Also bei Titelnähe muss ich wirklich vehement widersprechen, sorry. Der einzige Titel, dem man 18/19 nahe war, war die Klub WM, die man auch gewonnen hat. Der Meisterschaft war man zu keinem Zeitpunkt nahe. Ja, Solari hat die Mannschaft bereist mit beträchtlichem Rückstand übernommen und konnte etwas aufholen, aber in ernsthafte Nähe zu Barca und auch Atletico kam er nie. Selbst bei einem Sieg im Clasico hätten wir auf zig weitere Barca Patzer hoffen müssen und uns selber absolut keine mehr erlauben dürfen. Bei Valverdes Barva grösster Stärke, ihrer Konstanz in La Liga, und unserer damaligen Verfassung so gut wie unmöglich. In der Copa hat man mit viel Geknortze gegen Betis und Celta gewonnen, war dann gegen Barca im Rückspiel letztendlich chacenlos. In der CL hat uns ein stark aufspielendes Ajax klare Grenzen aufgezeigt. In der Saison waren wir zu jedem Zeitpunkt unter jedem Trainer weit weg von den 3 grossen Trainern, da könnt ihr mir erzählen was ihr wollt.
Solari selbst wird wie so oft irgendwo in der Mitte liegen, wobei es mich doch etwas erstaunt, dass es scheinbar so grosse Diskrepanzen bei der Wahrnehmung seiner Arbeit gibt. Er hat den Verein zu einem schwierigen Zeitpunkt übernommen und hat versucht, irgendwas zu retten. Dass er unter gegeben Umständen ein halbwegs funktionierendes Sytem gefunden hat, verdient Achtung. Letztendlich hat er sich aber mMn zu sehr in seinen Schwächen verrannt, um eine ernsthafte langfristige Option zu sein. Aus meiner Sicht:
positiv:
- er hat T-Bo zur klaren Nummer 1 gemacht
- er hat auf Vini gesetzt, wenn auch verletzungsbedingt
- er hat auf Reguilon gesetzt
- sein Sytsem war eine Zeit lang konkurrenzfähig
negativ:
- er hatte absolut keinen Plan B und war komplett abhängig von Benzema und Vini
- Vazquez war Stammspieler
- KMC + Dani, Ramos, Varane + Benezma war genauso unantastbar
- er hat den halben Kader ignoriert, bei 3 Wettbewerben bricht dir das mittel bis langfristig das Genick, was dann bei Vini Verletzung auch passiert ist
- die Aktion mit Isco war unter aller Sau, da gibts nichts zu beschönigen
Spielerisch habe ich das ganze auch sehr zwiespältig in Erinnerung, es gab gute Spieler, aber auch grottenschlechte. Das gegen Betis wars glaube ich, mit 5er Kette + Casemiro + Vazquez war das mit Abstand schlechteste, was ich je im weissen Trikot gesehen habe. Unter dem Strich würde ich sagen Solari war eine gute Interimslöung, aber mehr auch nicht, nur auf Reguilon und Vini zu setzen ist langfristig zu wenig.
Bei der Gesamtbeurteilung bleibe ich dabei, unser Hauptproblem ist weder der Trainer noch die Transferstrategie noch einzelne Transfers noch der Präsi noch der fehlende Sportdirektor noch sonst was, sondern eine Gesamtphilosophie und Strategie, die die einzelnen Puzzleteile unter einen Hut bringen bzw. überhaupt aufeinander abstimmen. Man sagt zwar gerne "wir sind Real Madrid", "die Königlichen", "das weisse Ballet", "Los Merengues" (badumm tsss) usw. aber wofür stehen diese Begriffe im Jahr 2020? Titel? Tut das nicht jeder Topverein? Schöner Fussball?


Erfolg? Mal mehr, mal weniger. Talente? Man hat zwar viele, nutzt sie aber nur bedingt. Die Galaticos sind schön länger tot und auch die Generation CR wird mehr und mehr ein Relikt der Vergangenheit. Also wo stehen wir im Jahre 2020? Wir haben einen Trainer, der vor allem mit etablierten Spielern gerne arbeitet und funktioniert. Für besagte etablierte Spieler fehlt aber aktuell das Geld/der Wille. Wir haben einen Manager als Präsidenten, der mal die ganze Macht an sich reisst und eigenständig entscheidet, dann mal wieder die gesamte Verantwortung auf andere schiebt und auch fragliche Entscheidungen ohne Intervention hinnimmt. Die weiteren hohen Tiere, Sanchez, Brutagueno, Calafat usw. sind meistens mit Perez auf einer Linie und können oder wollen nicht intervenieren. Dadurch fehlt uns ein manchmal nötiger 2ter oder 3ter Blickwinkel auf die Entwicklung, der bei fragwürdigen Entscheidungen intervenieren oder zumindest eine 2 Meinung abgeben könnte. Wir haben viele Talente, aber bei vielen fehlt auch ein klarer Plan, was mit ihnen geschehen soll. Sie werden mal gekauft, versauern eine Weile im Kader, werden mal verliehen und am Ende dann doch verschenkt (siehe Hakimi). Es gibt keine wirklich klare Kaderstruktur, manche sind unantastbar, manche werden komplett ignoriert, viele sind irgendwo im ewigen Limbo. Bei Transfers ist man mal sehr aktiv, dann wieder sehr passiv. Insgesamt macht man vieles richtig, und doch fehlt irgendwo eine klare Struktur, die das ganze Potential auf den Rasen bringt. Es liegt definitiv nicht daran, das wir keine finanziellen und sportlichen Möglichkeiten hätten, die haben wir wie Sand am Meer, aber im gesamten Wirrwar geht die Geschichte halt irgendwo nicht auf. Hier müsste man mMn mal ansetzen, daher auch mein Fokus auf Perez, der nicht die Wurzel allen Übels ist, aber als mächtigster Mann im Verein der Schlüssel zu langfristig nachhaltigen Veränderungen. Zidane ist ein nicht komplett passendes Zahnrad im ganzen Konstrukt, aber ihn auszutauschen alleine wird nicht reichen, bei weitem nicht.
Oder wir können Perez und das grosse Ganze natürlich auch weiterhin konsequent ausblenden und darauf hoffen, dass der nächste auf etablierte Spieler spezialisierte Trainern aus führungslosen Talenten eine tollen Offensivfussball spielende Mannschaft formen kann, die um das Sextuple mitspielt, bevor nach 3 Monaten wieder seine Entlassung gefordert wird.