Pressekonferenz

Ancelotti-Brandrede in Fall Vinícius: „Abgang? Er liebt Real Madrid“

Vinícius Júnior, Vinícius Júnior, Vinícius Júnior: Die Pressekonferenz mit Carlo Ancelotti vor dem 36. Spieltag am Mittwoch im Estadio Santiago Bernabéu gegen Rayo Vallecano (19:30 Uhr) behandelt 22 Minuten lang einzig und allein das Rassismus-Problem um den Brasilianer. Der Trainer spricht über mögliche Lösungen und sieht aktuell „eine große Chance, um die Situation sehr schnell zu verbessern“. Einen Abgang des Stürmer-Stars befürchtet er nicht.

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Carlo Ancelotti Real Madrid
Ancelotti liegt in LaLiga mit Real auf Platz drei – Foto: Pierre-Philippe Marcou/AFP via Getty Images

Fall Vinícius Júnior: CARLO ANCELOTTI über…

…Vinícius und den Rassismus-Eklat: „Wir sind besorgt nach dem, was passiert ist – wie alle. Jeder ist besorgt. Es wird viel über das Thema geredet, was auch richtig ist. Es kann eine große Chance sein, um die Situation sehr schnell zu verbessern. Vinícius ist etwas traurig, heute hat er nicht trainiert, weil er ein paar Beschwerden am Knie hatte. Wir warten auch noch auf die Sperre für ihn, wo man dann eine neue Debatte aufmachen könnte. Wenn er eine Zwei-Spiele-Sperre bekommt, werde ich ihm eine Woche Urlaub geben, damit er gegen Athletic bereit ist. Wenn es nur ein Spiel ist, wird er mit dem Training beginnen, um in Sevilla zu spielen.“

…die bisher mangelhaften Sanktionen nach Anfeindungen gegen Vinícius: „Vinícius ist ein Opfer dessen, was passiert. Er ist sicher nicht der Schuldige. Er ist ein Opfer, der manchmal zum Schuldigen wird, wenn man meint, er würde provozieren. Nein. Damit es klar ist: Vinícius ist ein Opfer von all dem. Und Opfer sind auch die Fans, die sich einwandfrei verhalten. Wenn ich über das Mestalla rede, rede ich nicht über 46.000 Zuschauer. Ich beziehe mich auf eine Gruppe, die sich sehr schlecht verhalten hat – so wie auf Mallorca, in Valladolid. Es scheint eine Gewohnheit zu sein, zu beleidigen. Ich stimme dem, was Xavi gesagt hat, zu: Warum haben wir die Gewohnheit, dass Beleidigungen im Fußball normal sind? In der Pressekonferenz nach dem Spiel wurde mir gesagt, dass sie nicht ,Affe‘ gerufen hätten. ,Nein, sie haben Dummkopf gerufen‘, sagten sie. Warum darf es sich jemand erlauben, eine andere Person ,Dummkopf‘ zu nennen? Das ist keine rassistische Beleidigung, aber eine Beleidigung. Warum müssen wir uns an eine Beleidigung gewöhnen? Das muss aufhören! Wir sind müde, immer beleidigt zu werden. Es passiert auch vielen anderen, hinter den Bänken passiert alles. Sie sagen: ,Hurensohn‘, ,Schwuchtel‘, ,Soll dein Vater sterben‘, ,Soll deine Mutter sterben‘. Was ist das? Das ist kein Krieg, das ist ein Sport. Im Moment haben wir eine große Chance, das zu stoppen. Hoffentlich können nach der FIFA auch der spanische Verband, die Liga und auch die Schiedsrichter sehr klar sein. Beim Valencia-Spiel ist etwas passiert, was nicht passieren darf: Sie vergessen, eine Szene zu zeigen (beim VAR-Hinweis, als Vinícius zuvor in den Schwitzkasten genommen wurde; d. Red.). Das ist nicht gut. Ich muss auch sagen: Spanien ist nicht rassistisch, aber in Spanien herrscht Rassismus – wie an anderen Orten. Das muss aufhören.

…die bei der Prüfung des Schiedsrichters nach VAR-Hinweis ignorierte Szene, als Vinícius vor seiner Tätlichkeit in den Schwitzkasten genommen wurde: „Ein Bild zu manipulieren, ist ziemlich gravierend. Ich weiß nicht, ob sie es manipuliert oder vergessen haben, das Bild zu zeigen. Es ist klar, dass Vinícius angegriffen wurde. Erst vom Torwart, dann von Hugo Duro. Wenn du angegriffen wirst, musst du dich verteidigen.“

…Spiel-Unterbrechungen als Lösung bei rassistischen Vorfällen: „Das kann eine gute Lösung sein, denke ich. Es ist ein wichtiger Moment, um drastische Maßnahmen zu ergreifen. Die Institutionen haben eine Möglichkeit dazu – vor allem in diesem Moment, in dem das Thema heiß ist.“

…die ersten drei Real-Jahre von Vinícius, in denen es keinerlei Probleme bei Auswärtsspielen gab: „Was passiert ist, weiß ich nicht. Ich wiederhole mich: Spanien ist für mich kein rassistisches Land, aber es herrscht Rassismus – vor allem in Fußballstadien, in denen alles erlaubt ist. Das muss aufhören. Die Tatsache, dass Vinícius in den letzten Jahren mehr in den Fokus gerückt ist, sehen sie als Gefahr. Dass all das über den Sport hinaus in Beleidigungen übergeht, ist eine andere Sache.“

…die Institution, die ihn in den letzten 48 Stunden am meisten enttäuschte: „Ich warte ab, was passiert. Hoffentlich passiert etwas. Ich bin besorgt. Wir wollen die Situation umkehren, sie ist für uns alle sehr schlecht. Wir alle lieben den Fußball und hoffen alle, dass er so sauber wie möglich ist. Wir schauen, was passiert. Maßnahmen zu ergreifen, ist ganz normal. Ich schaue hier auf den Verband, die Liga und die Intelligenz der Menschen, aller Fußballfans, auf die Erziehung. Das nur zu verurteilen, ist nicht ausreichend. Das haben wir schon vor langem getan, danach muss man auch handeln. Bislang wurde nicht auf eine Art und Weise gehandelt, dass das aufhört. Es ist ein rassistisches Problem, ein Problem der Beleidigungen. Es gibt Länder, in denen du nicht beleidigt wirst. In England beleidigen sie dich nicht, weil sie das Thema vor langer Zeit gelöst haben. Bei Spielen der englischen Liga ist keine Polizei anwesend und hier wirkt es, als wäre es ein Krieg.“

…einen möglichen Abgang von Vinícius aus Madrid wegen der rassistischen Vorfälle: „Nein, das glaube ich nicht. Vinícius liebt den Fußball, liebt vor allem Real Madrid, mag diesen Klub sehr. Ich denke nicht, dass seine Gedanken im Moment in diese Richtung gehen, denn seine Liebe für Real Madrid ist sehr groß. Er will bei diesem Klub Karriere machen und weiß, dass seine Zukunft hier liegen muss. Er will für Real Madrid arbeiten und spielen.“

…seinen Austausch mit Vinícius: „Ich habe mit ihm nach dem Spiel gesprochen. Er ist natürlich sehr traurig, weiß aber sehr gut, dass er jedermanns Unterstützung hat – nicht nur die von Real Madrid. Hier hat er jedermanns Unterstützung: von Mitspielern, von Gegnern. Es ist eine bedingungslose Unterstützung.“

…die Bekanntmachung der Täter mit Namen: „Das ist eine Maßnahme, die man ergreifen kann. Es sind dann viele Namen, nicht nur zwei. Es ist ein ernsthafteres Problem und kann eine Maßnahme sein.“

…den Umstand, die Mannschaft nicht in die Kabine geschickt zu haben: „Darüber habe ich nachgedacht. Ich habe Vinícius gefragt, ob er weitermachen will oder nicht. Er wollte weiterspielen. Auch der Schiedsrichter bat darum. Das Thema hatte sich damit erledigt. Aber es ist eine persönliche Maßnahme, die man im Moment ergreifen könnte. Ich könnte die Verantwortung in der Zukunft haben, den Spieler oder die Mannschaft vom Feld zu holen. Hoffentlich kommt es nicht dazu, dass ich mich für so eine drastische Lösung entscheiden muss, das will ich nicht. Es gibt einen Richter auf dem Platz für so eine Verantwortung.“

…festgelegte Maßnahmen der Liga bei Vorfällen an Spieltagen: „Das Protokoll ist obsolet, denn wenn du es anwenden musst, müsste es schon angewendet werden, wenn der Bus am Stadion ankommt. Da fangen die Beleidigungen nämlich an. Wenn wir zwei Stunden vorher am Stadion ankommen, ist es nicht nur eine Person, es ist kein isoliert zu betrachtender Fall. Ja, es sind keine 46.000 Menschen und da bitte ich um Entschuldigung, aber es sind auch nicht ein, zwei. Vinícius ist kein Provokateur, sie beleidigten ihn zwei Stunden vor dem Spiel. Das Protokoll muss also da beginnen. Wenn es in der 60. Minute anfängt, ist das falsch.“

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
"Ich stimme dem, was Xavi gesagt hat, zu: Warum haben wir die Gewohnheit, dass Beleidigungen im Fußball normal sind?"

Dann sollten die Trainer mal auch bei Spielern anfangen zu fragen, warum es mittlerweile gang und gäbe ist sich auf dem Platz zu beleidigen. Es ist einfach mittlerweile ein Spielgelbild der Gesellschaft und ihrer Verrohung. Beleidungen sind in unserem Leben mittlerweile zum absoluten Standard geworden (sieht man auch hier im Forum manchmal) und wenn dann noch Emotionen dazukommen wie beim Fußball, artet es aus. Wir leben in einer traurigen Zeit

"Es gibt Länder, in denen du nicht beleidigt wirst. In England beleidigen sie dich nicht"

Das ist auch völlig falsch. Die Leute beleidigen dort sogar noch schlimmer, blos sind sie mittlerweile alle in pubs weil diese Gesellschaftsschicht die überteuerten Tickets nicht mehr leisten kann. In England hat man das ganze einfach mit Geld gelöst. Wer finde das bitteschön gut? Das ist die Definition von unter den Teppich kehren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was hier teils nun öfters angestoßen wurde, aber mir missfällt es, dass Benzema als Kapitän völlig von der Bildfläche verschwindet. In dieser besonderen Rolle des Teams und der Außendarstellung erhoffe ich mir dann doch eine präsentere Darbietung - auf und neben dem Spielfeld

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Man fragt sich grundsätzlich was mit ihm los ist. Er wirkt unfit, demotiviert und seine einzigen Emotionen sind abwinken und murren, wenn der Ball eines Mitspielers mal etwas ungenauer kommt. Selbst in der CL schlich er wie ein Unbeteiligter über den Rasen, keine Kommandos, kein ermuntern oder aufbäumen, einfach nichts...
 
Aber mal ganz ehrlich. Ich finde es gut von Infantino einen Plan gegen Rassismus zu haben aber doch bitte keinen "Drei" Stufenplan. Rassismus sollte verboten sein und wenn etwas verboten ist dann soll es strafrechtliche Konsequenzen geben. Heißt für mich, sollten Gesänge oder Affenlaute stattfinden muss der Schiedsrichter das Spiel abpfeifen und das Spiel 3-0 für die andere Mannschaft gewertet werden. Und nicht unterbrochen, dann fortgeführt werden usw.

STOPPT DAS !!!
 
Man fragt sich grundsätzlich was mit ihm los ist. Er wirkt unfit, demotiviert und seine einzigen Emotionen sind abwinken und murren, wenn der Ball eines Mitspielers mal etwas ungenauer kommt. Selbst in der CL schlich er wie ein Unbeteiligter über den Rasen, keine Kommandos, kein ermuntern oder aufbäumen, einfach nichts...
Ist jetzt wirklich nicht gerade Thema, aber bei Benze habe ich irgendwie den Eindruck, dass er mit dem Fussball langsam fertig ist. Er hat ja auch alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt, trotz Verletzung am Handgelenk weiter gekämpft, sich gegen mediale Gegenwinde und Verspottung durchgesetzt und letztes Jahr bekanntlich noch mal den CL-Pott in die Höhe gestemmt als Capitano. Sein Körper macht nicht mehr so richtig mit und ich glaube seine einzige grosse Motivation ist im Moment nur noch im neuen Bernabeu aufzulaufen, was man ihm sicherlich nicht übel nehmen kann. Sind natürlich reine Vermutungen. Ich hoffe, dass er sich trotzdem irgendwie noch aufbäumen kann, aber es fällt mir schwer daran zu glauben.
 

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