Doch Reals Nummer 7 hat in diesem Moment offensichtlich keine Lust auf derartige Sperenzchen, versucht Dimitrievski den Ball aus der Hand zu schlagen und schickt ein paar deutliche Worte hinterher. Eine Einladung, die der Torwart der Rayistas zu gerne annimmt und mit einer schauspielerischen Einlage untermauert.
Am Ende handelt sich der 29-Jährige zwar eine Gelbe Karte ein, doch sein Ziel hat er trotzdem erreicht: Von der siebenminütigen Nachspielzeit sind weitere zwei Minuten verstrichen und Vinícius wurde ein weiteres Mal erfolgreich von seinem eigentlichen Kerngeschäft – dem Fußball spielen – abgehalten. Ein Problem, das der Brasilianer bereits seit einigen Wochen hinter sich herzieht – und sich aktuell spürbar auf seine Leistungen auswirkt: Wie schon im Clásico (2:1) suchte der 23-Jährige nach jedem verlorenen Zweikampf das Gespräch mit dem Schiedsrichter, kommentierte jedes härtere Einsteigen Rayos, egal ob gegen ihn persönlich oder einen anderen Mitspieler, lautstark und verlor sich immer wieder in unnötigen Scharmützeln mit seinen Gegenspielern. Das Ergebnis: Der Brasilianer scheint phasenweise komplett den Fokus auf sein Spiel zu verlieren und verzeichnet aktuell wenig klare Aktionen. Ein Umstand, unter dem auch die Mannschaft merklich leidet.
No Jude, no Party
Sowohl die Anzahl der Tore als auch den Einfluss auf das Spiel betreffend, befindet sich Vinícius aktuell weit entfernt von den Werten und der Verfassung der vergangenen Spielzeit. Zum Vergleich: Aktuell steht der Brasilianer gerade einmal bei einem Saisontreffer, zum vergleichbaren Zeitpunkt der vorherigen Saison hatte er deren acht auf der Habenseite. Das Erschreckende aus Mannschaftssicht: Erzielt Jude Bellingham keinen Treffer, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Königlichen nicht gewinnen (drei aus fünf). So geschehen gegen Atlético (1:2), Sevilla (1:1) und jetzt gegen Rayo. Insgesamt zeichnet sich der Engländer für knapp 45 Prozent der erzielten Tore der Blancos verantwortlich.
Dass Vinícius bislang so schleppend in die Gänge kommt, mag zu großen Teilen mit der Abwesenheit Karim Benzemas und der damit einhergehenden Systemänderung zusammenhängen. Durch die zentralere Position im 4-4-2 fehlt es dem Brasilianer merklich an dem nötigen Raum für sein Spiel. Ab und an hat man zudem das Gefühl, im ginge der notwendige Kombinationspartner ab. Dennoch muss und sollte Reals Nummer 7 in erster Linie vermehrt auf sein eigenes Spiel schauen, um wieder in die Spur zu finden.
Vinícius muss vor allem auf sich selbst schauen
Denn gegen Rayo waren es weder harte Fouls der Kontrahenten, noch eine unzureichende Leistung des Schiedsrichters, die dafür sorgten, dass der Südamerikaner so gar nicht ins Spiel fand. Stattdessen verlor sich „Vini“ immer wieder in unnötigen Einzelaktionen und provozierte vermeidbare Ballverluste, die für große Unruhe im königlichen Spiel sorgten. Das permanente Lamentieren beim Schiedsrichter sowie die Auseinandersetzungen mit Gegenspielern waren dem ebenfalls nicht gerade zuträglich. Zumal das Spiel diesmal im Bernabéu stattfand und somit von Zuschauerseite keine Provokationen in Richtung des jungen Brasilianers vorlagen.
Wie Toni Kroos vor ein paar Monaten bereits sagte: Vinícius muss lernen, in solchen Situationen bei sich zu bleiben und auf sich selbst zu schauen – auch wenn es manchmal schwer fällt. Denn: Unter dem Strich sind derartige Auseinandersetzungen und emotionalen Ausbrüche in Richtung des Schiedsrichters oder Gegners eher Leistungshemmer und spielen dem Gegner in die Karten. Und die Königlichen benötigen einen Vinícius auf seinem besten Level – und dafür braucht es vor allem auch einen klaren Kopf.
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