Warum zum Teufel jetzt wieder Kroos angegangen wird, will mir nicht in den Kopf. Sein Vertrag wurde letzte Saison durch eine Klausel automatisch um 1 Jahr verlängert, die vergangene Saison oder Belohnung haben damit nichts zu zun. Und Kroos verdient auch 1/3 weniger als Bale und ist nicht die halbe Saison verletzt, wenn man letzteren schon so gerne als Totschlagargument nimmt.
Ich verstehe den Frust, ich verstehe den Wunsch nach Besserung, trotzdem sollte man die Dinge in einen entsprechenden Kontext setzen und nicht aus den Zusammenhang reissen.
Allgemein empfehle ich jeden hier, mal zu versuchen, den ganzen Wald statt einzelne Bäume zu sehen. Wir sind alle emotional und frustriert, leider verliert man dann schnell mal die Rationalität. Viele Madrid Fans, auch hier, haben die Angewohnheit, sich an Details aufzuhängen und einzelne Sündenböcke rauszusuchen, denen man alles anhängen kann. Die restlichen Probleme werden ausgeblendet, oder ganz übersehen und die eigen Lieblinge werden möglichst geschützt. Das soll kein Rundumschlag gegen das Forum sein, sondern einfach mal ein Appell an alle, zu versuchen, das ganze zu sehen und zu verstehen. Ich finde es gibt immer noch zu viele Leute, die sich an einzelnen Brandherden aufhängen und das Gefühl haben, mit der Lösung jener sei alles wieder gut. Die Realität ist kompliziert, und die einfachste/naheliegenste Lösung nicht immer die beste. Die jetztige Situation ist ein Dominoeffekt vieler zusammenhängender, dämmlichen und kurzsichtigen Entscheidungen. Einzelne Probleme lösen löst das Gesamtproblem nicht. Und es gibt keine Masterlöstung, die alles auf einmal löst. Es ist wie ein mit zig Knoten versehenes seil. Man muss die einzelnen Knoten nach und nach auflösen.
@RaulR7 hats finde ich bisher am besten zusammengefasst. Der gesamte Verein, angefangen bei Perez über Zidane bis zu den Spielern und auch uns selber als Fans. Real Madrid wird seit 2 Jahren immer mehr und mehr zu einem Utopia für die Champiobsleague Sieger. Sie werden verhätschelt und für ihr Wohlbefinden wird gesorgt. Spieler, die Leistung zeigen und berechtigte Ansprüche stellen, werden aussotiert (Pepe, James, Morata, Kovacic, Llorente, Ceballos), man holt Trainer ohne klingenden Namen, dir möglichst keine Ansprüche stellen. Treffen sie unpopuläre Entscheidungen, werden sie wieder entlassen. In den Medien wir alles verharmlost und schöngeredet, kritische Stimmen im und um den Verein werden mumdtot gemacht oder ins Lächerliche gezogen. In Ungnade gefallene CL Helden sortiert man rigoros aus (CR, jetzt Bale). Um Himmels Willen, so führt man doch keinen auf Erfolg ausgelegten Verein.
Zidane ist das eine. Ja er hat Lieblinge, ja er ist kein Taktikgenie, ja er ist wohl der falsche Trainer für den Umbruch. Aber liegt es wirklich nur an ihn? Er hat neue Spieler geholt, er hat in 3 Spielen 4 neue Formationen probiert. Er hat als Spieler unter verachiedenen Trainer gelernt, und er hat bereits kluge taktische Entscheidunhen getroffen, 4-3-3 mit Casemiro, 4-3-1-2 mit Isco als 10ner, 4-4-2 gegen PSG, 4-5-1 gegen Bayern, ich glaube nicht, dass er komplett keine Ahnung hat. Er wird zurecht kritisiert, aber die anderen Parteien, Spieler, Perez und auch wir als Fans kommen mir oft zu einfach davon.
Zum einen die Spieler. Und damit meine ich rigoros alle, unabhängig von ihrer Vergangenheit oder wie sehr ich sie mag. Was zum Fick war das gestern bitteschön? Keine Taktik zu haben ist eine Sache, die kompletten Basics zu vergessen/verkacken etwas anderes. Bei manchen frage ich mich wirklich, was zum Geier sie im Training machen, und wie sie Dinge vergessen können, die sie davor 10 Jahre lang problemlos gekonnt haben. T-Bo labbert was von Nr.1, und kassiert 5 Tore in 45 min. Nacho..., weiss der Teufel, was mit ihm lost ist, so schlecht war er zuletzt in der Castilla vor 7 Jahren. Varane, Ramos, Dani, Kroos, Modric, Marcelo usw. alle meilenweit weg von irgend einer Form. Keiner kämpft, keiner läuft, keiner arbeitet an sich. Warum auch, sie spielen ja eh wieder. Mit dieser Einstellung wird hier kein Trainer mehr irgendwas erreichen.
Der nächste im Bunde ist Perez. Kritik an ihm ist ja bei vielen nicht gern gesehen, und ich werde nicht wieder zum Rundumschlag ausholen. Trotzdem darf er nicht unerwähnt bleiben. Die Entscheidung, Bale statt CR zu behalten und letzteren ersatzlos gehen zu lassen, war die vielleicht dümmste Entscheidung seiner Karriere. Lope war seine Idee, diesen wieder zu entlassen und statt Conte Solari zu holen war seine Idee. Zidane 2.0 war seine Idee. Immerhin scheint er mittlerweile begriffen zu haben, die Kaderplanung dem Trainer zu überlassen. Ändert aber nix daran, dass wir auch wegen ihm in dieser Situation hier sind.
Und letztendlich uns Fans. Ich verstehe den Frust, ich verstehe die Wut, ich verstehe die mehr als berechtigte Kritik, ich beteilige mich ja auch dran. Trotzdem finde ich es wichtig, dass man sich an 3 Punkte erinnert.
A) La Decima und das CL Triple waren etwas besonderes, was auf harter, jahrelanger Arbeit basiert und sich nicht so schnell und einfach wiederholen lässt. Das aktuelle Madrid, so hart es klingt, ist näher an der Realität als das von 2016-18. Jeder Zyklus endet und ein neuer beginnt, das gilt für jede Mannschaft. Ich höre immer wieder wir werden wie Milan. Und während ich nicht hoffe, dass wir ganz aus Europa und Titelkämpfen verschwinden, ist diese Entwicklung nicht ein Stück weit natürlich? Bevor etwas neues gedeiht, muss das alte verschwinden. Dieses Madrid, dass sich manche wünschen, dass auf Jahre hinweg Europa beherrscht, jeden Sommer alle Stars und Talente abgreifft und nur ansehnlichen Fussball spielt, ist eine Illusion. Genausowenig werden Barca, Atletico, Pool, City, Juve oder wer auch immer die nächsten 10 Jahre alles dominieren.
B) Das schon erwähnte Konzentrieren auf Details statt Grundprobleme und die naive Annahme, dadurch werden alle Probleme gelöst. Hier in der Schweiz gibt es einen netten Ausdruck dafür, "Pflästerlipolitik" aka "Pflasterpolitik". Statt den ganzen Bruch zu reparieren klebt man ein Pflaster darauf und nimmt an, damit sei es erledigt. Man kann Dinge hinterfragen, kritisieren und sich Alternativen wünschen. Aber man sollte aufpassen, dass man sich nicht so sehr reinsteigert, dass man vor lauter Bäume den Wald nicht mehr sieht.
C) Wir kennen letztendlich nicht alle Details. Es ist immer einfach, hinter dem Bildschirm zu sitzen und zu kritisieren. Wir müssen nicht vor die Medien treten, zu anderen Vereinen reisen und sie und ihre Stars zu einem Transfer überzeugen, wir müssen nicht FFP Regeln einhalten, wir müssen nicht unseren eigenen Ansprüchen gerecht werden usw. Man kann und soll hiterfragen und kritisieren, aber man sollte auch die Realität im Auge behalten und versuchen, das ganze zu sehen.
Basierend auf diesen 3 Punkten bin ich doch der Meinung, dass wir uns zu oft an Details aufhängen und darin verlieren und manchchmal schlichtweg unrealistische Erwartungen haben. Die hier oftmals propagierten Fifa Manager Lösungen werden die Grundprobleme nicht lösen. Kroos Vertrag um 1 Jahr kürzen wird nix lösen. Nacho verkaufen wird nix lösen, auf Vini aleine setzen wird nix lösen, weitere Superstars werden nix lösen, Bale behalten wird nix lösen, usw.
Ich kann nur jedem empfehlen, die aktuelle Situation und den Weg dahin über die letzten 2 Jahre nochmal genau zu anslysieren. Alle Entscheidungen Perez, sämtliche Trainerentscheidungen, Aussagen und Auftritte der Spieler usw. Wer dann immer noch meint, Kroos Vertrag sei das grösste Problem und Solari, Bale behalten und weitere 300 Mio für Mane und Mbappe wird alles lösen, dem kann ich leider auch nicht mehr helfen.
