Solche Vergleiche sind meiner Meinung nach sehr irreführend. Hier wird nämlich nur auf die Erlöse geschaut. Ein Verein wie Barcelona bildet Spieler wie Gavi, Curbarsi und Balde aus – alles Top-Spieler auf internationalem Niveau (über die tatsächliche Qualität lässt sich immer streiten). Da diese jedoch im eigenen Kader spielen, werden sie in dieser Statistik nicht berücksichtigt.
Man muss ehrlich sein: Die Castilla von Real Madrid bildet nicht auf Topniveau aus. Ja, wir bringen viele Spieler in den Profibereich, aber als Akademie von Real Madrid sollte das selbstverständlich sein. Auch in der Jugend haben wir eine solche Strahlkraft, dass wir die Toptalente anziehen könnten.
Wie viele unserer “großen” Talente spielen denn jetzt auf höchstem Niveau? Wo sind unsere Toptalente wie Marvel, Blanco, Alvaro Rodriguez etc. heute? Es ist leider ein Armutszeugnis. Klar, Spieler wie Llorente, Morata und Miguel sind gute Beispiele, aber “Weltklasse” ist bis auf Hakimi keiner.
Als Real Madrid sollten wir den Anspruch haben, mindestens einen Topspieler pro Jahrgang auszubilden. Es wird oft gesagt, die Spieler verletzen sich aufgrund der hohen Anzahl an Spielen. Das mag stimmen, aber bei Real Madrid läuft definitiv mehr falsch. Wie kann es sein, dass wir in der Castilla bereits über 60 Verletzungen hatten? Die haben ja nun wirklich nicht zu viele Spiele.
Als jemand, der im Fußballbereich arbeitet, mache ich mir schon ein wenig Sorgen um uns. Vereine/Unternehmen wie City, RB und Co. investieren massiv in die Jugendförderung, den Aufbau von Strukturen und die Digitalisierung. Bei Real Madrid (so zumindest mein Eindruck) liegt der gesamte Fokus auf der Kommerzialisierung. Im sportlichen Bereich fehlt jedoch noch viel Digitalisierung. Daten werden gesammelt, aber in Excel dargestellt. Das mag funktionieren, aber in Zeiten von Tools wie Power BI wäre ein funktionierendes Dashboard kein Hexenwerk. Nach außen hin verschließt sich Real Madrid auch extrem, arbeitet sehr bürokratisch. Keiner traut sich, große Risiken einzugehen, weil die Kultur toxisch ist. Fehler führen (zumindest nach dem, was ich gehört habe) oft zu Kündigungen. Dadurch werden Projekte meist für teures Geld extern vergeben und dauern lange.
Genug beschwert. Natürlich ist nicht alles schlecht. Aber bei Real Madrid laufen viele Dinge falsch. Das Gute ist, dass generell im Fußball vieles noch falsch läuft, wodurch man sich dies erlauben kann. Aber Unternehmen wie die City Group, Leverkusen und auch RB arbeiten stark daran, sich zu professionalisieren. Eines Tages wird Real Madrid das auch brauchen. Die Kultur und die Arroganz, die man intern hört (“wir sind der größte Verein, wir brauchen dies und jenes nicht”), geben einem schon zu denken.
ich habe nicht das Gefühl, dass man in Madrid in dieser Hinsicht alles verschläft, während andere bald oder bereits an uns vorbei düsen.
Natürlich ist die Jugendförderung ein Problem. Und dieses sollte man auch zwingend angehen. Ich habe ja vor einigen Tagen erst kritisiert, dass mittlerweile sogar die Transfers für die Castilla weggefallen sind, die damals der Castilla als auch der ersten Mannschaft enorm geholfen haben.
Ich denke jedoch nicht, dass man diesen Prozess komplett verschlafen wird und man sich einfach auf den Erfolg ausruht.
Es scheint vielmehr so, als dass Perez versucht möglichst vorsichtig zu wirtschaften und Real Madrid finanziell stabil zu halten. Während man nach außen hin mit der Milliarde Umsatz angibt, dreht man intern jeden Pfennig zweimal um. Der Stadionumbau sowie der Mbappé Transfer haben die finanzielle Freiheit des Vereins nachhaltig reduziert. Nun plante man mit den Stadion-Mehreinnahmen, um wieder flexibler mit Kapital umgehen zu können, aber da machte man uns einen Strich durch die Rechnung, sodass bis zum Jahresende keine Konzerte mehr im Bernabeu gespielt werden dürfen.
Ich denke daher, dass einige Prozesse im Verein stehen geblieben sind, manche Dinge noch nicht angegangen werden, weil man erstmal die großen Baustellen beseitigen will. Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Board nach Abschluss eines Projekts stehen bleibt, ohne sich neuen Projekten zu widmen, die den Verein noch besser machen. Man sollte aber vllt. einfach skalieren und den Fokus erstmal richtig setzen, bevor man seine Aufmerksamkeit zu vielen Dingen gleichzeitig widmet und dann für jede Sache am Ende zu wenig Fokus hat.
Anderseits muss man auch anerkennen, dass es meistens nicht die Spieler schaffen Weltstars zu werden, die die besten in ihrer Jugendakademie waren. Es sind vielmehr die, die weiter hart an sich arbeiteten und im Schatten anderer gewachsen sind und sich nie aufgegeben haben. Das habe ich jetzt schon mehrfach von Profispielern gehört. Die anderen neigen oft dazu arrogant und überheblich zu werden und verlieren irgendwann den Anschluss. Eine super Jugendakademie bestehend aus den besten Talenten der Welt heißt dann immer noch nicht, dass man die besten Profi-Spieler der Welt heranzüchten wird.
Ich mag den Fokus auf die Werte bei uns in der Akademie. Man sah immer wieder, wie sehr gerade diese Jugendspieler für Ausgleich, Beständigkeit und einem Arbeitsethos standen. Sie füllten die Lücken in unserem Kader und waren immer zur Stelle, wenn man sie gebraucht hat. Das waren die von anderern Vereine gekauften Spieler nie so wie unsere Castilla Jungs. Daher denke ich, dass diese werteorientierte Erziehung ein wesentlicher Faktor für den Erfolg der letzten zehn Jahre war.
Dennoch würde auch ich gerne sehen, dass der Verein mehr für den Jugendbereich tut. Ein Carvajal ist immer wertvoller als ein Ramos. Klingt für viele wie eine Beleidigung für eine Legende. Nein. Niemals. Ich liebe Ramos. Dennoch hat Carvajal eine ganz andere Bindung zu dem Club.