Perez, nimm endlich deinen Hut!
Eine Rücktrittsforderung – weil es sonst keiner macht.
Was kann man auszusetzen haben an einem Vereins-Präsidenten, der in seiner ersten Amtszeit, um die Jahrtausendwende, den Verein nicht nur wirtschaftlich saniert, sondern zum profitabelsten Fußballclub der Welt gemacht hat?
Wie kann man Florentino Perez kritisieren, der in seinen knapp 20 Jahren Amtszeit 6 Champions League-Titel gewann. Sechs! Mehr als der FC Barcelona in seiner gesamten Historie (5). Ein Präsident, der trotz Pandemie das Stadion zu einem noch spektakuläreren Fußballtempel umgebaut hat. Ein Präsident, dessen Team zu diesem Zeitpunkt gerade trotz des Fehlens eines Top-Stürmers auf Rang 1 der Liga-Tabelle grüßt, mit beinah makelloser Bilanz. Ein Erklärungsversuch.
Ende der 1990er habe ich mich in einen Fußballclub verliebt. Ein Club, der mutigen Offensivfußball hat spielen lassen mit einer Mischung aus Spaniern, Canteranos und Weltstars. Hierro, Raul, Redondo, Seedorf und Co haben es mir angetan. Dank ihnen habe ich damals begonnen, mich näher mit Real Madrid zu beschäftigen. Und, was soll ich sagen, der Verein hat mich nicht mehr losgelassen. Die Merengues waren irgendwie anders. Der erfrischende Fußball, die starken Persönlichkeiten waren in Kombination mit den Werten des Clubs „Schuld“ daran, dass ich mich seither trotz geografischer Distanz zu Madrid als Madridista bezeichne. Man stand damals nicht nur für attraktiven Fußball, sondern auch für Señorio, für Anstand und Klasse. So wurde zum Beispiel nach Niederlagen nicht die Schuld beim Schiedsrichter gesucht – oder gar die UEFA beschuldigt. Mund abwischen, nächstes Mal besser machen, war das unausgesprochene Credo. Kapitäne wie Sanchez, Hierro, Raul und später Casillas standen symbolisch für dieses Real Madrid. Gentlemen des Fußballs, bescheidene Sportsmänner, wie man sie heute nur noch selten findet.
Moneten statt Madridismo.
Einer dieser Aushängeschilder hat einmal gesagt: „Soy no galáctico, soy de móstoles"
(„Ich bin kein Galaktischer, ich bin aus Mostoles“). Iker Casillas war wahrlich kein Galaktischer. Anders als Luis Figo, Zinedine Zidane, Ronaldo (Fenomeno) oder David Beckham, die alle für viel Geld nach Madrid kamen. Weil Florentino Perez gerufen hat und ein Fußballteam aufbauen wollte, das mehr Showtruppe als Fußballmannschaft sein sollte. Einzelne Spieler, die kein Team waren, weil man ihnen nie die Chance dazu gab. Spieler, deren Hauptaufgabe es war, Trikots zu verkaufen und die Marke Real Madrid auf der ganzen Welt bekannt zu machen. Aus Marketingsicht war das Projekt genial – und ging voll auf. Aber mit dem Fußball, in den ich mich verliebte, hatte das nichts mehr zu tun. Talentierten Canteranos wie Guti wurde jedes Jahr ein neuer Star vor die Nase gesetzt, verdiente Spieler wurden fallen gelassen und/oder vor die Tür gesetzt (Hierro, Makelele, Redondo, Morientes), der im Team beliebte Erfolgstrainer Del Bosque musste gehen … Die Galacticos 1.0 waren der Anfang vom Ende des Fußballclubs Real Madrid. Und der Beginn vom Weltkonzern Real Madrid. Der Madridismo musste den Moneten weichen. Und auch der Architekt hinter dem großen Markenaufbau selbst nahm zwischenzeitlich seinen Hut. Perez ging 2006 wegen Erfolglosigkeit. Denn nach sechs Jahren Galacticos standen trotz horrender Ausgaben lediglich drei große Titel zu Buche.
Der Zweck heiligt alle Mittel.
Da sich sein Nachfolger aber gelinde gesagt nicht gerade mit Ruhm bekleckerte (zu viel Stoff für diesen Artikel), kam Perez nach zweieinhalb Jahren zurück. Und machte dort weiter, wo er aufgehört hatte. Er kaufte Stars. Bis dahin unübertroffene Sommertransferausgaben von rund 260 Mio Euro, neue Stars und große Namen sollten den (sportlichen) Erfolg zurück nach Madrid bringen. Dafür wurden im Zuge der „Operación Salida“ wieder einmal verdiente Spieler vor die Tür gesetzt und mit Manuel Pellegrini wieder ein neuer Trainer geholt – der 1 Jahr später bereits wieder gegangen wurde. Wegen keinem geringeren als Jose Mourinho.
(Dieser war wenige Monate später übrigens auch dafür verantwortlich, dass Generaldirektor und Vollblutmadridista Jorge Valdano seinen Sessel räumen musste.)
Mit dem Portugiesen kam ein Startrainer nach Madrid, der im Gegensatz zu all seinen Vorgängern sehr viel Kredit von Perez bekam. Er schenkte dem „Special One“ Vertrauen, Handlungsfreiheit, Macht. Sportlich gab der Erfolg Perez Recht. Mourinho gab dem Team wieder Selbstvertrauen, durchbrach die zu jenem Zeitpunkt schier unüberwindbare Übermacht aus Katalonien und ebnete damit auch seinen Nachfolgern Ancelotti und Zidane den Weg für spätere Erfolge. Dabei redete ihm Perez nie drein, sondern holte jene Spieler, die der Portugiese für seine Mannschaft haben wollte. Spieler, die nicht unbedingt die klingendsten Namen hatten oder die schönsten Frisuren. Aber am Ende stand da ein sehr erfolgreiches Team am Feld. Eine Fußballmannschaft und keine Showtruppe.
Trotzdem sehen viele – und ich zähle mich dazu – seine Amtszeit auch kritisch. Denn der streitbare Trainer hatte in Madrid nicht nur Narrenfreiheit, sondern führte sich auch auf wie ein Narr. Verschwörungstheorien, Handgreiflichkeiten, verbale Attacken, peinliche Ausreden … das Repertoire seiner Entgleisungen war größer als seine Taktik-Kenntnisse. Das alles hatte mit dem Madridismo wenig zu tun. Doch den meisten Fans schien das egal zu sein, der Zweck heiligte plötzlich alle Mittel. Vorbei der Anspruch an mutigen Offensivfußball, vorbei der Anspruch an ein Team voller Gentlemen. Mourinho hat dem Team sportlich viel gegeben. Aber leider hat er auch den Pragmatismus und das schlechte Benehmen salonfähig gemacht. JM war kein Señor, er war ein Flegel. Florentino Perez machte das alles nichts. Sein Trainerliebling wurde nicht entlassen, ging dann aber freiwillig. Zum Wohle aller. Noch heute steht aber die Tür jederzeit offen für den Portugiesen. Laut Medienberichten hatte er zuletzt 2021 die Möglichkeit zu einer Rückkehr, hatte da aber schon der AS Roma zugesagt. Manche sind froh darüber – ich zähl mich dazu.
Wiederholungstäter.
Zwar blieb unter Mourinho der große CL-Erfolg aus, dafür erreichte man unter seinen Nachfolgern das schier unmögliche. Man gewann – und verteidigte den Titel! Als erstes Team in der Geschichte dieses Wettbewerbs in seiner heutigen Form. Mehr noch, mit Carlo Ancelotti bzw. Zinedine Zidane an der Seitenlinie errang man den prestigeträchtigen Henkelpott zwischen 2013 und 1018 sogar 4 mal in 5 Jahren.
In diesen großen europäischen Nächten kommt bei Real Madrid etwas zum Vorschein, das zum Glück seit jeher in Madrids DNA steckt. Ein Wert, den kein Marketing der Welt erschüttern kann. Ein Wert, der sich nicht einmal richtig in Worte fassen lässt. Am ehesten trifft es Siegeswille. Real Madrid kämpft bis zum Schluss, glaubt bis zum Schluss an sich. Das Ergebnis dieses Selbstbewusstseins war und sind glorreiche Remontadas und Last-Minute-Siege. Triumphe, die in dieser Art und Häufigkeit einfach nur von Real Madrid errungen werden können.
An diesen Erfolgen hat natürlich auch Florentino Perez seinen Anteil. Die kann und will ich ihm gar nicht nehmen. Die wahren Väter dieser Erfolge waren aber in meinen Augen trotzdem andere. Ein Sergio Ramos, der beim Stand von 0-1 im Finale gegen den Atletico in Minute 90+3 zum Ausgleich köpft und den Stadtrivalen damit den moralischen Todesstoß verpasst. Ein Cristiano Ronaldo mit seinen unzähligen wichtigen Toren (unvergessen beispielsweise seine drei Tore im Rückspiel gegen Schalke). Ein Benzema, der den uneigennützigen Vorlagengeber für Cristiano und Bale gab. Ein Mittelfeld-Trio, das wohl als eines der besten in die Geschichte dieses Sports eingehen wird. Aber auch die Trainer Ancelotti und Zidane, die mit ihrer ruhigen Art, mit ihrer natürlichen Autorität die idealen Trainer waren für eine Mannschaft, die mehr Vaterfigur als Taktikguru brauchte. Ähnlich wie damals auch Erfolgstrainer Vincente Del Bosque. Genau wie der Spanier musste aber auch Ancelotti trotz La Decima die Koffer packen. Zidane ging sogar (zweimal) freiwillig. Langfristige sportliche Planung ist gelinde gesagt nicht die Stärke von Florentino Perez. Die CL-Erfolge überdecken das – aber im täglichen La Liga-Alltag macht sich das schonungslos bemerkbar.
Maximal mittelmäßig.
Zidane sagt heute noch, dass seine liebsten Titel die beiden gewonnenen Liga-Trophäen waren, weil die Liga das tägliche Brot sei. Damit hat er vollkommen Recht. Während in der Champions League oft einzelne Genieblitze – oder auch starke Rückspiele – reichen, merkte man in Spanien, dass sich Perez mit der fehlenden Konstanz in der Personalplanung, von Trainer bis hin zu den Spielern, keinen Gefallen tut. Am konstantesten erfolgreich war man stets, als man es schaffte, eine Gruppe länger beisammenzuhalten, und den Trainer in die Personalentscheidungen miteinbezog. Mourinhos aber vor allem auch Zizous Erfolge sind der beste Beweis dafür. Unter Zidane kam zB kein De Gea, sondern man vertraute weiter Keylor Navas. Unter Mou gab es keine große Asien-Tour, sondern konzentrierte Vorbereitung mit möglichst wenig Presserummel. In Summe „verbrauchte“ Perez in seinen rund 20 Amtszeiten unfassbare 13 Trainer (wenn ich mich jetzt nicht verzählt habe). Zwar hat er sich dahingehend im Vergleich zu seinen Anfangsjahren gebessert, wirkliches Vertrauen und Mitspracherecht genossen aber eben nur der Portugiese (aufgrund seines damaligen Star-Status) und die Vereinslegende Zidane (den Perez damals ja schon selbst als Spieler holte). Ancelotti, jeweils Nachfolger der beiden Präsidenten-Lieblinge, musste/muss mit dem arbeiten, was da ist. Trainerwünsche werden selten erfüllt, das hat – in Kombination mit fehlendem Vertrauen – fähigen Coaches wie Pellegrini, Lopetegui oder eben dem Italiener in Amtszeit 1, das Genick gebrochen. Spieler, mit denen sie planten, wurden gegangen. Spieler, mit denen sie nicht rechneten, kamen. Spieler, die sie wollten, kamen nicht. Das macht es für jeden Trainer schwer, langfristig erfolgreich zu sein. Gerade in der Liga, die, wie Zizou richtig sagte, unser täglich Brot ist.
Den 6 CL-Triumphen stehen national lediglich 5 Meisterschaften gegenüber. 5 La Liga-Titel in 20 Jahren. Das ist mehr als bescheiden für die Ansprüche von Real Madrid. Klar kann man jetzt sagen, Barça hatte zeitweise eine Jahrhundertelf, das stimmt. Aber deren Dominanz dauerte keine 20 Jahre. Die Katalanen wären in Summe oft genug schlagbar gewesen, aber man konnte es nicht ausnutzen. Dazu kommen noch bescheidenere 2 Copa del Rey-Triumphe. In Worten: Zwei. Das kann und darf man nicht schönreden, auch wenn einer davon auch noch so legendär war.
Fehlende (sportliche) Philosophie.
Die anderen Vereine machen es dabei nicht immer besser. Aber man kann sich ruhig Dinge abschauen, die anderswo funktionieren. Selbst wenn’s der Erzrivale ist. Deren einheitliche Spielphilosophie zahlt sich aus. Eigenbauspieler haben beim FC Barcelona tendenziell weniger Anpassungsschwierigkeiten, Trainer werden (in der Regel) nicht nach Namen geholt, sondern nach der Frage: passen sie zur Philosophie. Bei Real Madrid fehlt so etwas komplett. Der einzige Rote Faden ist das Credo, die besten holen zu wollen und mit den besten alle Titel gewinnen zu wollen. Aber die besten Einzelspieler machen in einem Teamsport noch nicht das erfolgreichste Team. Das hat vor allem die erste Galactico-Ära eindrucksvoll gezeigt. Und wenn man schon keine einheitliche Spielidee hat, braucht es zumindest endlich einen echten Sportdirektor mit Handlungsfreiheiten, bei dem alles zusammenläuft. Wir Fans schreien schon lange nach so einer Person.
Neue Zeiten, jüngere Galacticos.
Realistisch betrachtet wird aber unter Perez nie ein Sportdirektor kommen. Warum?
Weil alles dem finanziellen Erfolg untergeordnet ist. Der Fokus liegt auf der Marke Real Madrid, nicht auf dem Fußballclub Real Madrid. Spieler werden vorrangig aufgrund ihres Marktpotentials geholt. Der Trainer muss dann schauen, wo er die Kicker unterbekommt. Und das ist unter Perez schon seit jeher so (ausgenommen nur die kurze Mourinho-Ära, der mehr oder minder nicht nur Trainer, sondern auch Sportdirektor war).
Das einzige, was sich dahingehend verändert hat: Früher hat man fertige Spieler, große Namen mit Strahlkraft geholt. Jetzt kauft man die größten Talente mit dem höchsten Marktwertpotential. Nicht weil man so viel Spaß an Talenteförderung hat, sondern einfach weil man es sich nicht mehr leisten kann, um die Figos, Zidanes dieser Welt mitzubieten. Um die 200er gab es dahingehend schlicht keine Konkurrenz. Heute müsste man mit Retortenclubs mitbieten, die ganze Staaten hinter sich haben. Das ist unmöglich. Genauso wie es beinah unmöglich ist, Spieler von jenen Clubs wieder loszueisen.
Bestes Beispiel Mbappe. Man ist so vernarrt in die Vorstellung, ihn im weißen Trikot zu haben (um weiße Trikots verkaufen zu können), dass man sportliche Baustellen bewusst in Kauf nimmt. Seit mehreren Jahren läuft man ihm schon hinterher. 2x konnte man aber der Spieler wollte nicht. Die restliche Zeit konnte man ihn sich schlicht nicht leisten – bzw konnte es sich PSG leisten, jegliche Summe abzulehnen, egal wie verrückt die auch geklungen hat.
Ausverkauf der eigenen Identität.
Kylian Mbappe wird trotzdem kommen. Irgendwann. Man spart seit Jahren für diesen Transfer und wird weiter Sturm-Alternativen ignorieren. Ob der Franzose die richtigen Werte vertritt oder ob er womöglich der aktuell hervorragenden Teamchemie mit seinem Ego-Trip mehr schadet … das ist dem Verein dabei völlig egal. Die großen Stars und die größten zukünftigen Sternchen müssen in Madrid spielen. Dafür wird auch gern mal die eigene Identität verkauft.
Seit Jahren ist die Cantera nur dazu da, möglichst viele Spieler für (insgesamt) möglichst viel Geld zu verkaufen. Die eigene Jugend dient nicht mehr länger als Identifikation für Fans, sondern ist zur Geldruckmaschine verkommen. Bezeichnend für diesen Präsidenten.
Jedes Jahr hoffen wir Fans wieder darauf, dass einer „von uns“ hochgezogen wird – nur um dann wieder enttäuscht zu werden. Ja, ab und an werden welche hochgezogen. Aber sie sind nie einer ernsthafte Option im A-Kader, sondern sollen nur Lücken füllen und den Marktwert steigern, um dann verkauft zu werden. Ich behaupte, selbst ein Raul oder Casillas würden es unter der aktuellen Vereinsführung im Leben nicht schaffen, sich bei Real Madrid durchzusetzen. Wir Fans finden dann immer eine Ausrede, warum Spieler A zu wenig Talent hat oder Spieler B halt die Einstellung fehlt. Aber 20 Jahre sind ein langer Zeitraum, wir reden hier nicht von Einzelfällen, sondern einem klaren Plan: Die Canteranos sollen nicht für Real Madrid spielen, sondern Geld reinspielen.
Dazu kommen immer wieder größenwahnsinnige Ideen auf wie zum Beispiel jene um einen Real Madrid-Freizeitpark. An sich schon absurd aber dann soll er auch noch in einem Staat entstehen, der Frauen- und Menschenrechte mit Füßen tritt. Nennt mich naiv aber als Institution Real Madrid, als Institution mit Vorbildwirkung für zigtausende Jugendliche auf der Welt, hat man mMn die Verantwortung, von solchen Staaten kein Geld zu nehmen. Mir ist schon bewusst, dass man kaum eine Firma findet, die eine lupenreine Weste hat. Aber es gibt sehr wohl Nuancen der Geldgier. Mit Sponsoren wie Fly Emirates macht Real Madrid hier nichts anders als jeder andere Verein und verkauft sich wie alle anderen an den Meistbietenden. Schade und nicht nötig. Was bringt uns jährliches Wachstum? Was bringt es uns Fans, wenn wir Real Madrid in irgendeiner Forbes-Liste ganz oben sehen? Das alles hat nichts mehr mit Fußball zu tun. Und Perez war einer der Pioniere dieser Entwicklung.
Da ist es auch kein Wunder, dass er immer noch so sehr für die Super League eintritt. Dabei wurde das diffuse und grottenhaft schlecht kommunizierte Konzept zurecht von den meisten Fans kritisiert wurde. Leider steuert auch die UEFA in exakt dieselbe Richtung, nennt das Ganze halt nur anders. Ich seh da in Wahrheit wenig Unterschied zwischen den beiden Modellen. Hier wie da sind die großen Gewinner nur die allerreichsten Vereine. Hier wie da bleibt das große Geld bei diesen paar Clubs. Und das ist, man verzeihe mir die Wortwahl, einfach zum Kotzen.
Ein Real Madrid ohne Perez
Damit ich hier nicht nur einfach kritisiere, ohne Lösungen zu präsentieren, möchte ich noch kurz darstellen, was ich mir von einer Real Madrid-Vereinsführung wünschen würde. Ob es in naher Zukunft einen Kandidaten gibt, der es schafft, diese Dinge umzusetzen, weiß ich nicht. Aber ich hier hier mal vom Ideal aus, wohlwissend, dass es das wohl nicht geben wird.
.) Der Sport sollte an erster Stelle stehen. Es braucht natürlich ein gesundes wirtschaftliches Fundament, aber wir brauchen nicht jedes Jahr Rekordgewinne. Der Sport muss an erster Stelle stehen bei einem Sportverein
.) Real Madrid sollte seine soziale Verantwortung (wieder) ernster nehmen. Ich weiß, man hat zahlreiche Stiftungen und super Projekte laufen. Aber auch im Großen würde ich mir wünschen, dass man positivere Signale setzt. Also kein Trikotsponsor aus einem Land, das unsere Werte mit Füßen tritt
.) Die eigene Jugend sollte wieder eine größere Rolle spielen. Mir ist klar, dass man nicht immer gleich talentierte Jahrgänge hat. Aber aktuell steuern wir auf ein Real Madrid ohne Canteranos zu – und das müsste wirklich nicht sein. Auch Ergänzungsspieler wie Nacho können sehr wertvoll sein. Und anstatt die Mendys dieser Welt zu kaufen, kann man auch den Gutierrez‘ und Garcias dieser Welt eine Chance geben. Ein Nico Paz hat hier zB kaum eine Chance, weil man Talente lieber aus dem Ausland holt.
.) Endlich ein Sportdirektor mit Handlungsspielraum. Passt auch zu Punkt 1 aber ist mir so wichtig, dass ich es als eigenen Punkt anführe.
.) (Gewaltbereite) Ultras sollten weiterhin nichts im Stadion verloren haben. Das ist auch ein Punkt, für den ich Florentino Perez dankbar bin.
.) Lasst uns mehr zu unseren Spielern stehen. Ich finde es traurig, wie lange und zaghaft man auf die andauernden rassistischen Beleidigungen gegenüber Vinicius Jr. reagiert hat. Auch hier wünsche ich mir mehr Haltung. Mehr als nur ein nichtssagendes Social Media-Statement. Es geht hier mehr als nur Sport und da darf/kann/muss man sich mMn positionieren. Zu sagen, Politik hat im Sport nichts verloren, ist kurzsichtig. Einfach alles ist Politik. Jeder Einkauf im Supermarkt ist ein Statement … und gerade große Institutionen hätten die Macht, hier etwas zu verändern.
Realistischerweise wird sich aber leider der Kurs so bald nicht ändern. Es liegt nahe, dass Jose Angel Sanchez auch nach Perez eine wichtige Rolle im Verein haben wird. Und der gelernte Marketer war all die Jahre mehr als nur ein einflussreicher Einflüsterer. Außerdem hat es Perez seiner potenziellen Konkurrenz über die Jahre erschwert, überhaupt zu kandidieren. Es müsste sich also jemand finden, der sehr viel Geld hinterlegen kann UND anders denkt als Perez. Ein Gegenmodell wird sich aber schwer intern verkaufen lassen, solange im Verein offensichtlich so viele zufrieden sind, mit der Art und Weise, wie Real Madrid geführt ist. Der Wagen müsste schon an die Wand fahren, damit jemand neues ans Steuer darf. Eine schlechte Perez-Kopie braucht nämlich keiner. Dann lieber, wohl oder übel, das Original. Trotzdem gebe ich die Hoffnung nicht auf. Aus Liebe zu diesem Sport – aus Liebe zu dem Verein (wie er mal war).