Reportage

Vinícius im Fokus: Der Blick für das Wesentliche fehlt

Phasenweise viel Theater, aber unter dem Strich zu wenig Fußball. Vinícius Júnior steht beim 0:0 gegen Rayo Vallecano unfreiwillig oft im Fokus, weil er sich oft mit Nebensächlichkeiten und verbalen Scharmützeln aufreibt. Was leidet, ist die Leistung auf dem Platz.

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Vinícius Júnior ist mit einer Schiedsrichter-Entscheidung nicht einverstanden – Foto: PIERRE-PHILIPPE MARCOU/AFP via Getty Images

Viele Scharmützel, wenig klare Aktionen

Es war eine Szene, die ein wenig symptomatisch für die letzten Wochen von Vinícius Júnior steht: Im Duell mit Rayo Vallecano läuft bereits die Nachspielzeit, es steht 0:0 und Real Madrid bekommt einen Eckball zugesprochen, weil Rayo-Keeper Stole Dimitrievski einen abgefälschten Schuss erst hinter der Torauslinie fangen kann. Weil es eben noch 0:0 steht, versucht der Nordmazedonier – erwartungsgemäß – ein wenig Zeit von der Uhr zu nehmen und rückt das Spielgerät nicht sofort heraus. Eine normale Spielerei in einer solchen Phase des Spiels, die eigentlich keiner weiteren Erwähnung wert ist. Doch Reals Nummer 7 hat in diesem Moment offensichtlich keine Lust auf derartige Sperenzchen, versucht Dimitrievski den Ball aus der Hand zu schlagen und schickt ein paar deutliche Worte hinterher. Eine Einladung, die der Torwart der Rayistas zu gerne annimmt und mit einer schauspielerischen Einlage untermauert.

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Am Ende handelt sich der 29-Jährige zwar eine Gelbe Karte ein, doch sein Ziel hat er trotzdem erreicht: Von der siebenminütigen Nachspielzeit sind weitere zwei Minuten verstrichen und Vinícius wurde ein weiteres Mal erfolgreich von seinem eigentlichen Kerngeschäft – dem Fußball spielen – abgehalten. Ein Problem, das der Brasilianer bereits seit einigen Wochen hinter sich herzieht – und sich aktuell spürbar auf seine Leistungen auswirkt: Wie schon im Clásico (2:1) suchte der 23-Jährige nach jedem verlorenen Zweikampf das Gespräch mit dem Schiedsrichter, kommentierte jedes härtere Einsteigen Rayos, egal ob gegen ihn persönlich oder einen anderen Mitspieler, lautstark und verlor sich immer wieder in unnötigen Scharmützeln mit seinen Gegenspielern. Das Ergebnis: Der Brasilianer scheint phasenweise komplett den Fokus auf sein Spiel zu verlieren und verzeichnet aktuell wenig klare Aktionen. Ein Umstand, unter dem auch die Mannschaft merklich leidet.

No Jude, no Party

Sowohl die Anzahl der Tore als auch den Einfluss auf das Spiel betreffend, befindet sich Vinícius aktuell weit entfernt von den Werten und der Verfassung der vergangenen Spielzeit. Zum Vergleich: Aktuell steht der Brasilianer gerade einmal bei einem Saisontreffer, zum vergleichbaren Zeitpunkt der vorherigen Saison hatte er deren acht auf der Habenseite. Das Erschreckende aus Mannschaftssicht: Erzielt Jude Bellingham keinen Treffer, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Königlichen nicht gewinnen (drei aus fünf). So geschehen gegen Atlético (1:2), Sevilla (1:1) und jetzt gegen Rayo. Insgesamt zeichnet sich der Engländer für knapp 45 Prozent der erzielten Tore der Blancos verantwortlich.

Dass Vinícius bislang so schleppend in die Gänge kommt, mag zu großen Teilen mit der Abwesenheit Karim Benzemas und der damit einhergehenden Systemänderung zusammenhängen. Durch die zentralere Position im 4-4-2 fehlt es dem Brasilianer merklich an dem nötigen Raum für sein Spiel. Ab und an hat man zudem das Gefühl, im ginge der notwendige Kombinationspartner ab. Dennoch muss und sollte Reals Nummer 7 in erster Linie vermehrt auf sein eigenes Spiel schauen, um wieder in die Spur zu finden.

Vinícius muss vor allem auf sich selbst schauen

Denn gegen Rayo waren es weder harte Fouls der Kontrahenten, noch eine unzureichende Leistung des Schiedsrichters, die dafür sorgten, dass der Südamerikaner so gar nicht ins Spiel fand. Stattdessen verlor sich „Vini“ immer wieder in unnötigen Einzelaktionen und provozierte vermeidbare Ballverluste, die für große Unruhe im königlichen Spiel sorgten. Das permanente Lamentieren beim Schiedsrichter sowie die Auseinandersetzungen mit Gegenspielern waren dem ebenfalls nicht gerade zuträglich. Zumal das Spiel diesmal im Bernabéu stattfand und somit von Zuschauerseite keine Provokationen in Richtung des jungen Brasilianers vorlagen.

Wie Toni Kroos vor ein paar Monaten bereits sagte: Vinícius muss lernen, in solchen Situationen bei sich zu bleiben und auf sich selbst zu schauen – auch wenn es manchmal schwer fällt. Denn: Unter dem Strich sind derartige Auseinandersetzungen und emotionalen Ausbrüche in Richtung des Schiedsrichters oder Gegners eher Leistungshemmer und spielen dem Gegner in die Karten. Und die Königlichen benötigen einen Vinícius auf seinem besten Level – und dafür braucht es vor allem auch einen klaren Kopf.

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Zum Thema Vini wurde glaube ich hier schon viel bzw. fast alles gesagt. Man kann es gebetsmühlenartig rauf und runterbeten. Am Ende liegt es bei ihm. Man sollte ihm allerdings auch eine Sache klar machen: nur weil er jetzt die Nummer 7 auf dem Rücken trägt ist das kein Freifahrtsschein auf dem Platz die Ikone zu geben. Die Hoffnung war es nach Mariano und Hazard dieser glorreichen Nummer wieder etwas Glanz zu verpassen und an große Spieler wie Raúl und Cristiano Ronaldo anzuknüpfen. Vinicius sollte aufpassen, dass er sich mit seinem Verhalten nicht selbst ins Abseits stellt. Eine Vertragsverlängerung allein ist noch lange kein Garant für den Verbleib. Für mich als Fan ist eines klar: wenn er so weitermacht, ist er für Real Madrid auf Dauer nicht tragbar!
 
Ich finde, nun ist Ancelotti gefordert, Vini wieder in die Spur zu bringen. Kritik am Spieler für sein Verhalten auf dem Platz ist natürlich gerechtfertigt, man sollte allerdings die Umstände nicht aussen vor lassen. Vini muss als sehr junger Spieler mit sehr viel Rassismus und Hass umgehen - hat es das in diesem Ausmass schon Mal gegeben in La Liga?

Nebst dem muss er auch noch in einem System bzw. auf einer Position spielen, die ihm weniger zusagt.
 
Man sollte öfters mal den Ball flach halten.
Letzte Saison wurde er, in meinen Augen, in Sphären gehievt, in denen er einfach noch nicht ist. Jetzt hat er mal eine schwache Phase, das passiert. Fußball ist ein Mannschaftssport, da sollte man nicht zu sehr auf einzelne Akteure schauen; in beide Richtungen.

Mich stört aktuell auch eher das gesamte System mit dem man spielt. Das wirkt einfach nicht durchdacht und wirkliche Ideen sieht man auch nicht. Bei allem Respekt vor seiner Historie, bin ich schon froh, dass Carlo bald Geschichte ist.
 
Ja, er soll sich mehr auf Fussball konzentrieren anstatt sich über Schiedsrichter und Kollegen aufzuregen und sich für Menschenrechte einzusetzen.
Er ist nicht Muhammad Ali.
 
Ancelotti und die erfahrenen Spieler wie Modrić, Kroos, Alaba etc. müssen ihm das klar machen. Vini verliert zu viele Bälle und wenn er den Ball hat Dribbelt er nur und manchmal sehr arrogant, wie bei denen zwei Lupfer über die Gegenspieler gestern, als er schlussendlich selber gefault hat und nichts dabei raus kam. Dazu ist mir aufgefallen, dass er Fran Garcia mehrmals zusammen scheisst, anstatt mal gut zusammen versuchen zu kombinieren macht er es lieber alleine. Gegen Valencia wird es vlt. noch schlimmer werden, auch wenn wir wieder zuhause spielen…
 
Durch seine Positionierung auf dem Feld ist er einfach in massiv viele Zweikämpfe verwickelt, meist gegen 2-3 Gegenspieler. die natürlich auch angewiesen sind nicht zimperlich mit ihm umzugehen (so geschehen gestern mit dem Ellbogen im Gesicht). Dazu ist er an der Seitenlinie immer auch der gegnerischen Bank und den Fans und an der Grundlinie der meist unzivilisierten und radikalen Kurve ausgesetzt. Der Rassismus und der Hass schaukeln sich mit seinem eigenen Fehlverhalten gegenseitig hoch. Natürlich muss man diese Umstände auch beachten aber die Instrumente um dagegen vorzugehen sind beschränkt. Je weniger er darauf reagiert, desto weniger werden sich die Zuschauer gegen ihn stellen. Wenn er sich mit der gesamten gegnerischen Fußballszene anlegen will, dann ist das sein gutes Recht, aber er sollte auch erkennen, dass hinter den Beleidigungen vielfach einfach ignorante und provozierende Fans stecken und rassistische Äußerungen nur verwendet werden um ihn zu provozieren. Er fühlt sich wahrscheinlich als Opfer des Rassismus. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Er ist das Opfer seines Erfolgs, seiner Art Fußball zu spielen und seiner Sensibilität auf alles was auf und neben dem Feld passiert zu reagieren und somit solchen Idioten mehr Aufmerksamkeit zu schenken als nötig.
Ich finde, nun ist Ancelotti gefordert, Vini wieder in die Spur zu bringen. Kritik am Spieler für sein Verhalten auf dem Platz ist natürlich gerechtfertigt, man sollte allerdings die Umstände nicht aussen vor lassen. Vini muss als sehr junger Spieler mit sehr viel Rassismus und Hass umgehen - hat es das in diesem Ausmass schon Mal gegeben in La Liga?

Nebst dem muss er auch noch in einem System bzw. auf einer Position spielen, die ihm weniger zusagt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es geht hier nicht primär um das sportliche, sondern um das Ganze drum herum. Es geht um dieses ständige lamentieren, meckern und das man ihn wie ein 15er jähriger direkt aus den Spiel nehmen kann. Man muss ihn nur mal treten und was dreckiges in sein Ohr flüstern und der Junge hört auf Fussball zu spielen...
Man sollte öfters mal den Ball flach halten.
Letzte Saison wurde er, in meinen Augen, in Sphären gehievt, in denen er einfach noch nicht ist. Jetzt hat er mal eine schwache Phase, das passiert. Fußball ist ein Mannschaftssport, da sollte man nicht zu sehr auf einzelne Akteure schauen; in beide Richtungen.

Mich stört aktuell auch eher das gesamte System mit dem man spielt. Das wirkt einfach nicht durchdacht und wirkliche Ideen sieht man auch nicht. Bei allem Respekt vor seiner Historie, bin ich schon froh, dass Carlo bald Geschichte ist.
 
Vinicius hatte gestern 10 erfolgreiche Dribblings, wovon einige sehr gefährlich in den Sechzehner gingen. Letztes Jahr wäre er mit solchen Stats mehr als positiv davon gekommen. Damals hieß es mal, dass dieser Spielertyp vier von fünf Bälle verlieren kann, einer wird dann eben klappen. Dass die komplette Offensive keinerlei Struktur und Maßgabe folgt, schadet ihm und den anderen Akteuren immens. Joselu hatte mal wieder mehrere Hochkaräter als Chancen. Der Typ muss die machen, fertig. Das zieht sich die komplette Saison bereits durch. Die Offensive besteht aus einem Vollstrecker, der kein guter Vollstrecker ist und ansonsten jedem Ball verspringt, und eben Vinicius, der plötzlich als Doppelspitze agieren muss.

Sein Theater muss man kritisieren, aber die Leistung war gestern im oberen Mittelfeld. Es benötigt derweil ein Trainer, der klare Vorgaben definiert und die Spieler in die Spur bringt - in jeglicher Art. Ein Verwalter ist aktuell einfach der falsche Trainertyp, es benötigt einen "Visionär" mit einer klaren Spielphilosophie. Dass dazu das Mittelfeld im Halbzeit-Takt ausgetauscht wird, erledigt das übrige.
 
Kotzt mich das an, dass alles irgendwie nach einem bestimmten Muster läuft. Kaum gibt man unreifen Spielern prestigeträchtige Nummern, vermasseln sie die Legacy dieser. Die Nummer 7 sollte unser Aushängeschild sein. Der „Franchise Player“. Und was macht unsere 7? Alles außer Fußball spielen.
 

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