
Schnell, ja, aber oft mit Kopf durch die Wand
Es war dann doch irgendwie abzusehen: Álvaro Odriozola ist das nächste gescheiterte „Talent“ bei Real Madrid. Und doch stellt der 24-jährige Rechtsverteidiger eher die Ausnahme dar.
Der „nächste Illarramendi“ zu sein, das unterstellte ich ihm schon bei seinem letzten Liga-Auftritt im weißen Trikot – der ist immerhin drei Monate her, am 20. Oktober auf Mallorca (0:1). Nicht nur wegen zu Gegentoren führenden Aussetzern wie gegen Mallorca oder Celta oder auch mal einem unnötigen Platzverweis schien der Baske unter Zinédine Zidane keine Zukunft zu haben. 2018 von Julen Lopetegui verpflichtet – Lopetegui war sein großer Befürworter, unter ihm bestritt Odriozola alle seine vier Länderspiele – konnte der Rechtsverteidiger selten aus Dani Carvajals Schatten treten, der in den letzten ein, zwei Jahren auch nicht mehr ganz so unüberwindbar schien.
Dennoch bringt es „Odri“ in seinen 27 Einsätzen für Real auf zehn Vorlagen, wobei alle gegen vermeintlich „leichtere Gegner“ zustande kamen, teilweise im Pokal. Odriozola ist der nächste „Illarra“, was jedoch nur bedeutet: Madrid war wohl eine Nummer zu groß – woanders kann er dennoch triumphieren und seine Geschwindigkeit und Ausdauer ausspielen. Spielpraxis will und braucht er auch, um doch noch irgendwie auf Luis Enriques EM-Zug zu springen – unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Ob München dafür der geeignete Ort ist? Im „spanischen Klima“ des deutschen Rekordmeisters kann sich Odriozola durchaus wohl fühlen, aber wenn Madrid schon zu groß für ihn war – was ist dann die bayerische Hauptstadt?

Ersguterjunge
Die Bayern sichern sich jedenfalls einen bodenständigen, höflichen, wohl erzogenen Spieler mit Manieren, der nicht wie andere gescheiterte Talente – da denke ich speziell an “Paradebeispiel” Theo Hernández – Schlagzeilen abseits des Platzes machte. Familie, Pferde, Kunst, Schinken – den Mann aus San Sebastián könnte man fast als langweiligen Klischee-Spanier bezeichnen.
Reals Talente-Strategie: Meistens klappt’s doch
Das Klischee, bei Real Madrid würden regelmäßig junge Spieler verheizt werden, muss an dieser Stelle jedoch korrigiert werden. Statt fertige „Galácticos“ zu kaufen, lautet die Strategie der Blancos schon länger, sich auch nach jungen Weltklasse-Talenten umzusehen, diese notfalls auch für Spielpraxis auszuleihen. Manchmal klappt es nicht, meistens aber doch: Raphaël Varane kam 2011 mit 18, Casemiro 2013 mit 21, Marco Asensio wurde 2014 mit 18 Jahren unter Vertrag genommen, bei Federico Valverde war es 2015 im Alter von 17 soweit. Auch Isco, Sergio Ramos, Marcelo, Karim Benzema und viele andere kamen in jungen Jahren, da stellen gescheiterte Transfers von Theo, Lucas Silva, Jesús Vallejo, Asier Illarramendi oder nun Odriozola dennoch eher die Ausnahme dar.
Bleibt nur noch die Frage, in welche der beiden Schubladen Vinícius Júnior, Brahim Díaz, Ferland Mendy, Dani Ceballos, Achraf Hakimi, Takefusa Kubo und Co. mal gesteckt werden?
Die Spieler und auch Odriozola können das selbst beeinflussen und entschieden – und auch zurückkehren, immerhin läuft Odriozolas Vertrag bei Real noch bis 2024. Vielleicht klappt es ja doch noch.
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