Ich glaube, dass es sich bei der Super League in erster Linie nicht um eine finanzielle Frage handelt, sondern um eine ideologische Frage, die jeder für sich selbst beantworten muss. Ich habe keine Lust, einen Roman zu schreiben, deshalb fasse ich es in wenigen Sätzen mit fiktiven Beispielen zusammen:
Die Champions League und nationale Ligen basieren auf einem Solidaritätsprinzip: Jeder Teilnehmer erhält ein Stück vom Kuchen – unabhängig davon, wie viel er letztlich zum Gelingen beigetragen hat. Voraussetzung ist lediglich, dass man überhaupt als „Koch in der Küche“ steht.
Pérez hingegen verfolgt offenbar ein anderes Prinzip: Nur diejenigen sollen am Kuchen beteiligt werden, die auch tatsächlich dafür sorgen, dass er schmeckt.
Wenn Pérez sieht, dass Real Madrid mit einem Kaderwert von 1,3 Milliarden Euro gegen RB Salzburg mit einem Kaderwert von 130 Millionen Euro spielt, kommt er zum Schluss: Die meisten Zuschauer schalten wegen Real Madrid ein – nicht wegen Salzburg. Wenn ein solches Spiel Einnahmen von 10 Millionen Euro generiert, müsste aus seiner Sicht der Großteil davon auch an Real fließen.
Das scheint aus seiner Perspektive nachvollziehbar – schließlich bezahlt er die Superstars, wegen denen sich viele Fans vor den Bildschirm setzen
Problem ist, dass sich objektiv nicht messen lässt, von welchen Faktoren und zu welchen Teilen sich der wirtschaftliche Wert einer Fußballpartie zusammensetzt. Wie viel „Wert“ bringt Real Madrid in einem Spiel gegen RB Salzburg wirklich? 80 %? 95 %? Oder sind es vielleicht nur 60 %, weil ein Spiel ohne Gegner nun mal nicht stattfindet?
Außerdem - und hier schlägt das Solidaritätsprinzip des UEFA-Modells voll durch - würden durch ein anderes Verteilungssystem finanzielle Vormachtstellungen entstehen. Denn wer mehr Geld hat, kann sich bessere Spieler leisten – was zu sportlichem Erfolg führt, der wiederum neues Geld bringt. Ein Teufelskreis, der die Kluft zwischen Arm und Reich im Fußball weiter vergrößert.
Am Ende stehen sich also zwei "Ideologien" gegenüber:
- UEFA-Modell (Solidaritätsprinzip):
Jeder Teilnehmer bekommt einen Anteil – teils gleichmäßig, teils nach sportlichem Erfolg.
Ziel: Wahrung des Wettbewerbs durch finanzielle Teilhabe auch kleinerer Clubs.
Kritik: Große Clubs „subventionieren“ kleinere mit, obwohl sie den Großteil der TV-Zuschauer und Vermarktung anziehen.
Perez-Modell (Super-League-Logik):
Clubs werden nach Marktwert, Anziehungskraft und Markenstärke entlohnt.
Ziel: Kommerzielle Maximierung für Topclubs.
Risiko: Zementierung bestehender Machtverhältnisse, weniger sportlicher Wettbewerb.
Die Frage ist also: Was wollen wir Fans?
Wollen wir Fußball als ein offenes, durchlässiges System, in dem "jeder eine Chance hat"?
Oder wollen wir ein (fast) geschlossenes, marktwirtschaftlich durchoptimiertes Entertainment-Produkt, in dem die größten Marken den Löwenanteil kassieren?
Die Vor- und Nachteile muss jeder für sich selbst beurteilen.
Ich persönlich habe keine Lust auf einen überfüllten Spielkalender, der sich negativ auf die Leistungen der Spieler auswirkt und mir am Ende doch nur unattraktive Spiele auf dem Niveau Real Madrid gegen Salzburg oder Lille bringt. Ein Ligensystem fände ich jedoch blöd, weil es nichts spannenderes als KO-Runden gibt.
Wäre ich Fan von Salzburg würde ich es jedoch "megageil" finden, einmal als Auswärtsfan ins Bernabeu zu reisen und meinen Verein gegen den besten Verein der Welt spielen zu sehen.
Aus meiner Sicht gibt es hier kein Richtig und kein Falsch. Wie gesagt, am Ende ist es eine ideologische Entscheidung. Und hier wird es dann nochmal ganz knifflig, wenn es um die Frage geht, wer denn entscheiden darf, in welche Richtung der Fußball geht. Denn auch hier werden die größeren Player aus den oben schon dargestellten Gründen ein größeres Mitspracherecht einfordern.