Ein äußerst lesenswertes Interview von Xabi Alonso. Besonders der Abschnitt über das Pressing und die Einbindung der Flügelspieler in die Defensivarbeit hat mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Ich bin unglaublich gespannt auf die kommende Zeit unter Xabi, die Vorfreude könnte kaum größer sein.
„Der Fußball hat sich in den letzten 15 Jahren enorm verändert – es ist heute nahezu eine andere Sportart.
Von oben bis unten: die Vorbereitung, das Training, die taktischen Konzepte, die Art und Weise, wie man sich Vorteile verschaffen kann, und wie man sich an Spielsituationen anpasst – all das ist heute deutlich weiterentwickelt und ausgefeilter als früher. Es ist akademischer, theoretischer geworden. Es ist nicht mehr nur instinktiv und emotional – und trotzdem nach wie vor wunderschön.
Im Fußball fasziniert mich, zu verstehen, warum Dinge auf eine bestimmte Weise geschehen. Und ich glaube, heute habe ich dieses Verständnis. Schon als Spieler habe ich während des Spiels analysiert, was passiert und warum.
Für mich ist eines klar: Man muss den Gegner so hoch wie möglich auf dem Platz unter Druck setzen. Ein langer Pass ist nicht dasselbe wie ein Befreiungsschlag. Wenn man dem Gegner zu viel Raum lässt, kann er einen präzisen Ball spielen – aber wenn man ihn presst, wird er den Ball nur noch loswerden wollen. Und genau das verschafft einem selbst einen Vorteil.
Ein Beispiel: Die Flügelspieler müssen nach innen rücken und mitpressen. Sie dürfen nicht einfach außen stehen und zuschauen – sie müssen aktiv mithelfen beim hohen Pressing. Das macht einen großen Unterschied. Als Spieler hatte ich oft Diskussionen mit unseren Außenstürmern und Angreifern: ‘Kommt her, verteidigt mit uns! Wir brauchen euch auch in der Defensive!’
Als Trainer muss man sich an die Fähigkeiten der eigenen Spieler anpassen – ohne dabei die eigenen Prinzipien und Ideen zu verraten.
Bei der spanischen Nationalmannschaft zum Beispiel konnten wir keinen Konterfußball spielen. Wir hatten Spieler wie Iniesta, Silva und Villa im Angriff – großartige Fußballer, aber 50 Meter vom Strafraum entfernt nicht annähernd so gefährlich. Also bestand unser Plan darin, sie so nah wie möglich ans Tor zu bringen: Positionsspiel, Überzahlsituationen schaffen, Lücken finden, Räume bespielen.
Bei Real Madrid hingegen, mit Spielern wie Bale, Cristiano, Benzema oder Di María, war das anders. Selbst aus 50 Metern Entfernung konnten sie gefährlich werden, weil sie die entstehenden Räume mit ihrer Dynamik ausnutzen konnten.
Ich bin eher ein Verfechter des Positionsspiels, ich möchte ein hohes Pressing und den Ball sofort zurückerobern – aber über allem steht für mich eines: Kontrolle. Je mehr Kontrolle meine Mannschaft über das Spiel hat, desto wohler fühle ich mich.“