Analyse

Chancenlos in Anfield: Real setzt nächstes Top-Spiel in den Sand

Real muss in Liverpool die zweite Niederlage der Saison hinnehmen – und die fällt hochverdient aus. Am Ende können sich die Königlichen vor allem bei Thibaut Courtois bedanken, dass man die Anfield Road lediglich mit einem Gegentor verlässt. Wie schon bei der 2:5-Klatsche gegen Atlético ist es vor allem die Art und Weise des Auftretens der Blancos, das Sorgen macht. Warum tut sich das Team von Xabi Alonso in dieser Saison in Spitzenduellen so schwer?

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Die Blancos sahen in Anfield wenig Land – Foto: Michael Regan/Getty Images

Liverpool macht’s wie Atlético

Die Vorfreude im Lager Real Madrids auf das Kräftemessen mit dem FC Liverpool war nach den überzeugenden Siegen im Clásico (2:1) und gegen den FC Valencia (4:0) groß. Umso ernüchternder war schließlich der Auftritt der Königlichen an der Anfield Road, die sich bei der 0:1-Niederlage am Dienstagabend komplett chancenlos präsentierten und nur dank eines alles überragenden Thibaut Courtois kein komplettes Waterloo erlebten. Von der Art und Weise erinnerte die Pleite beim englischen Meister in vielerlei Hinsicht gar an das 2:5 gegen Stadtrivale Atlético vor wenigen Wochen, als man sich ebenfalls über 90 Minuten völlig indisponiert präsentierte und das deutlich unterlegene Team war.

Nicht von ungefähr bezeichnete die AS die Leistung der Blancos als die zweite ungenügende Leistung in einem Stresstest“ in dieser Saison (zu den Pressestimmen), da das Spiel erschreckend viele Parallelen zu dem Auftritt im Metropolitano aufwies. Tatsächlich wies die Herangehensweise der „Reds“ einige Parallelen zu denen der „Rojiblancos“ auf, wogegen die Königlichen abermals kein Mittel fanden. Doch warum tun sich die Blancos in den Top-Spielen bisher so schwer?

Real hat Liverpools Physis nichts entgegen zu setzen

Wie schon gegen Atlético hatten Vinícius Júnior und Co. in Anfield vor allem an einer Sache hart zu knabbern: der physisch betonten Gangart des Gegners. Gefühlt jede 50:50-Situation, egal ob offensiv oder defensiv, konnten die Engländer für sich entscheiden. Allgemein wirkte die Zweikampfführung der Gastgeber entschlossener, aggressiver und zielstrebiger. Bei den Blancos erweckten lediglich Álvaro Carreras und mit Abstrichen Éder Militão und Jude Bellingham den Eindruck, als könnten sie der Aggressivität und Leidenschaft Liverpools körperlich etwas entgegen setzen. Selbst die sonst eigentlich durchsetzungsstarken Fede Valverde und Eduardo Camavinga blieben dahingehend diesmal äußerst blass, während Kylian Mbappé offensiv komplett abgemeldet war und der zumindest äußerst bemühte Vinícius sich immer wieder zwei oder gar drei Gegenspielern gegenüber sah und dementsprechend des Öfteren den Kürzeren zog.

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Camavinga unsichtbar, Güler wirkungslos, Huijsen schläfrig

Dass der Brasilianer sich so überhaupt nicht in Szene setzen konnte, lag eben auch daran, dass die rechte Offensivseite der Blancos quasi gar nicht stattfand. Alonso hatte sich – durchaus nachvollziehbar – für die gleichen elf Spieler wie im Clásico entschieden, doch diesmal ging die Überlegung, mit Eduardo Camavinga als verkappten Rechtsaußen die Flügel zu stärken, so gar nicht auf. Reals Cheftrainer versuchte diese Fehleinschätzung zwar zu korrigieren, indem er zum Start der zweiten Hälfte Camavinga und Güler die Positionen tauschen ließ, doch auch diese taktische Umstellung verpuffte wirkungslos. Während der türkische Nationalspieler wie schon gegen Atlético mit der physisch betonten Gangart des Gegners überhaupt nicht zurecht kam, fand Camavinga überhaupt keine Bindung zum Spiel.

Und auch Dean Huijsen erwischte bei seiner Rückkehr auf die Insel einen rabenschwarzen Tag, präsentierte sich phasenweise sehr schläfrig und leistete sich so einige unnötige Ballverluste (15 an der Zahl!) und Stellungsfehler, leitete erst unfreiwillig die Großchance von Szoboslai in Hälfte eins ein und hatte auch beim Gegentreffer seine Aktien im Spiel.

Standardschwäche, Probleme gegen tiefe Blöcke, fehlender Exit-Plan

Apropos Gegentreffer: Wie gegen Atlético offenbarten die Blancos – übrigens das durchschnittlich jüngste Team in LaLiga – erhebliche Schwächen bei Defensiv-Standards und ließen neben Alexis Mac Allisters Kopfballtor einige Großchancen nach ruhenden Bällen zu. Auch hier war es lediglich Thibaut Courtois zu verdanken, dass es letztlich lediglich bei einem Gegentor blieb. Und neben der Standardschwäche offenbarten sich noch zwei weitere Problemfelder, die bereits im Derby sichtbar wurden: War Liverpools Pressing nämlich doch einmal ausgehebelt, ließ sich das Team von Arne Slot in einem tiefen Block zurückfallen, was Real (wieder einmal) vor erhebliche Probleme stellte. Da die rechte offensive Seite mehr oder weniger gar nicht stattfand, konnte man sich komplett auf Vinícius konzentrieren und diesen aus dem Spiel nehmen. Ebenso verhielt es sich mit dem blassen Mbappé, der in gewohnter Manier immer wieder in den linken Halbraum kippte, dort aber ebenfalls immer wieder hängen blieb und bis auf zwei Halbchancen überhaupt nicht nennenswert zum Abschluss kam.

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Und es wurde wieder einmal deutlich: Es mangelt den Königlichen für solche Situationen an einem Exit-Plan, durch das Fehlen eines Zielspielers im Zentrum findet man gegen Top-Teams im tiefen Block quasi gar keine Lösung, sofern Vinícius, Mbappé oder Bellingham keinen individuellen Weltklasse-Moment aus dem Hut zaubern. Warum Alonso aktuell aber so gar nicht auf die Dienste von Gonzalo García zurückgreift, obwohl dieser bei der Klub-Weltmeisterschaft in genau ebendieser Rolle zu überzeugen wusste, wirft in diesem Zusammenhang durchaus Fragen auf.

Reals Cheftrainer wollte auf der Pressekonferenz nach der Partie mit seinem Team zwar nicht ganz so hart ins Gericht gehen, ließ aber in seiner Analyse durchblicken, dass er an diesen Punkten anzusetzen gedenkt: „Im letzten Drittel fehlte uns die Gefahr und wir konnten Liverpools Verteidigungslinie nicht überwinden. Auch im Eins-gegen-Eins könnten wir keine Probleme erzeugen.“ Man darf gespannt sein, wie diese Lösungsansätze in den kommenden Partien aussehen – die nächsten Top-Spiele, am 3. Dezember in Bilbao und am 10. Dezember daheim gegen ManCity, ehe im Januar das Supercopa-Halbfinal-Derby angesagt ist, sind nicht fern!

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Ich bin ehrlich gesagt noch sehr entspannt. Wir befinden uns schließlich immer noch in der Entwicklung – sowohl die Spieler als auch der Trainer. Fehler werden immer wieder passieren, die Kunst besteht darin, daraus zu lernen und die richtigen Schlüsse ziehen.
Ich möchte nur auf PSG in der letzten Saison hinweisen: In der ersten Saisonhälfte wurde grausamer und nicht allzu erfolgreicher Fußball gespielt, gerade mit Ach und Krach ist man in der Champions League weitergekommen. Der Rest ist, glaube ich, jedem bekannt. Habt also etwas Vertrauen in die Mannschaft. Man konnte oft genug schon viele Verbesserungen unter Xabi sehen, und das ist momentan Ziel Nummer eins.
Über den gestrigen Auftritt darf und soll man trotzdem verärgert sein. Das ist einfach nicht der Anspruch. Vor allem die Art und Weise war enttäuschend. Liverpool hatte eigentlich auch einen „Umbruch” und kam aus einer sehr schlechten Phase. Davon hat man gestern nichts gesehen. Gefühlt waren die Rollen vertauscht....

Jetzt heißt es, daraus zu lernen und es beim nächsten Mal besser zu machen.
 
Bale sagt zum Spiel: "Sometimes you need to go and test the defender. There was no one in the box for the crosses. Maybe you need a ‘9’"
Danke, das ist in meinen Augen genau das was fehlt. Und die beste 9 die wir haben ist Jude.

Arda auf die 10, Jude auf die 9, vielleicht Ceballos neben Tschou rein, bitte Vini raus. Dann sieht die Sache wieder anders aus.
 
Keiner hat erwartet dass man im Ersten Jahr das Tripple holt, also Kopf hoch und Hala Madrid.
Ich hab das Gefühl, viele haben leider genau das schon erwartet. Xabi für Carlo hat schon einiges gebracht (Mehr Rotation, mehr Struktur) aber das Team ist halt immer noch verdammt jung. Mit Arda und Huijsen sind zB gleich zwei Schlüsselspieler erst 20 Jahre jung. Selbst Bellingham, der gefühlt schon Jahre Fußball spielt, ist im Sommer erst 22 geworden.
Dieses Problem lässt sich nur durch zwei Faktoren lösen: a) Zeit b) erfahrene Neuzugänge.
Ich persönlich denke, es braucht zwingend einen erfahrenen DLP im Sommer - ganz egal, ob wir was gewinnen bis dahin oder nicht.
Und den Rest muss die Zeit lösen, es gilt also im Idealfall bis dahin trotz der jungen Mannschaft Titel zu gewinnen.
Man kann nur hoffen, dass das Präsidium Geduld hat.
 
Wow, schon ziemlich entäuscht gewesen gestern.naja, die lehre ist einfach die dass wir noch nicht soweit sind.
Hoffe xabi findet Lösungen, ansonsten finden dann andere Lösungen.
 

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