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Kommentar: Sergio Ramos hat sich verzockt

Eine absolute Vereinslegende verlässt Real Madrid. Nils Kern ist traurig, sagt aber auch: Sergio Ramos ist auch selbst schuld.

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Ramos wird Real nach 16 Jahren verlassen – Foto: IMAGO / Nicolo Campo

Jetzt ist es offiziell. Und es ist, wie so oft, ein super komplexes Thema. Hätte Real Madrid nicht doch irgendwie noch ein Auge zudrücken können? Ja. Hätte aber auch Sergio Ramos längst seinen Worten Taten folgen lassen können, um das geringere Angebot doch noch anzunehmen? Que si!

Es ist komplex und geht wie immer im Fußball um einiges: Geld, Gier, Macht und viel Stolz, speziell bei Real Madrids bis hierhin dienstältesten Spieler. Als Sergio Ramos im Sommer 2005 zu Real Madrid gewechselt ist, war manch ein Fan noch gar nicht geboren – nicht weniger als eine der erfolgreichsten Ären des Klubs später kommt es nun zu einer Trennung. Einer Trennung mit Hindernissen und Ansage. Und gewiss „Fehlern“ auf beiden Seiten.

Wäre ohne die Corona-bedingten Finanzprobleme noch Geld für ein erhöhtes Angebot da? Möglicherweise. Hätte Ramos speziell als Kapitän auch auf die zehn Prozent verzichten können, so wie es der andere Oldie Luka Modrić getan haben soll? Auch. In dieser Causa gibt es eigentlich nur Verlierer, aber während Real Madrid einen seiner größten Kapitäne und Legenden verliert, verliert Sergio Ramos noch etwas mehr – er ist auch dafür verantwortlich, dass sein Traum, die Karriere in Madrid zu beenden, nicht wahr wird. Zu viel ist dafür passiert, die Fronten längst verhärtet. Ramos und sein Bruder und Berater René haben zu hoch gepokert und verlieren in meinen Augen nun mehr als die Königlichen.

Zu viele Gerüchte von interessierten Vereinen wurden lanziert, um doch noch ein besseres Angebot (angeblich ein Jahr zu gleichen oder zwei Jahre zu verringerten Konditionen) von Real zu erhalten, jetzt muss der 35-Jährige zusehen, wer sein galaktisches Gehalt übernimmt. Mal von der Finanzkrise abgesehen – wie konnte es so weit kommen? Schon 2015 hatte Ramos für ein besseres Vertragsangebot mit Manchester United geflirtet, wonach Real Madrid ihm noch entgegen kam. Ich habe einen Moment lang daran gedacht, eine Luft-Veränderung vorzunehmen“, bestätigte Ramos vor sechs Jahren selbst und Rio Ferdinand warf ihm sogar vor: „Er hat United nur benutzt, um einen besseren Vertrag bei Real zu erhalten.

Diesen Flirt nahmen ihm einige Madridistas schnell übel – gleiches bei dem, was 2019 passiert ist. Da liebäugelte er sogar mit einem Wechsel nach China (angeblich aufgrund eines Verlusts durch ein Immobilienprojekt) und bat angeblich (!) sogar darum, dass sein Arbeitgeber ihn gratis gehen lassen solle. Eine Kopfwäsche später und Florentino Pérez bestellte seinen Kapitän vor die Presse, damit der sein Image noch retten konnte: „Ich würde hier auch ohne Bezahlung spielen“, erklärte Ramos auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz großspurig und versuchte die China-Gerüchte aus der Welt zu schaffen: „Ich habe dem Präsidenten vom Angebot erzählt, doch das heißt noch lange nicht, dass ich gehen wollte.

Zwei Jahre später ist von dem berühmten MARCA-Cover nichts mehr übrig – Ramos geht des Geldes wegen. Und des Ehrgeizes wegen, das zeigte speziell die vergangene Saison: Für einen Nationalmannschaftsrekord riskierte er im März eine weitere Verletzung, schon um in der Supercopa gegen Athletic dabei zu sein, übertrieb er es und fiel im Anschluss länger aus. Auch sein Einsatz im Chelsea-Rückspiel kam zu früh – er schien weder körperlich noch mental auf der Höhe. Sportlich sind Ramos’ große Zeiten vorbei. Dazu kommen Erinnerungen wie seine extra eingeholte Gelbe-Sperre 2019 gegen Ajax Amsterdam, nur um im Rückspiel von Amazon gefilmt zu werden, wie seine Mannschaft ohne ihn unterging. Vorbildkapitän Ramos (laut Toni Kroos der “beste Kapitän meiner Karriere”) hat seine Mannschaft mittlerweile mehrfach im Stich gelassen, sein Bruder den Vertragspoker längst in die Öffentlichkeit übertragen, mal werden „Pro Ramos, gegen Real“-Tweets geteilt, mal auf einmal diversen PSG-Profis gefolgt und so weiter. Die Stimmung bei den Fans ist längst gekippt, und nachdem sowohl Nacho Fernández als auch Éder Militão 2020/21 ihre bislang beste Saison in Madrid erlebten und mit David Alaba sowohl Erfahrung als auch Weltklasse für die Abwehr dazu geholt wurde, war Ramos für den Klub nicht mehr unverzichtbar – von den sieben Ausfällen (kein Blanco hatte mehr Ausfälle) und daher nur 21 von 52 möglichen Einsätzen mal abgesehen.

Ramos hat sich verzockt und ist daher in meinen Augen ein größerer Verlierer als der Verein. Diesmal rettet keine 93. Minute den Spanier, diesmal muss er sich eingestehen, dass er doch nicht unschlagbar ist. Auch wenn er dank 22 Titeln für immer unsterblich sein wird im Klub – und doch wird er eine Legende mit Makel sein. Eine Legende, die das Angebot zum Karriereende in Madrid ausschlug, um mit 35 woanders einen Neuanfang zu wagen.

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REAL TOTAL

Hier schreibt die Redaktion von REAL TOTAL, dem führenden Magazin über Real Madrid im deutschsprachigen Raum.

Kommentare
Ich glaube nicht an die Vertrags- und Geldstory! Da steckt mehr dahinter. Der Abgang von Zidane zum Beispiel. Die beiden hatten ein sehr gutes Verhältnis, da aber schon Zidane keinen Rückhalt in der Vereinsführung hatte, kann man sich denken wie das Klima bei den Königlichen grundsätzlich jetzt ist. Wer weiß, was da wirklich dahintersteckt…. Ihn jetzt andauernd mit der angeblichen Forderung nach mehr Geld anzuschwärzen, ist unterste Schublade! Den wissen können wir es alle nicht!
 
Ich glaube nicht an die Vertrags- und Geldstory! Da steckt mehr dahinter. Der Abgang von Zidane zum Beispiel. Die beiden hatten ein sehr gutes Verhältnis, da aber schon Zidane keinen Rückhalt in der Vereinsführung hatte, kann man sich denken wie das Klima bei den Königlichen grundsätzlich jetzt ist. Wer weiß, was da wirklich dahintersteckt…. Ihn jetzt andauernd mit der angeblichen Forderung nach mehr Geld anzuschwärzen, ist unterste Schublade! Den wissen können wir es alle nicht!

Naja, ich denke das beruht aus Erfahrungen aus der Vergangenheit. Er hat nachweislich 2015 und 2019 geblöfft ohne Ende nur für mehr Geld und hat den Verein mächtig unter Druck gesetzt. 2 mal ging das gut, aber diesmal hatte er einfach keine Argumente, weil er plötzlich immer weiter ausfiel, wenn er spielte nicht gut war und der Verein Nägel mit Köpfen machte mit Alaba.
 
Ramos hat schon die Hauptschuld ganz klar. Wir kennen alle mitlerweile seine Spielchen bei neuen Verträgen. Aber auch Real Madrid sollte mal sich überlegen, nicht nur immer auf 1 Jahres Verträge zu pochen, wenn die Spieler etwas älter als 30 Jahre sind. Vorallem bei solchen Legenden wie Ramos. Sehr schade das es doch nicht mehr geklappt hat. Schade das praktisch niemand die Karriere hier beenden tut. Ausser bei Modrić ist es noch möglich zurzeit.
 
Ich seh das zu 90% wie im Beitrag argumentiert. Man hätte vielleicht andere Passagen highlighten können, so kommt es in der Tat etwas reißerisch rüber. Über die Amazon-Sache kann man auch diskutieren und gändig sagen, es war ein unglücklicher Zufall.

Trotzdem bin ich inhaltlich bein @Nils Kern. Es ist für mich Fakt, dass Sergio auch ohne die Doku-Geschichte sein Ego schon etliche Male über das Wohl der Mannschaft und damit Real Madrid gestellt hat. Der United-Wechsel, der China-Wechsel … für mich hat er da einfach an Glaubwürdigkeit verloren, auch in Zusammenhang mit seinen Aussagen ("Spiele auch gratis für Real Madrid") Ginge es ihm nicht um Geld, wäre die Verlängerung doch längst unter Dach und Fach gewesen, wie man bei Modric sieht. Ich denke, jeder, der die Fanbrille kurz mal abnimmt, muss sich das eingestehen.

Mir wäre auch lieber, all die Legenden würden hier ihre Karrieren beenden. Aber bei kleineren Clubs wie der Roma ist so etwas nunmal einfacher als bei Real Madrid. Und trotz aller Dankbarkeit und Loyalität den Spieler gegenüber, muss es bei jeder Verhandlung eine Grenze geben und die hat Sergio leider mittlerweile in Summe überreizt.

Ich hoffe, dass beide seiten sich trotzdem im Guten trennen, Ramos' Denkmal wird hier für immer stehen und man erinnert sich zum Glück im Nachhinein stets positiv an seine Helden. Ich wünsche ihm, dass er noch 2-3 Jahre irgendwo viel Geld verdient und auf Top-Niveau Fußball spielen kann.

¡Gracias Sergio!
 
Zuletzt bearbeitet:
Nils Kern trifft hier den Nagel auf den Kopf! Besser kann man die "Causa Ramos" nicht beschreiben und bewerten. Sergio Ramos ist eine Legende. Vielleicht der beste Verteidiger in der Geschichte Reals und eine absolute Ikone. Sein Wunder-Kopfball in Minute 93 im CL-Finale 2014 war der Dosenöffner für weitere CL-Titel Reals. Dieses Tor hat unzählige Madridistas zu Tränen bewegt. Ja, dieses Tor war wie eine Erlösung. Nicht nur für mich, für alle Madridistas. Schon alleine deswegen fällt es schwer, bei Ramos kritische Töne an den Tag zu legen. Aber Nils hat die Sachlage perfekt beschrieben. Wenn wir ehrlich sind, muss bei Real einfach mal ein Umbruch her. Und Ramos ist keine 25 mehr. Klar, Abschiede solcher Vereins-Ikonen tun immer auch ein bisschen weh. Das war bei Raul so, das war bei Casillas so, usw...
Ramos hat sich hier einfach verpokert.
Wenn man jetzt aber auch noch Varane abgibt, dann muss man unbedingt reagieren. Ich denke da an Koundé. Bei Real muss der zwingend notwendige Umbruch vorangetrieben werden. Nicht auszudenken, wenn von den beiden angestrebten Offensiv-Optionen Mbappé und Haaland in diesem Sommer keiner der beiden verpflichtet werden kann. Einer der beiden Transfers ist eigentlich ein Muss in diesem Sommer. Andernfalls sehen wir einer weiteren titellosen Saison entgegen.
 
Auch ein Ramos muß lernen, daß nichts größer ist als Real Madrid. Zweifellos ein verdienstvoller Spieler der natürlich auch fürstlich bezahlt wurde. Daß er darauf verzichtet im neuen Bernabeu als Kapitän das Stadion zu eröffnen beweist allerdings, daß Geldgier gepaart mit total falscher Einschätzung seiner Leistungsfähigkeit zu seinem glanzlosen Abschied führte.
 
Ramos hat schon die Hauptschuld ganz klar. Wir kennen alle mitlerweile seine Spielchen bei neuen Verträgen. Aber auch Real Madrid sollte mal sich überlegen, nicht nur immer auf 1 Jahres Verträge zu pochen, wenn die Spieler etwas älter als 30 Jahre sind. Vorallem bei solchen Legenden wie Ramos. Sehr schade das es doch nicht mehr geklappt hat. Schade das praktisch niemand die Karriere hier beenden tut. Ausser bei Modrić ist es noch möglich zurzeit.
Das sehe ich ähnlich.
Besonders verwundert mich, dass der Verein im Gegensatz einem 29jährigen Neuzugang einen 5-Jahres-Vertrag vorlegt zu höheren Konditionen wie sie Ramos hatte. Aus der Causa Bale und Hazard hat man dann auch nicht viel gelernt...
Aus dieser Sicht, habe ich sogar Verständnis für Ramos, der 16 Jahre für den Verein alles gegeben hat....
Bin immer noch sehr traurig!!!
 
Das ganze ist kein Weltuntergang. Der Kader von Real Madrid war ist bzw. war einfach überaltert. Der Umbruch muss kommen und wird auch 2-3 Jahre dauern. Man muss sich im klaren sein, dass man vielleicht mal etwas kleinere Brötchen backen muss.
 

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