
Abgang “wider Willen” bringt Fans auf die Barrikaden
Sechs Jahre lang hat er die Fäden in Real Madrids Mittelfeld gezogen, dann befand er sich plötzlich auf dem Abstellgleis: Fernando Carlos Redondo Neri trug zwischen 1994 und 2000 das königliche Emblem auf der Brust und feierte in dieser Zeit zwei Champions-League-Titel (1998, 2000), zwei spanische Meisterschaften (1994/95, 1996/97), einen Weltpokal- (1998) sowie einen Supercopa-Sieg (1996/97) mit den Blancos. Nach dem triumphalen Champions-League-Triumph gegen Valencia im Jahr 2000, als Redondo die Königlichen beim 3:0-Sieg im Stade de France sogar als Kapitän aufs Feld führte, musste der elegante Mittelfeldspieler für andere Top-Spieler weichen. “Florentino (Pérez; Anm. d. Red.) hat versprochen, dass er im Falle einer Wahl (Luís) Figo nach Madrid holen würde, das war ziemlich teuer. Dann kam Milan und bot 18 Millionen Euro für mich – viel Geld für einen 31-Jährigen. Also sagte der Verein zu mir, sie würden das Angebot akzeptieren”, berichtet der heute 50-Jährige.
Während Real den Transfer also vollziehen wollte, war der Argentinier zunächst nicht begeistert. “Mich beschlich das Gefühl, dass sie mich gerne verkaufen wollten. Andererseits war es Milan – und da war (Silvio) Berlusconi, der mich anrief und von einem Wechsel überzeugte”, betont der 28-fache argentinische Nationalspieler. Nachdem das Angebot der “Rossoneri” einging, trafen sich die Offiziellen beider Vereine im Bernabéu, wo etwa 200 Fans an den Stadiontoren standen, um Peréz zu bitten, ihr Idol nicht zu verkaufen. Der frisch gewählte Präsident weigerte sich laut MARCA, die Transferdokumente zu unterschreiben, bevor Redondo dies tat. Demnach sollte nicht der Eindruck entstehen, der Klub wolle den Argentinier loswerden. Als der Wechsel des Publikumslieblings schließlich verkündet wurde, gingen die Fans auf die Barrikaden und äußerten ihren Unmut.
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Lange Leidenszeit: Ernsthafte Verletzung und langwierige Reha
“Als ich in Mailand ankam, war alles anders: Das Trainingssystem beinhaltete viel phyische Arbeit und Krafttraining. Ich habe nichts gesagt, ein bisschen aus Stolz – aber meine Muskeln waren tot”, erinnert sich der Mittelfeldstratege im MARCA-Interview. Bevor er auch nur ein Spiel für Milan absolvieren konnte, zog sich der von der UEFA im Jahr 2000 zum besten Spieler gekürte Redondo eine schreckliche Knieverletzung zu, welche drei Kreuzband-Operationen in zwei Jahren zur Folge hatte. “Das war verrückt: Ich wechselte nach Mailand, konnte mein erstes Spiel für Milan aber erst mehr als zwei Jahre nach meinem Wechsel bestreiten”, so der Spielgestalter weiter.
Bis der in Italien mit offenen Armen empfangene Erfolgsgarant sein erstes Spiel für die “Rossoneri” absolvieren konnte, sollten insgesamt 810 qualvolle Tage vergehen, die einer Tortur gleichkamen: “Sie brachten mich in den Operationssaal, hoben mein Bein hoch, ließen mithilfe eines Tourniquet Blut ab und gaben mir Medikamente. Das Risiko bestand darin, dass ich ein großes Problem hätte haben könnte, wenn irgendetwas davon ins Herz gekommen wäre. Anschließend brachten sie mich nach Knokke, eine Sommerstadt in Nordbelgien – aber im Winter! Dort lief ich im kalten Nordseewasser“, beschreibt der Argentinier seinen Leidensweg. Indem er bis zu seinem Comeback auf sein Gehalt (etwa vier Millionen Euro) verzichtete, eroberte Redondo auch in Mailand die Herzen der Fans im Sturm.
Rückkehr in den Fußball – und ins Bernabéu
Der 3. Dezember 2002 sollte dann ein ganz besonderer Tag für “El Principe”, wie der 50-Jährige in Madrid voller Ehrfurcht genannt wurde: Im Pokalspiel gegen Ancona Calcio gab er beim 1:1-Unentscheiden sein Milan-Debüt. Wenige Monate später kehrte Redondo am 12. März 2003 dann ins Bernabéu zurück, wo er mit stehenden Ovationen empfangen wurde. Der 3:1-Erfolg der Blancos war an diesem Tag zumindest emotional fast nur eine Randnotiz.
In den folgenden eineinhalb Jahren veredelte der “Zauberfuß”, bei dem selbst Sir Alex Ferguson aufgrund seiner außergewöhnlichen technischen Fähigkeiten einen Magnet im Schuh vermutete, seine Karriere mit einem weiteren Champions-League-Titel (2003), einem Coppa-Italia-Sieg (2003) sowie dem Gewinn des Scudettos (2004).
Bezüglich seiner Zeit in der Modestadt erinnert sich der Argentinier neben den verletzungsbedingten Torturen und den sportlichen Erfolgen zudem an ein skurriles Aufeinandertreffen mit dem exzentrisch daherkommenden ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten und Ex-Milan-Boss Berlusconi: “In Milanello trainierten wir und plötzlich kamen Autos mit getönten Scheiben an, ein Hubschrauber. Berlusconi kam herunter, begrüßte uns und hielt eine Art technisches Gespräch.”
Obwohl er am Ende der Spielzeit 2003/04 die Schuhe im Zuge etlicher Verletzungen in der späten Phase seiner Karriere frühzeitig an den Nagel hängen musste, sind seine Spuren in der Fußballwelt noch heute sichtbar. Vor allem in Madrid sprechen die Leute mit leuchtenden Augen von “El Principe”, der trotz einer verhältnismäßig überschaubaren Anzahl von 228 absolvierten Partien und fünf Toren absoluten Legendenstatus genießt.
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