
Real Madrid: Trend der späten Tore fing 2021/22 an
Die Rückspiele der Champions-League-K.o.-Phase 2021/22 und Real Madrids spektakuläre Aufholjagden gegen Paris Saint-Germain, den FC Chelsea und Manchester City auf dem Weg zum 14. Titel sind noch überall präsent. Späte Tore und „Remontadas“ waren jedoch nicht nur ein prägendes Element der vergangenen Königsklassen-Kampagne, denn auch in LaLiga glänzte das Team von Carlo Ancelotti immer wieder nach der Pause oder gar in der Nachspielzeit. Mal drehte man einen Rückstand mit späten Treffern wie beispielsweise am 32. Spieltag in Sevilla (3:2 nach 0:2-Halbzeitrückstand), mal brach man den Widerstand des Gegners erst im letzten Drittel des Spiels wie Zuhause gegen Alavés am 25. Spieltag, als beim 3:0-Sieg der erlösende Führungstreffer erst in Minute 63 fiel.
Wann trifft Real wie oft?
Nach den ersten neun Pflichtspielen zeichnet sich in der aktuellen Spielzeit ein ähnlicher Trend ab. Wie in der Vorsaison setzt Ancelottis Mannschaft entscheidende Akzente gerne erst nach der Pause, nicht selten kurz vor dem Schlusspfiff respektive in der Nachspielzeit.
Bereits am 1. LaLiga-Spieltag wurde beim Aufsteiger UD Almería ein 0:1-Rückstand durch zwei Treffer in der letzten halben Stunde (61. und 75.) gedreht. In Vigo führte Real zur Pause zwar knapp mit 2:1, der Sieg wurde allerdings erst nach dem Pausentee endgültig gesichert (56. und 66.). Anschließend stand es beim dritten Liga-Auswärtsspiel in Folge bei Espanyol lange 1:1, ehe Karim Benzema mit Toren in der 88. Minute und in der Nachspielzeit drei Punkte rettete. Ähnlich verliefen auch die beiden folgenden Heimspiele gegen Betis (2:1) und Mallorca (4:1): Es stand jeweils 1:1 zur Pause und erst in der zweiten Hälfte brachen die Blancos des Gegners Wiederstand.
Nach dem gleichen Muster verliefen ebenfalls die ersten beiden Spiele der Gruppenphase der Champions League: Bei Celtic tat sich Madrid in der ersten Spielhälfte schwer, die Schotten setzten dem Titelverteidiger immer wieder zu und liefen sich müde. Nach der Pause spielten Ancelottis Männer dann all ihre Routine aus und fertigten die Heimmannschaft mit drei Treffern (56., 60. und 77.) ab. Im Heimspiel gegen Leipzig stand es sogar bis zur 80. Minute torlos, ehe Fede Valverdes Tor den Bann brach und Marco Asensio in der Nachspielzeit den Sieg perfekt machte.
Die Statistik belegt den Trend eindeutig: Real Madrid erzielte im bisherigen Saisonverlauf nur acht der insgesamt 24 Tore in der ersten Spielhälfte. Nach der Pause traf das Team doppelt so häufig, wobei drei Treffer in der Nachspielzeit fielen.
Real Madrid: Späte Tore als Strategie
Was in der Saison 2021/22 so wunderbar funktioniert hatte, wird in der aktuellen Spielzeit scheinbar zum System. Real Madrid lässt seine Gegner in der ersten Hälfte wiederholt müde laufen und auspowern, um denn selbst nach der Pause entscheidend zuzuschlagen. Dabei verliert Ancelottis Truppe so gut wie nie die Ruhe, bleibt abgeklärt und wartet auf seine Chancen, die irgendwann zwangsläufig kommen. „Wir haben eine Strategie, die nennt sich ‚die Strategie der Müdigkeit‘. Wir lassen den Gegner in der ersten Halbzeit glauben, wir seien müde und in der zweiten schlagen wir zu“, erklärte Carlo Ancelotti selbst scherzhaft vor dem Derby.
Neben der mentalen Stärke ist die körperliche Verfassung mit der Real seine Gegner in Hälfte zwei oft schlägt eine der Voraussetzungen für den momentanen Lauf. Das Team scheint topfit zu sein. Das bestätigte auch Nacho Fernández nach dem Champions-League-Auftritt gegen RB Leipzig: „Wir sind körperlich sehr gut drauf, haben in der Vorbereitung sehr gut gearbeitet. Das sieht man in allen Spielen. Es ist erst der Anfang und wir sind in einer guten Form.“
Ehrfurcht vor dem „späten Real“ wächst
Nachos letzter Satz klingt auch wie eine Drohung an die Konkurrenz. Die Königlichen sind nicht nur körperlich in einer sehr guten Verfassung, sondern strotzen auch vor Selbstvertrauen. Die Basis dafür wurde in den zahlreichen spektakulären Aufholjagden in der vergangenen Saison gelegt und das Ganze scheint sich in dieser Spielzeit zu verselbstständigen. „Der Gegner macht es gut, doch wir kennen unsere Qualitäten und versuchen, diese in den 90 Minuten auszuspielen. Wir kennen unsere Stärken und uns gelingt es momentan, sie in der zweiten Halbzeit auszunutzen“, so David Alaba nach dem Leipzig-Spiel.
Dieses Selbstbewusstsein und -verständnis lässt auch die Gegner nicht kalt. Es ist frustrierend, wenn ein Team 45 Minuten alles gibt und Real trotzdem keinerlei Anzeichen von Panik und Unruhe zeigt, meist unbeschadet bleibt, um dann selbst in Hälfte zwei gnadenlos zuzuschlagen und alle Bemühungen des Gegners zunichte macht. Das gab auch Leipzigs David Raum am vergangenen Mittwoch unumwunden zu: „Wir haben nicht viel zugelassen, aber dass dann der erste Schuss so reingeht und der den zweiten auch so reinhaut, ist dann natürlich bitter. Das ist dann auch die Qualität von Real.“
Diese einzigartige Qualität dieser Real-Mannschaft setzt sich scheinbar in den Köpfen der gegnerischen Teams fest. Dabei hat die Saison tatsächlich erst so richtig angefangen. Dass die Königlichen es aber auch anders können, zeigte das Derbi Madrileño, als das Spiel durch zwei Tore in der ersten Hälfte entschieden wurde.
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