Analyse

Geht Real Madrid zur Unzeit die Puste aus? Erkenntnisse zum Hinspiel gegen Chelsea

Real Madrid befindet sich im Champions-League-Halbfinale nach dem Hinspiel-1:1 gegen den FC Chelsea in einer Ausgangslage, mit der es sich zumindest mal arbeiten lässt. Die Partie offenbart jedoch erneut: Zu vielen Profis fehlt zur Unzeit der Saison die Frische, die Hammer-Woche zu Beginn des Monats fordert ihren Tribut. Thibaut Courtois und Éder Militão überragen als Ausnahmen dagegen weiter, während Daniel Carvajal für die Außenbahn nicht gemacht zu sein scheint.

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Karim Benzema
Benzema und Co. müssen sich für zumindest einen Titelgewinn strecken – Foto: IMAGO / Pressinphoto

  • Ist der Akku nach der Hammer-Woche leer? Real wirkt schlapp

Den FC Liverpool im Viertelfinale der Königsklasse eliminiert (3:1, 0:0) und zwischenzeitlich auch noch den FC Barcelona in der spanischen Liga geschlagen (2:1): Real Madrid hat seine Hammer-Woche Anfang April mit einem wunderbaren Ergebnis gemeistert. Eine Woche, die daraufhin allerdings ihre Spuren hinterlassen sollte.

Nachdem Real schon beim Liverpool-Rückspiel phasenweise durchaus gefährlich lebte und Glück hatte, sich nicht ein Gegentor nach dem anderen zu fangen, erweckte auch das Chelsea-Spiel wieder den Eindruck: Die Frische fehlt, der Akku scheint nach den kräftezehrenden letzten Wochen den Geist aufzugeben. Es mangelte wiederholt an dem Selbstverständnis, an der notwendigen Konzentration. Anstatt die eigene Überlegenheit zu demonstrieren, war es Chelsea, das frech und temporeich daherspielte. Symptomatisch dafür war die Leistung des in dieser Saison doch ansonsten so starken Casemiro, der angesichts einiger einfacher Fehler offenbar nicht wusste, dass er gerade in einem Halbfinale um seinen persönlich fünften Einzug in das Endspiel kämpft.

Seit dem siegreichen Clásico, in dem Zinédine Zidanes Mannschaft ihr Tor in den Schlussminuten mit hoher Intensität verteidigte, gab es abgesehen von dem 3:0 gegen den FC Cádiz keinen Real-Erfolg mehr. Jeweils 0:0 gegen Liverpool, den FC Getafe und Real Betis, nun das 1:1 gegen die „Blues“, bei dem es abgesehen von Karim Benzemas Schuss an den Außenpfosten und anschließenden Ausgleichstreffer keine Großchance gab. Nur vier eigene Tore in den letzten fünf Spielen. Mager. Zum Vergleich: Bei den fünf Begegnungen vor dem Abstecher nach Liverpool waren es noch 13 Treffer!

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Video-Highlights: Real 1:1 Chelsea

Entscheidung vertagt: Weil sich Real Madrid und der FC Chelsea im Hinspiel des... weiterlesen

Die Belastung mit ununterbrochenen englischen Wochen seit Anfang April machen dem Team zusehends zu schaffen – zur absoluten Unzeit, der heißesten Phase der Saison. Und eine Besserung ist nicht in Sicht. Am Samstag müssen für den Titel in der Primera División gegen CA Osasuna wieder drei Punkte her, ehe das Rückspiel in London ansteht. Danach wiederum wollen gegen den FC Sevilla (9. Mai), den FC Granada (13. Mai) und Athletic (16./17. Mai) drei wohl entscheidende LaLiga-Partien binnen einer Woche bestritten werden. Eine gefährliche Situation, in der die Saison auf Messers Schneide steht. In einer körperlichen und mentalen Verfassung wie der aktuellen droht dem weißen Ballett im Laufe der nächsten Wochen früher oder später das Worst-Case-Szenario: ein titelloses Jahr.

  • Weiterkommen nach Hinspiel-1:1 Zuhause? Das sagt die Historie

Chelsea mag wegen des erzielten Auswärtstreffers vor dem Rückspiel leicht favorisiert sein. Real wird dennoch seine realistische Chance auf ein Weiterkommen haben. In der Vergangenheit gelang es den Blancos in europäischen Wettbewerben nach einem Hinspiel-Remis im eigenen Stadion allerdings bloß in zwei von neun Fällen, sich letzten Endes noch durchzusetzen. Immerhin: Nachdem es die ersten sieben Male nicht geklappt hatte, glückte es bei den beiden bisher letzten Fällen – und das auch noch gegen einen englischen Klub. 2000 (0:0, 3:2) und 2013 (1:1, 2:1) jeweils gegen Manchester United.

  • Daniel Carvajal: Die Viererkette liegt ihm mehr

Lag es einfach nur daran, dass er kürzlich erst von seiner wochenlangen Verletzungspause zurückgekehrt ist? Daniel Carvajal hat gegen Chelsea jedenfalls wahrlich nicht unter Beweis stellen können, dass er auf der rechten Außenbahn gut aufgehoben ist. Wenngleich der bullige Spanier üblicherweise niemand ist, der sein Augenmerk als Abwehrspieler voll und ganz auf die Defensive legt, ließ er seinen Offensivdrang vermissen. Carvajal war kein großer Faktor im Spiel nach vorne – obwohl in einem System ohne einen echten Flügelspieler im Angriff gespielt wurde. Die Position hinten rechts in einer Viererkette liegt ihm zumindest nach der Bewertung dieses Halbfinal-Hinspiels mehr.

  • Pepe 2.0: Jetzt zeigt Éder Militão, was er wert ist

Dass Trainer Zidane seit einigen Wochen wiederholt mit einer Dreierkette spielen lässt, liegt neben den zumeist guten Leistungen von Raphaël Varane und Nacho Fernández auch an Éder Militão, der mit seiner starken Form aus der ersten Elf einfach nicht wegzudenken ist. Gegen Chelsea präsentierte er sich einmal mehr als rustikaler, meist aber fair agierender Innenverteidiger. Einmal mehr wurden Erinnerungen an den kompromisslosen Pepe wach. Militão ist ein Grund, weshalb die Vereinsbosse keine Anstalten machen, Sergio Ramos doch noch mal ein verbessertes Angebot zur Verlängerung des auslaufenden Vertrags zu machen. Bliebe der Kapitän und käme dann auch noch David Alaba, hätten die Merengues in der kommenden Saison im Abwehrzentrum ein ganz großes Luxusproblem. Roberto Carlos, Legende und Repräsentant des Klubs, über seinen brasilianischen Landsmann: „Er ist in einer unglaublichen Form, ich freue mich sehr für ihn.“ Die 50 Millionen Euro teure Verpflichtung des 23-Jährigen aus dem Sommer 2019 macht sich endlich bezahlt.

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  • Courtois ist aktuell der beste Torwart der Welt

Spektakulär tritt auch Thibaut Courtois auf. Der belgische Schlussmann ist für die Königlichen ein konstant sicherer Rückhalt. Kaum noch zu glauben, dass er in seinen ersten zwölf Monaten bei Real teilweise so zu kämpfen hatte, von den Fans äußerst kritisch beäugt wurde. Der neue Courtois ist dieser: Wenn die Abwehr schon geschlagen ist, ist er noch zur Stelle und rettet. Immer und immer wieder. Gegen Chelsea parierte er eine Riesenchance des ungestörten Timo Werner aus fünf Metern. Mittlerweile darf die Frage erlaubt sein: Welcher Torwart auf der Welt soll momentan besser sein als Madrids Nummer eins?

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Man stelle sich vor, man hätte einen Hakimi im Kader und spielt weiter mit dem 3-5-2.
Er alleine hat bei Inter mehr Tore aus dieser Position gemacht als jeder einzelne Spieler in unserem Kader in La Liga ausgenommen Benzema. Dazu noch 7 Assists.
Wäre auch die perfekte Ergänzung mit Mendy, einer eher defensiv ausgerichtet, einer offensiv. Beide unfassbar schnell und man könnte wieder kontern, wie man es vor 6 Jahren gemacht hat.
Ich will Dani nicht abschreiben, aber er ist jetzt auch 29 und immer wieder verletzt. Er ist ein super RV, defensiv immer noch einer der Besten der Welt. Aber offensiv kommt da seit gut 3 Jahren wirklich wenig Input von ihm.

Ach und wieso man Odegaard abgegeben hat weiss ich halt immer noch nicht. War ja sehr schwer vorzusehen, dass die Saison eng wird und dass der Kader dünn ist? Also sollte niemanden wundern, dass der Kader keine Puste mehr hat. Kann man einem Kroos und Modric auch wenig vorwerfen, wenn sie mal nicht absolut weltklasse spielen.

Wie oft noch??? Hakimi wollte nicht bleiben und auch Odegaard wollte unbedingt regelmäßige spielen und darum auf eine Leihe gedrängt.
Wie es für beide jedoch auch hätte laufen können (wenn man einfach mal die Füße still hält und Leistung zeigt, wenn sie Chance da ist), haben Vazquez, Militao und Nacho ja wohl mehr als eindrucksvoll bewiesen.

Wieso sollen junge Spieler, die von halb Europa umworben werden auf der Bank versauern? Vazquez, Militao & Nacho?
Vazquez der erst Ende seiner Karriere einen Stammplatz kriegt, Nacho der seit eh und je Rotationsspieler ist? Ausser Militao lohnt sich Geduld 0 bei unserem Trainer der nie rotiert.
 
Bei diesem dünnen Kader und unserem chronischen Verletzungspech grenzt das schon an Wahnsinn, dass man sich mitten in der Saison von Odegaard getrennt hat. Unser Mittelfeld ist schon dünn besetzt und das rächt sich jetzt im Saisonendspurt. KMC sind nicht mehr die Jüngsten und müssen immer noch alle Spiele bestreiten. Falls diese Saison ohne Silber beendet wird, weil die meisten Spieler mittlerweile völlig ausgelaugt und außer Form sind, dann hat das unglückliche Kadermanagement (neben viel Pech) ein gehöriges Stück dazu beigetragen. Ich hoffe natürlich das Beste, dass wir diese Spielzeit erfolgreich abschließen werden, anschließend muss der Kader zwingend so bearbeitet werden, damit wir auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig erfolgreich tanzen können.
Sehe ich nicht so. Ödegaard brauchen wir nicht. Sein Level ist einfach nicht genug für RM, genauso wie Asensio, Odriozola oder Isco. Diese 3 müssen auch ganz schnell weg, sie verzögern nämlich nur die Entwicklung anderer wie z.B Blanco oder Arrivas. Und da Alaba noch nächstes Jahr kommt, ist das Mittelfeld gut besetzt.

Wie kann man gestandenen Talenten wie Ødegaard Castilla-Spieler vorziehen, die du maximal 3 Spiele spielen gesehen hast? Ich frag mich ab und zu echt was hier abgeht.
 
Gut man kann aber auch genauso gut sagen, dass beide bisher angerufen gezeigt haben um bei uns ihre Einsatzzeit zu erhalten. Und das ist eben nicht passiert bzw wollte man einem Hakimi dann nicht zugestehen.
Es wurden halt einfach Fehler beim kadermanagement gemacht das muss man einfach zugeben. Reguilon zähle ich da auch gerne zu. Da hat man ja auch damals gesagt marcelos Zeit ist vorbei aber zizou meinte ja nein er wird ihn wieder auf das Niveau bringen wo wir ihn alle lieben. Das ging in die Hose

Man stelle sich vor, man hätte einen Hakimi im Kader und spielt weiter mit dem 3-5-2.
Er alleine hat bei Inter mehr Tore aus dieser Position gemacht als jeder einzelne Spieler in unserem Kader in La Liga ausgenommen Benzema. Dazu noch 7 Assists.
Wäre auch die perfekte Ergänzung mit Mendy, einer eher defensiv ausgerichtet, einer offensiv. Beide unfassbar schnell und man könnte wieder kontern, wie man es vor 6 Jahren gemacht hat.
Ich will Dani nicht abschreiben, aber er ist jetzt auch 29 und immer wieder verletzt. Er ist ein super RV, defensiv immer noch einer der Besten der Welt. Aber offensiv kommt da seit gut 3 Jahren wirklich wenig Input von ihm.

Ach und wieso man Odegaard abgegeben hat weiss ich halt immer noch nicht. War ja sehr schwer vorzusehen, dass die Saison eng wird und dass der Kader dünn ist? Also sollte niemanden wundern, dass der Kader keine Puste mehr hat. Kann man einem Kroos und Modric auch wenig vorwerfen, wenn sie mal nicht absolut weltklasse spielen.

Wie oft noch??? Hakimi wollte nicht bleiben und auch Odegaard wollte unbedingt regelmäßige spielen und darum auf eine Leihe gedrängt.
Wie es für beide jedoch auch hätte laufen können (wenn man einfach mal die Füße still hält und Leistung zeigt, wenn sie Chance da ist), haben Vazquez, Militao und Nacho ja wohl mehr als eindrucksvoll bewiesen.
 

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