
Zwei richtungsweisende Duelle in vier Tagen
MADRID. „Real hat immer bewiesen, dass es zur Stelle ist, wenn es gewinnen muss.“ Hätte man diese Worte vor zwei oder drei Jahren in den Raum geworfen, man hätte von jedem königlichen Anhänger vermutlich volle Zustimmung erfahren. Als Luka Modrić dies jedoch im Anschluss an die bittere 0:2-Pleite gegen Shakhtar am vergangenen Dienstag sagte, hatte dies (gefühlt zumindest) eher den Charakter einer Durchhalteparole. Schließlich war man kurz zuvor abermals gegen einen vermeintlich unterlegenen Gegner unter die Räder gekommen und präsentierte sich dabei erschreckend ideen- und harmlos im Spiel nach vorne. Zeigte man in Durchgang eins zumindest phasenweise noch eine ansprechende Leistung, ohne jedoch ein Tor zu erzielen, brach man in der zweiten Hälfte (ebenfalls nicht zum ersten Mal) nahezu komplett ein, wobei man dem Gegner durch kapitale individuelle Aussetzer den Sieg auch noch auf dem Silbertablett servierte.
Hätte Borussia Mönchengladbach im parallelen Gruppenspiel gegen Inter Mailand nicht mit 2:3 verloren, wäre sogar das Weiterkommen aus eigener Hand nicht mehr möglich gewesen. So steht den Blancos am kommenden Mittwoch nun ein wahrhaftiges „Endspiel“ um den Einzug ins Achtelfinale bevor. Ein Spiel also, das man „gewinnen muss“. Die Zweifel, dass die Königlichen dabei „zur Stelle“ sein werden, waren im Anschluss an das Donetsk-Spiel groß, doch seit Samstagnachmittag hat sich diese Ausgangslage doch irgendwie wieder ein wenig geändert. Weil Modrić doch irgendwie Recht behalten sollte und Real nach drei sieglosen Auftritten in LaLiga im Spitzenspiel gegen den formstarken FC Sevilla mit 1:0 die Oberhand behielt. Und so nicht nur ordentlich Selbstvertrauen für den Showdown am Mittwoch tankte, sondern auch zumindest auf Schlagdistanz zu Tabellenführer Atlético blieb.
Apropos Atlético: Das Duell mit den Mannen von Diego Simeone folgt am Samstag (21 Uhr) unmittelbar auf den Champions-League-Kracher am Mittwoch und besitzt nicht weniger richtungsweisenden Charakter – schließlich rangieren die „Rojiblancos“ bei einem Spiel weniger aktuell sechs Punkte vor den Königlichen in der Tabelle. Eine Niederlage im Stadtderby würde zwar beileibe noch keine Vorentscheidung im Meisterkampf bedeuten, dafür ist die Saison noch zu lange, ein Fingerzeig für die kommenden Wochen stellt dieses „Derbi Madrileño“ aber durchaus dar. Zinédine Zidane und seinem Team bietet sich also innerhalb von vier Tagen die Möglichkeit, aus einem mehr als durchwachsenen Saisonstart einen durchaus guten zu machen, der einen zumindest halbwegs optimistisch in das neue Jahr blicken lassen würde. Dafür müssten die Königlichen nicht nur ihre Spitzenspiel-Mentalität abrufen, sondern endlich auch einmal eine gewisse Konstanz in ihren Auftritten an den Tag legen. Eine Eigenschaft, die den Merengues in dieser Spielzeit bislang komplett abgeht.
Kann Zidane die Spitzenspiel-Mentalität aufrecht erhalten?
Jene fehlende Konstanz bemängelte Toni Kroos bereits vor einigen Wochen, wirkliche Besserung trat jedoch seitdem nicht ein. Auf wichtige Siege wie zum Beispiel gegen Barcelona (3:1) oder beide Male gegen Inter (3:2 und 2:0) folgten jeweils unnötige Niederlagen, wobei man stets sowohl mannschaftlich als auch individuell schwache Leistungen zeigte. Immer dann, wenn man an der Concha Espina dachte, dass man sich nun auf hohem Niveau stabilisieren könnte, folgte prompt der nächste Rückschlag. Ein Phänomen, das sich wie ein roter Faden durch Zidanes Trainerkarriere zieht: In den Spitzenspielen – wie nun gegen Sevilla – ist das Team stets auf der Höhe und auf den Punkt da, gegen die vermeintlich Kleinen oder auch wenn es darum geht, über einen längeren Zeitraum konstant zu bleiben, verfällt das Team immer wieder in gleiche Muster: eindimensionale taktische Auftritte, individuelle defensive Aussetzer, mangelnde Aggressivität gegen hoch motivierte Gegner.
Ob man es nun endlich schafft, diesen Teufelskreis zu durchbrechen? Gerade gegen die offensiv hoch effektiven Gladbacher wird es fundamental sein, die zuletzt häufigen individuellen Patzer in der Defensive abzustellen. Und gegen das aktuell offensiv wie defensiv gut aufgelegte Atlético (sieben Liga-Siege in Serie) braucht es vermutlich neben einem cleveren taktischen Auftritt auch ein gesundes Maß an Aggressivität, um zu bestehen. Und das Wichtigste: Es wird nicht nur genügen, nur in einem der beiden Spiele eine gute Leistung zu zeigen – sonst droht entweder das Aus in der Champions League oder ein üppiger Rückstand von neun Punkten (bei einem Spiel mehr) auf die Tabellenspitze. Beides Szenarien, die an der Concha Espina für ordentlich Druck auf dem Kessel sorgen würden.
Ob es der Mannschaft gelingt, just in der vermeintlich härtesten Woche der bisherigen Spielzeit der Saison den Schalter umzulegen und endlich sowohl ergebnis- als auch leistungsmäßig zu vielbesagter Konstanz zu finden? Mit Blick auf die Formkurve in den letzten Wochen (nur vier Siege aus den letzten zwölf Pflichtspielen) darf man hinter diese Frage zumindest ein großes Fragezeichen setzen. Andererseits war ja genau dies immer wieder ein Markenzeichen der Teams von Zidane in den letzten Jahren: Egal wie oft man die Blancos abgeschrieben hatte, gegen große Gegner oder in wichtigen Partien war man am Ende doch irgendwie immer auf den Punkt da. Der Zeitpunkt, das auch in dieser Saison unter Beweis zu stellen, könnte nicht besser sein.
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