
Zidane hält an seinem Kurs fest
Real Madrids Reise in der Supercopa de España endet früh. Nicht aber, weil die Königlichen mit Athletic (1:2) an einem übermächtigen Gegner scheitern, sondern weil sich Zinédine Zidane und seine dazugehörigen Spieler einmal mehr selbst schlagen. Taktisch berechenbar, spielerisch ideenlos – Spiele der Blancos rufen zunehmend Langeweile anstatt Begeisterung hervor. Den größten Anteil daran trägt meiner Meinung nach „Zizou“, der daran scheitert, die Mannschaft zu beleben und nach einem trostlosen Halbfinale wie gegen die Basken in die knallharte Analyse zu gehen.
Optimismus, wovon der Trainer offensichtlich geprägt ist, ist gut, zu viel davon ist schädlich und realitätsfremd – besonders im leistungsorientierten Sport. REAL TOTAL-Chefredakteur Nils Kern hat sich bereits Ende November 2020 mit Zidanes „Realitätsverlust“ beschäftigt. Nach dem ersten verspielten Titel der Saison beweist der Franzose diesen abermals. „Was sollen wir jetzt machen? Aufhören, zu spielen? Nein, nein, wir machen weiter unsere Arbeit, wir machen so weiter und glauben an uns“, so die Bewertung des 48-jährigen Übungsleiter.
Kein Freund von Rotation
Es sind meist dieselben Aussagen, der Blick ist stets nach vorne gerichtet. Dabei gibt es so viele Baustellen, die es zu reparieren gilt. So hat die Niederlage gegen Bilbao laut Zidane schlichtweg „nicht sein sollen“ und es war auch „keine Blamage“. Aus der Perspektive des Gegners mag dies nach einem fairen Verlierer klingen, aus der eigenen Sicht kann dies zwei Ansätze umfassen: Er bewertet die Fähigkeiten seiner Truppe für zu schwach oder schraubt die Ansprüche Real Madrids massiv herunter.
Doch es sind ja nicht nur Zidanes Worte, die haarsträubend sind. Beim Blick auf das eingesetzte Personal zeigt sich Woche für Woche dasselbe Bild: Während die elf Stars mit der meisten Einsatzzeit bislang im Schnitt 1.696 Spielminuten auf dem Konto haben, stehen den Akteuren, die bis dato in dieser Saison mindestens einmal eingesetzt wurden, durchschnittlich nur 406 Spielminuten zugute und das in bereits 25 Pflichtspielen – macht nur rund 16 Spielminuten/Partie pro Reservist.
Rechnung für Personalentscheidungen folgt
Aber auch diese Thematik ist leidig, denn in sämtlichen Pressekonferenzen betont Zidane, dass jeder in seinem Kader wichtig sei – Pustekuchen! Hat man das Gefühl, Spieler wie Álvaro Odriozola (57 Spielminuten), Éder Militão (224) oder Martin Ødegaard (367) zählen schon gar nicht mehr zum Aufgebot der Madrilenen, schöpft der Coach nach Einwechslungen wie jene von Mariano Díaz gegen den Athletic Club den Eindruck, er musste ja wenigstens einen Reservisten einwechseln. Denn was soll ein Stürmer, der bislang erst 208 Spielminuten auf dem Tacho hat, in zwei Minuten noch groß reißen? Laut Zidane „ein bisschen mehr Frische in unserem Spiel, das ist alles.“
Dass die Entscheidung für den bewährten Kern nun Folgen hat, zeichnete sich früh oder später ab. Lucas Vázquez, der zum 18. Mal in Folge in der Startelf stand, leistete sich gegen Bilbao zwei böse Fehler, Raphaël Varane, mit 2.115 Spielminuten der aktivste Blanco in dieser Spielzeit, hat sich verletzt. Jetzt soll Zidane die Rechnung dafür bezahlen: Er muss zu seinem Übel den Spielern, die bislang kaum zum Zug kommen, umso näher das Saisonende kommt, mehr Spielzeit geben, weil es belastungstechnisch notwendig sein wird. Doch ob diese Reservisten dann plötzlich performen? Daran lässt sich stark zweifeln – kein Konkurrenzkampf, keine Motivation.
Nur zwei Möglichkeiten können Real „retten“
Meiner Meinung nach gibt es bei Zidane mehrere Knackpunkte: Neben seinen fragwürdigen Entscheidungen, die ihm teils in dieser Saison noch recht gaben, und seinen unbeholfenen Aussagen ist sein Status im Klub nach wie vor unantastbar. Dass Präsident Florentino Pérez eines Tages auf „Zizou“ zukommt und ihm die Entlassung in die Hände drückt? Nein, das wird nicht passieren, denn dafür ist sein erschaffenes Denkmal zu groß.
Es wird damit nur zwei Möglichkeiten geben, wie Real Madrid langfristig auch für den Fan wieder zum Genuss wird: Entweder Zidane entscheidet sich im Sommer 2021 aus freien Stücken für einen Abtritt und/oder der unlängst angekündigte Umbruch wird endlich gnadenlos durchgezogen. Wie es seit Wochen und Monaten läuft, da mögen Titel und Siege keine Rolle spielen, kann es höchstens bis Saisonende weitergehen. Spätestens dann sind Zidane und Pérez zum Handeln gezwungen. Das untermauert meine bereits Anfang Dezember getroffene Prognose: Der 30. Juni 2021 sollte der letzte Amtstag des Franzosen sein.
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