Mir ist selbst jetzt hier teilweise noch sehr viel Träumerei am Start. Selbst wenn wir James Debüt Saison unter Carlo genauer ansehen. Seine mit Abstand beste Zeit hatte er als offensiver Freigeist im LOM in einem asymetrischen 4-3-3 und später als RM in einem 4-2-2-2 mit Isco als LM, das möglich wurde, nachdem sich Bale das este mal länger verletzt hat. Das hat ein halbes Jahr funktioniert und war zugeben der vielleicht beste und attraktivste Fussball, den wir in den letzten 10 Jahren gespielt haben. Aber dann fingen auch die Probleme an.Die Gegner fingen an, das System auszurechnen. Modric und James waren komplett überspielt und haben sich langfristig verletzt und wegen dem zu kleinen Kader haben wir den Anschluss verloren und einige schmerzhafte Niederlagen eingefahren (vor allem gegen Atletico). Bei James und Modric' Rückkehr war das System schon deutlich ausrechenbarer und zäher, und Carlo hatte keinen Plan B. Das Ausscheiden in der CL und folgende Barca Triple konnte anschliessend auch James nicht verhindern. Zidane hat zu Beginn ebenfalls auf dieses 4-3-3 mit Kroos als 6er und James/Isco als 8er gesetzt, musste aber relativ schnell feststellen, dass es nicht (mehr) funktioniert und hat auf KMC umgestellt. Der Rest ist bekannt. Man kann Zidane vorhalten, dass er James im 4-3-1-2 nicht öfters gebracht hat, oder letzte Saison öfters das 4-2-3-1 ausgepackt hat, welches ohne BBC deutlich besser funktioniert. Aber letztendlich gibt ihm der Erfolg recht.
Bei Bayern unter Heyckens hat er als eine Art abfallender linker 10ner im 4-1-4-1 gespielt. Die Bilanz war mMn durchzogen, er hatte starke Auftritte, aber auch solche, wo er nicht das gezeigt hat, was er könnte.
Ich will damit James nicht auch noch seine beste Leistungen nehmen, ich habe genug auf ihm herumgehackt. Aber es unterstreicht in meinen Augen das Grundproblem mit James, er braucht extrem viele Zugeständnisse, damit er optimal funktioniert, und selbst dann gibt es keine Garantie, dass er konstant liefert. In der kolumbianischen Nati kann man ihm das bieten, klassisches 4-2-3-1 mit ihm als 10ner, alles läuft über ihn, Falcao und Jackson haben vollstreckt, alle lieben ihn. Aber im modernen Fussball und gerade bei Topklubs wird es immer schwieriger, alles auf solche Spieler auszurichten und irgendwann kommt mMn der Punkt, wo die Frage gestellt werden muss, ob das ganze noch Sinn macht. Man hat das Spiel z,B, auch auf CR und BBC ausgerichtet, aber CR war 9 Jahre lang konstant einer der besten Spieler der Welt und hat sämtliche Rekorde zerschossen, Bale war zumindest 4 Jahre sehr stark und an mehreren Titeln direkt beteiligt. James konnte selbst in bester Form im passenden System das Barca Triple nicht abwenden und sein grösster Beitrag war letztendlich die Jokerrolle bei der Meisterschaft 2017, so traurig es klingen mag. Und daher finde ich es schwierig, ein Szenario zu finden, in dem James jahrelang eine tragende Rolle spielen hätte können, ohne dass er sich auch selber etwas an der Nase nimmt. Isco hat die Rolle als 12 Mann angenommen und darin einige starke Leistungen gezeigt, gerade 2013-15 und 2016-2018. Andere haben ihr Glück anderswo versucht und gefunden. MIt etwas mehr Anpassungsfähigkeit und Biss wäre das auch für James nicht unmöglich gewesen. So muss er nun wohl oder übel den Weg zu Everton gehen, ein Klub, dem seinen Bedürfnissen eher entgegen kommen kann.
James ist damit für mich auch ein Mahnmal, dass die Galacticos und Einzelkünstler mit vielen Bedürfnissen eine aussterbende Spezies sind. CR und Messi sind der Gipfel dieser Entwicklung Richtung alles überragende Einzelkönner, und auch sie haben schon, bei allem Rekorden, von starken Mitspielern profitiert. Messi hatte die beste Generation aller Zeiten um sich, später Neymar und Suarez und CR hatte einen kongenialen Partner in Benzy, der seinen eigenen Ruhm hinten angestellt hat und hat nach und nach den besten Kader aller Zeiten um sich herum aufgebaut bekommen. Letztendlich waren mMn sowohl die Meisterschaft 2012, La Decima, das CL Triple plus Double 2017 und auch die diesjährige Meisterschaft eine Teamleistung, angeführt von Höchstleistungen einzelner Spieler. Es ist auch kein Zufall, dass aktuell mit Bayern und Liverpool vor allem Mannschaften stark sind, die als geschlossene Mannschaft brilieren, oder Leipzig, Lyon und Bergamo mit ähnlichen Philosophien soweit kommen. Selbst die Scheichklubs PSG und City spielen um ein vielfaches besser, seit sie mit Tuchel und Pep Trainer haben, die gute Taktiker sind und das Team als ganzes sehen. PSG Einzug in den Finale war eine starke Teamleistung, sobald sie sich nur noch auf Neymars und Mbappes individuelle Klasse verlassen haben, wurde es eng. Die Zukunft wird denke ich wieder mehr im Team als ganzes und dessen Funktionieren als Einheit liegen. Überragende Einzelkönner wird es immer geben, aber sie werden sich wohl wieder mehr an die Mannschaft als Ganzes anpassen müssen, als dass man alles um sie herum aufbaut. In dieser Welt wird es für Spieler wie James, die zig Zugeständnisse brauchen und nicht bereit sind, auch nur einen Finger zu rühren, zunehmend schwieriger, einen Platz zu finden.
Danke für legendäre Momente und viel Glück in England. Aber ich bleibe dabei, unter dem Strich war der Transfer ein Fehler und die Trennung das einzig richtige und lange überfällig. Ode wird uns deutlich mehr bringen, und ist genau das, was James mit etwas mehr Wille zum Fortschritt hätte sein können. So bleibt er ein Relikt vergangener Zeiten, welches zu seinem Leidwesen 10-20 Jahre zu spät gekommen ist.