Kommentar

Kommentar: Gut, wenn Real Madrid damit nicht durchkommt

1:3 gegen Atlético: Im ersten Spitzenspiel der neuen Saison kassiert Real Madrid sogleich die erste Niederlage. Sie beginnt bereits mit der Aufstellung von Carlo Ancelotti, dem die Vereinsführung mit der Kaderplanung aber auch einen gehörigen Bärendienst erweist. Es wäre verdient, wenn Real mit dieser Sorglosigkeit auf Strecke nicht durchkommt, findet REAL TOTAL-Redakteur Filip Knopp.

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Real Madrid
Real Madrid hat nach sechs Siegen nun verloren – Foto: Oscar del Pozo/AFP via Getty Images

Bellingham bei Real Madrid Stürmer: Man will wegschauen

Der Trainer, der Trainer, der Trainer. In Folge des 1:3 von Real Madrid am Sonntag bei Atlético wird in erster Linie Carlo Ancelotti die Verantwortung für den ersten Misserfolg der Saison 2023/24 zugeschoben. Und der Italiener zieht sich selbst auch keineswegs aus der Affäre. „Meine Schuld“, räumte „Carletto“ im Pressesaal des Estadio Metropolitano ein.

Was er meinte: Die Auswahl des Personals, das er ins Rennen geschickt hatte. Ancelotti griff zwar erneut auf das 4-1-2-1-2 zurück, entschied sich aber dazu, mit Toni Kroos, Luka Modrić, Eduardo Camavinga, Federico Valverde und Jude Bellingham fünf zentrale Mittelfeldakteure aufzubieten. Mit Bellingham gegen das Defensivbollwerk von Atlético in vorderster Front neben Rodrygo Goes – nicht Joselu, dem einzigen gelernten Mittelstürmer im Aufgebot.

Ja, die Gegentore fielen durch defensive Nachlässigkeiten zu leicht. Doch hinten müsste Real numerisch und qualitativ prinzipiell kein Problem haben. Gerade mit der offensiven Zusammenstellung in der Startelf nahm die Niederlage im Stadtderby bereits ihren Lauf. Bellingham als zweite Spitze: In welcher Welt soll so etwas funktionieren?

Zumal Rodrygo ebenso kein richtiger Mittelstürmer ist, als solcher im Fall der Fälle noch einen guten Kombinationspartner braucht. Allein dieser Anblick auf die Aufstellungsgrafik lässt einen erschaudern, er ist schlicht falsch. Ein Spieler mit der Rückennummer 5 ganz vorne: Man will sofort wegschauen. Einer, der als Achter gekommen ist und zum Zehner wurde, gibt jetzt auch noch den Neuner. Was ist bei Real nur los? Bellingham ist mit sechs Erfolgserlebnissen bester Torjäger im Team, faktisch aber keiner für diese Position.

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Die Angreifer-Demontage: Hauptsache viele Mittelfeldspieler

Seine angestrebte Kontrolle bekam Ancelotti gegen Atlético übrigens. Real spielte mit 600 Pässen fast doppelt so viele wie Atlético (345), hatte 64 Prozent Ballbesitz. Hilft nur nicht, wenn der Kontrahent dafür zweimal öfter das Eckige trifft. So bestand Reals Spiel aus viel Ballgeschiebe und mal mehr, häufiger aber weniger Durchschlagskraft im Gefahrenbereich.

Man bekommt diese Saison seit der Einführung des Systems mit Raute immer wieder den Eindruck: Hauptsache, es stehen möglichst viele Akteure aus diesem zweifellos so hochkarätigen Mittelfeld auf dem Platz. Das ist angesichts der Qualität einerseits natürlich nachvollziehbar, geht aber auf Kosten der Angriffsreihe. Diese bildeten einst drei richtige Stürmer. Dann wurde Federico Valverde immer wieder nach vorne auf den Flügel gezogen. Und diese Defensiv-Entwicklung hört nicht auf. Sie ist einfach ermüdend! Mit Karim Benzema ging ein 30-Tore-Mann, seinen Platz eingenommen hat ein nominell x-ter Spielgestalter.

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Ancelotti kann mit Offensiv-Dichte nicht glücklich sein

Vergleicht man die vollbepackte Schaltzentrale und den dünn besetzten Angriff miteinander, ist der Kader personell nicht ausbalanciert. Es liegt auf der Hand, dass Ancelotti mit der Zusammensetzung nicht vollends glücklich sein wird. Jeder Trainer, der einen Mittelstürmer verliert, will diesen ersetzt bekommen. Kein Trainer der Welt will mit nur vier Stürmern in eine Saison gehen, von denen gerade mal einer klassisch allein in der Zentrale agiert.

Es heißt, er hätte Harry Kane (30) gerne als Benzema-Nachfolger gehabt. Die Chefetage um Präsident Florentino Pérez soll das jedoch abgelehnt haben, weil ein Transfer-Poker mit Tottenham Hotspur erfahrungsgemäß zu schwierig und zu kostspielig werden würde.

Aber auch, da den Bossen das Hier und Jetzt offenbar weniger wichtig ist als die Planung der späteren Zukunft. 2024 kommt der dann 18-jährige Endrick Felipe. Und da wäre ja noch Kylian Mbappé. Dass dieser Kerl auch 2023 nicht das weiße Trikot trägt, liegt ebenso an der kaum erklärlichen Zurückhaltung in Madrid. Anfang 2022 stellte Pérez die Interessen des Wunschobjekts über die eigenen, als es darum ging, vorsichtshalber einen Vorvertrag abzuschließen. Das Ergebnis ist bekannt. Dieses Jahr soll es bewusst nicht einmal Kontakt zum verkaufsbereiten Paris Saint-Germain gegeben haben. Wer soll das noch verstehen?

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Kaderplanung hat eigentlich keine großen Erfolge verdient

Dann eben nicht! Insofern ist es bisweilen auch gut, wenn Real mit dieser beschaulichen Offensive jetzt auf Strecke nicht durchkommen sollte und immer wieder Quittungen kassiert. Das ist zu sorglos, das ist zu naiv, das ist zu fahrlässig, das ist zu sehr auf Kante genäht, als dass es in der Endabrechnung noch größere Erfolge verdient hätte.

Der Trainer, der Trainer, der Trainer. Nach der Derby-Pleite wird mit den Fingern auf Ancelotti gezeigt. Sie gehören auch gegen andere gerichtet. Gegen die, die ihn erst in diese Bredouille gebracht haben, dass er auf solch eine Idee kommt, die Angriffsreihe beinahe aufzulösen…

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Wünsche ich mir eine titellose Saison? Nein.
Wäre es die logische und korrekte Konsequenz? Ja.
Wird Perez aus den Fehlern lernen, falls es eine titellose Saison geben sollte? Nein.
 
Sturm und Abwehr sind maximal mittelmäßig besetzt. Über Tiefe müssen wir nicht reden.

- kein Weltklasse 9er
- keine Backups auf den Flügeln
- LV ohne Format
- RV nur Oldie und Glasknochen Carvajal, Lord Vasquez als Cover
- IV nur Militao verlässlich
 
Zuletzt bearbeitet:
Gut zusammengefasst (, leider). Manchmal habe ich leider wirklich das Gefühl (auch wenn es nicht sein kann), dass Perez mit dieser Transfertaktik versucht, La Liga ausgeglichen zu halten. Wie sonst kommt man nicht auf die Idee, scheinbar kein (attraktives) Angebot für Mbappe, die beiden Joaos oder Kane abzugeben, während das Pleite-Barca die Joaos an Land zieht und ihren Kader für diese Saison eigentlich vervollständigen kann. Selbst Mane oder Firmino, welche beide zu den Saudis gewechselt sind, könnten Real vermutlich weiterbringen. Man kann und will es einfach nicht verstehen, wieso ein angeblich finanziell stabiles Real sich nicht den Luxus gönnt, mit einem Topstürmer und einem guten RV die Liga zu erobern. Da muss man leider fast Barca gratulieren, dass sie diesen Kader innerhalb ihrer Möglichkeiten auf die Beine gestellt haben.
 
Leider auf den Punkt gebracht - aber dieser Artikel hätte schon vor dem ersten Saisonspiel veröffentlicht werden sollen. =)

Ancelotti kann man nur zwei Dinge vorwerfen: 1. Er ist taktisch limitiert, 2. Er verweigert sich dem Nachwuchs.

Den grossen Rest muss man leider in der Zwischenzeit auf Perez schieben. Er hat die Mannschaft ausbluten lassen, neben dem Mittelfeld und der Torwartposition sind wir kaum mehr Weltklasse. Ein ernsthafter Stürmer wäre nicht ein Luxus sondern eine Notwendigkeit gewesen - man hat ja Benze nicht ersetzt. Und wo ist der Ersatz von CR7 und seinen 50 Saisontoren? Vini ist eher di Maria und das ist auch gut so.
 
Der Kader ist, besonders ganz vorne, einfach zu dünn. Da hätte man mindestens einen Stürmer mit zumindest "internationaler Klasse" verpflichten müssen. Jetzt fehlt mit Vini ein ganz wichtiger Spieler, der im aktuellen System aber ohnehin nicht funktioniert, zumindest nicht optimal. Generell ist der ganze Kader da vorne einfach Murrks. Joselu ist ein solider 9er, aber sehr klassisch. Das macht, in Kombination mit Rodrygo und Vini einfach keinen Sinn, da beide nicht gerade für Flanken bekannt sind. Mitspielen ist nicht gerade Joselus Stärke, er ist ein reiner Zielspieler. Gleichzeitg will Carlo aber, nachvollziehbarer Weise, so viele 8er aufstellen, wie irgendwie möglich. Da hat man eben mit Valverde, Modric, Kroos und Bellingham 4 absolute Weltklasse-Spieler, die alle Stamm spielen wollen. Camavinga darf man da auch durchaus noch erwähnen, was am Ende 5 Spieler sind. Im 4-3-3 spielen davon aber nur 2; daher die gezwungene Umstellung auf 4-1-2-1-2; in dem dann wiederum Rodrygo und Vini klar abfallen; und ehrlich gesagt auch die Außenverteidiger nicht optimal für sind.

Macht also leider alles so gar keinen Sinn; die Saison wird eine reine Übergangssaison werden. Ist mir aber auch lieber, als am Ende wie Barca zu agieren. Mag sein, dass die dieses Jahr Meister werden. Aber der Preis, gerade langfristig, ist immens.
 
Sturm und Abwehr sind maximal mittelmäßig besetzt. Über Tiefe müssen wir nicht reden.

- kein Weltklasse 9er
- keine Backups auf den Flügeln
- LV ohne Format
- RV nur Oldie und Glasknochen Carvajal, Lord Vasquez als Cover
- IV nur Militao verlässlich

Zu den IVs: Nacho finde ich eigentlich gut als dritte oder vierte Wahl und Rüdiger spielt eigentlich auch durchaus solide diese Saison. Alaba ist halt bei hohen Bällen eine Zumutung, es gibt nichts einfacheres als bei Real einen hohen Ball in den 16er zu schlagen und auf einen Kopfball zu hoffen.

Ansonsten stimme ich dir mehr oder weniger komplett zu.

Wird höchstwahrscheinlich nicht passieren, aber eigentlich müsste man bereits im Winter reagieren und zumindest einen 9er kaufen. Verstehe bis heute absolut nicht was bei denen in den Köpfen abging zu denken, dass man nur mit Joselu als Sturmspitze offensiv gerüstet ist für ein Jahr. Selbst wenn man Endrick in den Hinterköpfen hat, der Junge wird vermutlich auch 2-3 Jahre brauchen, bis er hier klar kommt.
 
Sturm und Abwehr sind maximal mittelmäßig besetzt. Über Tiefe müssen wir nicht reden.

- kein Weltklasse 9er
- keine Backups auf den Flügeln
- LV ohne Format
- RV nur Oldie und Glasknochen Carvajal, Lord Vasquez als Cover
- IV nur Militao verlässlich

Zu den IVs: Nacho finde ich eigentlich gut als dritte oder vierte Wahl und Rüdiger spielt eigentlich auch durchaus solide diese Saison. Alaba ist halt bei hohen Bällen eine Zumutung, es gibt nichts einfacheres als bei Real einen hohen Ball in den 16er zu schlagen und auf einen Kopfball zu hoffen.

Ansonsten stimme ich dir mehr oder weniger komplett zu.

Wird höchstwahrscheinlich nicht passieren, aber eigentlich müsste man bereits im Winter reagieren und zumindest einen 9er kaufen. Verstehe bis heute absolut nicht was bei denen in den Köpfen abging zu denken, dass man nur mit Joselu als Sturmspitze offensiv gerüstet ist für ein Jahr. Selbst wenn man Endrick in den Hinterköpfen hat, der Junge wird vermutlich auch 2-3 Jahre brauchen, bis er hier klar kommt.

Am Ende des Tages sind wir Real Madrid und auf kurz oder lang spielen wir gegen die besten Angriffsreihen der Welt. Da sieht ein Fran kein Land, Alaba schwimmt gegen große 9er und Nacho ist gegen einen Haaland in der Luft verloren.
 
Wünsche ich mir eine titellose Saison? Nein.
Wäre es die logische und korrekte Konsequenz? Ja.
Wird Perez aus den Fehlern lernen, falls es eine titellose Saison geben sollte? Nein.

Perez wird es nicht lernen, nächste Saison wird er wieder auf Mbappe warten, wenn er nicht kommt, dann halt nicht. Bei Perez gilt: Mbappe oder nichts. Man hätte jemand anderes verpflichten müssen, und Mbappe einfach fallen lassen
 

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