
James wusste, was das wieder werden würde
MADRID. Er hatte schon geahnt, was das wieder werden würde. „Ich wusste seit Beginn der Saison, dass ich nicht die Hauptrolle spielen werde. Ich begann die Vorbereitung in Madrid, ohne das überhaupt zu wollen. Ich wollte zu diesem Klub, um ehrlich zu sein, aber man ließ mich nicht“, verriet James Rodríguez zuletzt nach einer langen Zeit des Schweigens Details über seinen im Sommer 2019 geplatzten Atlético-Wechsel und gezwungenen Real-Verbleib.
Und das Bedauern des 28-jährigen Kolumbianers ist im Nachhinein alles andere als unbegründet. Weil es aber eben James ist, muss man sich die Frage stellen: Wie sollte es auch anders sein, wenn der Trainer auf den Namen Zinédine Zidane hört? Was von Anfang 2016 bis Mitte 2017 nicht zusammengepasst hat, passt auch jetzt nicht zusammen.
Seit seiner Rückkehr vom FC Bayern München, bei dem er zwei Spielzeiten lang leihweise gespielt hatte, kommt James unter dem Franzosen auf bloß 14 Einsätze, ein Tor und zwei Vorlagen im Trikots des weißen Balletts. Von den Gesamtminuten in dieser Saison bestritt der Mann, der einst mit der prestigeträchtigen Nummer 10 für die Blancos auflief und jetzt die unbedeutende 16 besitzt, gerade mal 14 Prozent. „Zizou“ war nie ein Fan, ist kein Fan und wird auch kein Fan von James mehr werden. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Bericht: James klagt über mangelndes Vertrauen
Der vorläufige Höhepunkt dieses Missverständnisses: Am Tag vor dem 34. Spieltag der Primera División gegen Athletic Bilbao wurde der vor Jahren so gefeierte Offensiv-Star nicht in den 23-köpfigen Kader berufen – obwohl er einige Stunden zuvor noch fit und lachend am Abschlusstraining der Mannschaft teilgenommen hatte. Tags darauf, im Anschluss an den 1:0-Erfolg im Baskenland, bejahte Zidane bei der Pressekonferenz eine Reporter-Frage, ob James selbst darum gebeten habe, nicht nominiert zu werden. „Es ist seine persönliche Angelegenheit. Mehr sage ich dazu nicht“, bemühte sich der 48 Jahre alte Chefcoach des weißen Balletts darum, das Thema schnellstmöglich beiseite zu schieben.
Weitere Hintergründe zu der Sache gab es seitdem vorerst nicht. Am Dienstag berichtete die in der Regel gut informierte Sportzeitung MARCA dann jedoch von einem Gespräch vor dem Abstecher nach Bilbao, in dem der Dauerreservist (bei 49 Saisonspielen nur neunmal in der Startelf) seine Gefühle und seinen Frust gegenüber Zidane unmissverständlich deutlich gemacht habe. Dem Trainer sei mangelndes Vertrauen vorgeworfen worden.
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Letztlich hätten sich beide darauf geeinigt, dass James dem Spieltagskader fernbleibt. Grund: Er sei mental nicht darauf vorbereitet und könne es nicht verkraften, auch in Bilbao mit hoher Wahrscheinlichkeit abermals auf der Bank zu sitzen und dann nicht mal eingewechselt zu werden. Ein Umstand, der bei inhaltlicher Korrektheit sicherlich nicht auf allzu viel Verständnis im Madridismo stoßen dürfte. Zwei Wochen zuvor hatte James auswärts gegen Real Sociedad überraschend eine Chance von Anfang an bekommen, sie mit einer eher schwachen Performance aber ungenutzt gelassen – wobei zusätzlich anzumerken gilt, dass ihm bei der wenigen Spielpraxis auch schlicht die Kontinuität fehlt.
Zwischen Frust und Verständnis
Zwar deprimiert und entmutigt den Linksfuß seine missliche Lage, jedoch äußerte er öffentlich auch Verständnis dafür, dass Zidane nach all den Erfolgen in den zurückliegenden Jahren „ein Grundgerüst“ habe und es „schwer“ sei, „etwas daran zu ändern“. Wenig später zeigte sich der Trainer einfühlsam, was James‘ Leid betrifft: „Mich stört nicht, was er sagt. Er sagt ja die Wahrheit. Es ist normal, dass er mehr spielen will. Ich verstehe das. James ist hier, trainiert mit uns. Wir werden bis zum Ende so weitermachen.“
Und das Ende naht. Vertraglich aneinander gebunden sind James und Real nur noch bis zum 30. Juni 2021. Der Verein wird aus finanziellen Gründen – Ablösesumme kassieren, Gehalt einsparen – an einer Trennung nach dem Abschluss der Saison im August interessiert sein, der Spieler aus sportlichen. Bleibt die Frage, ob James bis dahin noch mal in den Kader berufen und auch für die Merengues zum Einsatz kommen wird…
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