Analyse

Defensive Selbstdemontage

Real Madrid wird auch im zweiten Clásico der Saison ordentlich demontiert und ist am Ende des Tages mit einem 2:5 sogar noch gut bedient. Aus königlicher Sicht besonders bitter: Das Team von Carlo Ancelotti scheitert im Supercopa-Finale nicht zwangsläufig an alles überragenden Katalanen, sondern vor allem an der defensiven Unzulänglichkeit. Will man im weiteren Saisonverlauf noch ein Wörtchen um die verbleibenden Titel mitreden, müssen unbedingt Anpassungen her.

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Erlebten einen rabenschwarzen Abend: Trainer Carlo Ancelotti und Aurélien Tchouaméni – Foto: Yasser Bakhsh/Getty Images

Ein defensivtaktisches Debakel

Dass Clásicos zu der Art von Spielen gehören, die – insbesondere aus Ergebnissicht – nicht immer zu hundert Prozent rational erklärbar sind, ist nun wahrlich nichts Neues. Für Real Madrids jüngste krachende 2:5-Pleite im Finale der Supercopa gegen den Erzrivalen aus Barcelona gilt das indes nicht. So war die Begegnung aus Sicht der Königlichen genau das, was es aus Ergebnissicht durchaus vermuten lässt: ein astreines defensives Debakel, das gut und gerne, ohne übermäßige Übertreibung, auch noch weitaus höher hätte ausfallen können. Und noch viel schlimmer: Tatsächlich vermittelte die Partie den Eindruck, dass die Blancos nicht zwangsläufig an einem übermächtigen Barça zerschellten, sondern sich durch ihr eigenes dilettantisches Defensivverhalten selbst sabotierten.

Trainer Carlo Ancelotti hatte im Vorfeld der Begegnung zwar zu Protokoll gegeben, dass man die Fehler aus dem Liga-Clásico, als man ebenfalls deutlich mit 0:4 unter die Räder kam, analysiert hätte, doch zu sehen war davon nichts. Im Gegenteil: In vielen Aspekten wiederholten sich die fehlerhaften Verhaltensweisen aus der Meisterschaft und wurden von den hervorragend eingestellten Katalanen immer wieder eiskalt bestraft. Dass am Ende des Tages nicht sogar acht oder mehr Treffer auf der Anzeigetafel standen, war dabei lediglich Thibaut Courtois sowie der teils mangelhaften Chancenverwertung der „Blaugrana“ zu verdanken. Unabhängig vom nackten Ergebnis wurde jedoch auch mehr als deutlich: Will man sowohl in der Liga als auch insbesondere in der Königsklasse ein Wörtchen um die Titelverteidigung mitreden, müssen sich im Defensivverhalten einige Dinge grundlegend ändern – ansonsten drohen noch weitere böse Erwachen in den kommenden Wochen.

Schlechte Boxverteidigung als Genickbrecher

Als Genickbrecher schlechthin erwies sich dabei einmal mehr das Thema Boxverteidigung und Mannorientierung beim Verteidigen von Hereingaben. Insbesondere Aurelién Tchouaméni und Lucas Vázquez offenbarten hierbei (nicht zum ersten Mal) enorme Schwächen und ermöglichten so unter anderem Raphinhas Treffer zum 3:1 (39.), der sich clever zwischen die beiden Verteidiger löste und so unbedrängt einköpfen konnte. Dazu gesellten sich noch zig weitere Szenen, in denen sowohl Vázquez als auch Tchouaméni genauso wie Nebenmann Antonio Rüdiger einlaufende Spieler aus dem Mittelfeld oder am langen Pfosten überhaupt nicht aufnahmen und diesen so aussichtsreiche Chancen ermöglichten. Eigentlich grundlegende defensivtaktische Verhaltensweisen, die aber bereits seit Wochen eine enorme Anfälligkeit bei den Königlichen darstellen.

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Ähnlich verhält es sich bei den Themen Tiefensicherung und Konterabsicherung, wobei insbesondere Tchouaméni immer wieder ein falsches Timing an den Tag legte und so unter anderem das 1:1 durch Lamine Yamal mit ermöglichte. Und auch der defensiv sonst so verlässliche Ferland Mendy ließ sich an diesem Abend von seinen fehlerhaften Kollegen anstecken und verschätzte sich vor dem vorentscheidenden 1:5 beim Versuch, eine Abseitsfalle zu stellen, vollkommen. Unter dem Strich zu viele einfache Fehler in den absoluten Basics, die auf Top-Niveau dann eben auch mal zu solchen Ergebnissen wie an diesem Abend führen.

Groß um den heißen Brei herumreden wollte auch Ancelotti nach der Partie nicht, der Italiener vermied es aber, einen einzelnen Akteur gesondert herauszupicken: „Ich möchte auf niemanden mit dem Finger zeigen. Wenn ich spreche, dann über die gesamte Mannschaft. Wir haben auf dem ganzen Feld nicht gut verteidigt, die Mannschaft stand nicht kompakt. Wir müssen wieder besser verteidigen.

Vorläufiges Ende von Tchouaméni in der Abwehr?

Mit Sicherheit hätte er dabei auch sich selbst in eine etwaige individuelle Fehleranalyse mit einbeziehen müssen. Schließlich war die Personalwahl auch eine der Hauptfaktoren für die enorme Fehleranfälligkeit in Reals Hintermannschaft. Dass insbesondere Tchouaméni mit den defensiven Positionsanforderungen in der Innenverteidigung immer wieder fremdelt, ist nun wahrlich keine neue Erkenntnis. Selbiges gilt für Lucas Vázquez, der insbesondere international von den Gegnern immer wieder als Schwachstelle ausgemacht und immer wieder durch Pässe in seinen Rücken in die Bredouille gebracht wurde.

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Als Ancelotti ein Einsehen hatte und Raúl Asencio schließlich in die Innenverteidigung und Tchouaméni auf seine angestammte Position im zentralen Mittelfeld beorderte, war die Messe bereits gelesen. Selbiges gilt für die Versetzung Valverdes auf die Rechtsverteidiger-Position, der selbstredend die defensivstärkere Variante als Vázquez auf dieser Position darstellt, aber eigentlich auch im Zentrum benötigt wird. Gleichzeitig könnte die Einwechslung Asencios aber auch ein Zeichen gewesen sein: Nämlich, dass die Zeit von Tchouaméni in der Innenverteidigung zumindest vorerst einmal ihr Ende gefunden hat. Zumindest gegen bestimmte Gegner.

Denn fest steht auch: Gegen die ganz großen Kaliber wird es mit dieser taktischen Ausrichtung und diesem schwachen Defensivverhalten schlichtweg nicht reichen, um zu bestehen. Das zeigte nicht erst dieser Clásico, sondern auch schon Duelle mit Liverpool und Milan. Hier gilt es nun Lösungen zu finden. Diese mögen einerseits personeller Natur sein, beinhalten aber auch grundlegende Dinge wie eine effektive Boxverteidigung und ein weitaus höheres Maß an defensiver Verantwortlichkeit, auch für unumstrittene Stammspieler wie Rüdiger. Denn auch auf höchstem Niveau sind bis zu einem gewissen Grad die schnöden Basics gefragt, um erfolgreich zu sein. Mit offensiver individueller Klasse alleine gewinnt man keinen Titel.

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Beim dritten Tor bin ich ausgerastet ich dachte mir was soll das denn Vaquez alter wie weit konnte dir Raphinha denn so entfliehen was ne' Bananenleistung
 
Sorry geh ich nicht mit...
ich versteh dass du mit cama und valverde als AVs die sicherheit haben willst aber ich würd viel mehr riskieren

courtois
Aguado(langsam ranführen) / walker kaufen - asencio - rüdiger - Fran
Camavinga - Valverde
Rodry - Jude - Vini
Mbappe

Tchouameni, ceballos haben nichts in dem Kader verloren
und einfach Raul oder Arbeloa als übergang als Trainer hinstellen

in Spitzenspielen kann man diskutieren ob man Valverde nach hinten ziehen aber eigentlich ist er da verschenkt
Walker geht wohl in den wohlverdienten Fußballrentner-Saudi-Tempel oder in die MLS.
Aguado ranführen ok, aber in Topspielen für die Rückrunde wäre er definitiv keine Hilfe.
Fran Garcia ist ein Wadenbeißer, ja, aber auch er ist auf internationalem Parkett mMn maximal 3. Schublade.
Valverde und Camavinga auf die AV-Positionen sind nichts weiter als ein Versuch irgendwie defensive Stabilität zu erzeugen und trotzdem Support nach Vorne zu haben, da beide genug Luft haben um 90 Minuten den gesamte Flügel zu bespielen. Natürlich sehe ich das genauso wie du, dass beide dort (theoretisch) verschenkt sind.
Tchouameni würde ich die Qualität jedenfalls nicht absprechen um auf seiner gewohnten 6 zu funktionieren (Gründe dafür habe ich genannt). Er würde aber eine statische 6 bleiben zu Absicherung und zum Verteidigen der sogen. zweiten Bälle (was bei uns ja praktisch überhaupt nicht existiert wie man gestern wieder gesehen hat). Jude spielt mMn zu weit Vorne und läuft das ganze Feld auf und ab, da er gerne auch den Zweikampf sucht. Er ist auf der 8 besser aufgehoben. Das spielerische Element würde dann von Modric/Ceballos kommen. Gerne im 60/30-Rhythmus. Ob man dann das klassische 4-3-3 spielt oder einen Stürmer draußen lässt und dafür Brahim oder Arda in die Halbposition stellt wäre als Variable mMn ausreichend.

Mit Ancelotti hätte ich grundsätzlich nicht verlängert. Interim jetzt jemanden aus den eigenen Reihen verbrennen finde ich nicht so gut. Für 2025/26 wären mein Wunschkandidaten Xabi, Michel oder Arteta (in that order).
 
Real Madrid sources were SHOCKED to see Ancelotti being doubted and his position being discussed after last night.They say that there's no team that always plays well or always wins.
@MarioCortegana

Falls jemand glaubt, unser Board reagiert auf der Trainerposition
.​
 
Ancelotti muss jetzt einsehen, dass auch mal Taktik gefragt ist. Ich würde mir im Sommer Xabi oder Arteta wünschen. LV und RV mit Gutierrez und Trent besetzen, Alaba in die IV zurück, 26/27 dann Saliba. Eventuell auch Gravenberch Dafür Vázquez und Mendy weg, Tchouaméni auch und vielleicht auch Rodrygo. Finde ihn zwar gut, aber nicht mehr so überzeugend. Würde mir Arda auf Rechts wünschen, glaube sowieso dass er und Yamal so eine Art Ära wie Ronaldo und Messi prägen.
 
Barca war aber überragend. Nur es auf die Defensive zu schieben ist eine Ausrede. Real hatte fast das ganze Spiel mit 10 oder 11 man nichts zu melden.
 
So Montag mittag und ich weiß immernoch nicht was ich sagen soll..
Erstmal, sehr sehr guter Artikel !

Wenn ich aber daran denke wie Carlo gestern Aufgestellt hat und spielen hat lassen, platzt mir der Kragen.

Ich kann und will es nicht verstehen, wie man nicht sehen kann was in Asencio für ein Riesenpotenzial steckt.
in jedem Spiel des er gemacht hat, war er besser als Tchouameni in der IV.
zu Don V. will ich garnichtsmehr sagen und ich geb ihm nichtmal die Schuld.
er ist kein gelernter Verteidiger und das sieht man einfach..
Ich weiß nur nicht ob ich einen Trent bei uns sehen will..
Warum frägt man nicht bei Kyle Walker an? immer stabil und will im Winter weg von City

Linksverteidiger will ich Mendy einfach nichtmehr sehen...seit jahren unsicher, nach vorne absolut garnichts
Ich will da eigentlich auch keinen Davies oder Hernandez sehen, sondern Miguel gutierrez den man unbedingt zurückholen MUSS

Ansonsten gibts leider so viele Baustellen, warum ein Ceballos spielen darf hab ich noch nie verstanden,

Die mannschaft ist komplett unausgeglichen, jeder dachte mit Mbappe,Vini, bellingham läufts von alleine

ich seh ehrlich gesagt schwarz für die restliche Saison
Perez wird im winter niemanden verpflichten und wir schleppen uns wieder bis zum ende der Saison

dann kommt 1 großer transfer und wir fangen von vorne an...

ich glaub nachher gibts mal wieder eine runde fifa karriere modus und ich bau mir mein Real, damit ich bisschen freude habe
Kyle Walker ist 34, und bringt uns gar nix....
 

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