
Zum sechsten Mal über 90 Minuten draußen
PAMPLONA. Wieder 90 Minuten Real Madrid und ein weiteres Mal in dieser Saison 90 Minuten ohne Martin Ødegaard. Im Schneegestöber weisen die Königlichen Probleme auf, kommen bei Underdog CA Osasuna nicht über ein ernüchterndes 0:0 hinaus. Einer, der nicht einmal die Chance bekam, seinem Team zum Sieg zu verhelfen: der Norweger.
Als vielversprechend gereiftes Talent im vergangenen Sommer zurückgekehrt, war es bereits die sechste Partie in dieser Saison, die der 22-Jährige über die volle Distanz von der Ersatzbank aus verfolgen musste. 24 Pflichtspiele haben die Blancos bis dato in der Spielzeit 2020/21 bestritten, Ødegaard davon aber erst neun – davon nur fünf als Spieler in der Startelf. Daraus resultieren insgesamt bloß 367 von möglichen 2.160 Spielminuten. Der offensive Mittelfeldspieler kommt folglich auf eine enttäuschende Spielbeteiligung von knapp 17 Prozent.
Zidanes Widerspruch bei Ødegaard
Wirft das jedoch die zentrale Frage auf: Wieso hat Real Madrid, oder insbesondere vermutlich sogar Cheftrainer Zinédine Zidane, vor der Saison dann darauf gepocht, Ødegaard frühzeitig aus San Sebastián zurückzuholen? Beim Tabellensechsten der Vorsaison, Real Sociedad, zu den Leistungsträgern gezählt und nach seinen Leihstationen in die Niederlande eindrucksvoll bewiesen, dass er auch in LaLiga Fuß fassen kann, sahen die Verantwortlichen der Madrilenen im norwegischen Ballkünstler einen „billigen“ Neuzugang.
Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie wurden Reals etwaige Transferpläne über den Haufen geworfen, sodass der Youngster aus Skandinavien ganz einfach ein Jahr vor Ende der mündlichen Vereinbarung, die ursprünglich eine Leihe bis Sommer 2022 vorsah, zurück in die Hauptstadt geholt wurde. Und so wurden freilich auch hohe Erwartungen an das einstige Wunderkind geknüpft, das im Januar 2015 vonseiten der Königlichen von seinem Jugenklub Strømsgodset IF in einem europaweiten Tauziehen abgeworben wurde.
Befeuert hat diese Erwartungshaltung obendrein ja auch Zidane. „Er ist ein Spieler mit Qualität, gehört uns und kann der Mannschaft viel geben. Die, die zu Real Madrid kommen, sind die Besten. Mit ihm haben wir nun einen weiteren Spieler, der in diesem Team wichtig werden kann. Seine Entwicklung war phänomenal“, signalisierte der Franzose noch zu Beginn der Saison.
Modrić-Verlängerung nicht nur Vorteil
Der Fußballer, den Pep Guardiola beim FC Bayern München einst „zum besten Spieler der Welt machen“ wollte, stagniert aber in Madrid – mal wieder. „Ich will noch immer Stammspieler werden bei Real Madrid. Das wäre großartig“, sagte Ødegaard noch vor seiner Leihe ins Baskenland. Wurde vergangene Saison noch angenommen, der feine Linksfuß habe nun endgültig den Durchbruch in einer Top-Liga geschafft, kommen doch Zweifel auf, ob er diesen allerdings auch noch im Gewand des weißen Balletts hinlegen wird.
Bei der Thematik darf aktuell jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass am derzeitigen Mittelfeld-Trio um Toni Kroos, Casemiro und Luka Modrić nur schwer ein Weg vorbeiführt. Letzterer soll seinen Vertrag mit 35 Jahren sogar nochmal um ein Jahr bis 2022 verlängern, was es den jüngeren wie Ødegaard oder auch Federico Valverde mit Sicherheit nicht leichter macht – zumindest was Einsatzminuten anbelangt. Denn dem Vernehmen nach sieht Real in der Verlängerung von Modrić auch einen Mentor für die beiden Mittelfeld-Youngsters.
Muss Ødegaard zwangsläufig (wieder) Zukunft hinterfragen?
Ist es damit noch zu früh, um Ødegaards zweite Etappe bei den Merengues bereits zum jetzigen Zeitpunkt als Fehlversuch abzustempeln? Womöglich, denn auch wenn Zidane derzeit kein Freund von Rotationen und vielen Wechseln ist, wird der Norweger seine Chancen – hoffentlich – noch erhalten. Und sind diese in der Ende Mai endenen Saison allenfalls noch begrenzt, wird im 22-Jährigen dann doch weiterhin eine spätere Größe für Reals Mittelfeld gesehen.
Es liegt nun aber auch an Ødegaard, die eigene Situation zu reflektieren: Mache ich einen langfristigen und komplizierten Prozess in Madrid durch oder bewerte ich das Potenzial, anderswo mein Können besser zur Geltung zu bringen, vielversprechender? Und was ist mit Zidane? Der muss zeigen, dass er seinen Reservisten Vertrauen schenkt! „Ich werde auf alle zählen“, beteuert der 48-Jährige immer wieder – doch dann sollte der Trainer an seinen Worten festhalten, um nicht den bleibenden Eindruck zu hinterlassen, er würde vergessen, dass es da noch einen jungen Norweger im Starensemle gibt, der die Ambition verfolgt, eines Tages an der Concha Espina so groß zu werden, wie es einst „Zizou“ schaffte.
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